Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
Vom Netzwerk:
weißt du, dass sie tot ist?«
    Sie schrie vor Schmerz.
    »Weil … sie ist doch tot seit … seit dem Tag am … Das weißt du doch.«
    »Nein.«
    »Doch, das weißt du doch, das wissen doch alle seit … Das hat der Micha doch allen gesagt.«
    »Welcher Micha?«
    »Das tut so weh am Kopf.«
    »Es tut noch lang nicht weh genug.«
    »Doch, doch … Der Micha hat gesagt, die Scarlett ist tot, sie ist tot am … sie ist am Tag gestorben, an dem sie weggegangen ist, an dem Tag …«
    »Welcher Micha?«
    »Der Micha, dein Kollege.«
    Micha Schell. Micha Peters.
    Micha Peters. Micha Schell.
    »Du hast ein Verhältnis mit ihm«, sagte Fischer und wollte die Antwort nicht hören.
    Er wollte ihr die Haare ausreißen, die er in der Faust hielt. Er wollte ihren Kopf auf die Erde schlagen, aufs gottverdammte leere Grab.
    Beim Sprechen verschluckte sie sich. Sie musste immer wieder von vorn anfangen. Jedes Mal, wenn sie ins Stocken geriet, zerrte er an ihren Haaren und bog mit dem anderen Arm ihren Oberkörper zu sich her. Er spürte ihre Brüste, sie trug keinen BH.
    »Ich hab doch kein Verhältnis mit ihm … Das ist doch schon ewig vorbei … Ewig, du … Ich krieg keine Luft, duhast … Du hast gesagt, wir fahren zu einem Haus, wo … Du hast mich … Ich bin dir nicht bös. Mir ist ganz kalt im … ganz kalt im Kopf. Der Micha und ich, das sag ich dir, obwohl du das … obwohl du das nicht wissen darfst. Niemand darf das wissen. Und wenn du das jemandem sagst, bring ich mich um, ich … Sag doch was. Ich krieg keine Luft.«
    »Du kriegst genug Luft.«
    Sie drehte ein wenig den Kopf, sie wollte, dass er etwas sagte.
    Fischer unterdrückte sein Schreien und zerrte stattdessen an ihren Haaren, fester, noch fester.
    »Der Micha hat … Die Scarlett, der Ringo … Der Ringo ist nicht der Vater von der Scarlett. Sondern der Micha.«
    Sie schrie vor Weinen. Es war, als hallte ihr Schreien in der Dunkelheit wider. »Das ist doch … das ist so lang her, das schwör ich dir, und als … Als ich schwanger war, hab ichs nicht geschafft, dem Ringo zu sagen, dass ich nicht von ihm schwanger bin. Der hätt mich doch totgeschlagen. Der hätt mich umgebracht, mich … und das Baby in meinem Bauch. Das darfst du niemand sagen, du musst es schwören. Wenn der Micha das erfährt, dann … dann bringt er mich um. Weil ich ihn angelogen hab und weil und weil und weil …«
    »Schell weiß nicht, dass er Scarletts Vater ist? Oder weiß er es doch?« Fischer drückte ihren Kopf wieder nach vorn, nah zum Holzkreuz.
    »Bitte, ich bitt dich so, ich kann nicht mehr, mir ist so schlecht … Der Micha weiß nichts, ich schwörs dir, ich hab … Am Anfang, also … als die … Als die Scarlett verschwunden war und der Micha und seine Kollegen sie gesucht haben, da hab ich gedacht … Weil er doch den Jockel so verdächtigt hat und immer mehr verdächtigt … Da hab ich gedacht, er weiß was und will die Scarlett rächen und ist deswegen so streng und lässt den Jockel nicht mehr frei undmacht … macht das alles, damit er die Scarlett wiederfindet. Aber … aber das ist unmöglich, er weiß nichts. Er hat doch selber … die Isabel … seine kleine Tochter … Ich hab doch die Scarlett allein durchgebracht, der Ringo … der Ringo hat nie was gezahlt, alle heiligen Zeiten hat er mir einen Hunderter gegeben … Trostpreis … Ich weiß doch nicht, was mit der Scarlett passiert ist … Ich fleh dich an, hab Erbarmen mit mir.«
    »Und der Schell hat zu dir gesagt, dass Scarlett am 8. April gestorben ist«, sagte Fischer laut und ließ sie nicht los.
    »Im Auftrag von … Er ist gekommen und hat gesagt … Sein Chef von der Soko, der Herr … ich weiß nicht mehr, wie er hieß …«
    »Koburg.«
    »Koburg, ja, wie die Stadt. Der hat gesagt … Micha hat gesagt, der Herr Koburg ist auch der Meinung, dass … dass die Scarlett am 9. April gestorben ist und dass … und dass das feststeht und dass ich …«
    »Warum am 9. April?« Fischer schlug ihren Kopf gegen das kleine Holzkreuz.
    Es passierte einfach.
    Er tat es noch einmal.
    »Hier steht 8. April. Warum sagst du, am 9. April?«
    »Hab mich versprochen, ich schwörs …«
    Zweimal, dreimal schlug er ihre Stirn gegen das Kreuz. Ein dumpfes Geräusch erfüllte die Finsternis. Das Kreuz wackelte. Fischer ließ ihre Haare nicht los.
    »Bitte nicht, bitte nicht …«
    Er umklammerte ihren Hals. »Sag die Wahrheit, Michaela, sag die Wahrheit ein für alle Mal.«
    »Ja … ja …« Ihre Stimme war

Weitere Kostenlose Bücher