Touchdown
Stillen Vergleiche zu ziehen. Zum einen waren, mit Ausnahme von Sly und Trey, alle Gesichter weiß. Jedes NFL-Team, das er während seiner »Gastspielreise« kennengelernt hatte, bestand zu mindestens siebzig Prozent aus Schwarzen. Selbst in Iowa, ja sogar in Kanada war das Verhältnis fifty-fifty.
Und wenn auch hier einige stattliche Typen dabei waren, gab es doch niemanden, der an die hundertvierzig Kilo rankam. Die Browns hatten acht Spieler mit hundertvierzig Kilo und mehr und nur zwei mit weniger als neunzig. Einige von den Panthers kamen mit knapper Not auf achtzig.
Trey sagte, sie seien total aufgeregt wegen ihres neuen Quarterback, trauten sich aber nicht recht, ihn anzusprechen. Um dem abzuhelfen, nahm Richter Franco den Platz rechts von Rick ein, während Nino sich links platzierte. Jeder der Spieler, die Rick der Reihe nach begrüßten, wurde ausführlich, wenn nicht gar weitschweifig vorgestellt. Dabei mussten stets mindestens zwei Beleidigungen des italienischen Landsmanns untergebracht werden, was Franco und Nino, offenbar ein eingespieltes Team, mit vereinten Kräften besorgten. Rick wurde umarmt, gedrückt und umschmeichelt, dass es ihm schon fast peinlich wurde. Er war überrascht, wie viel Englisch er zu hören bekam. Alle Panthers waren auf unterschiedlichem Niveau dabei, die Sprache zu lernen.
Sly und Trey blieben die ganze Zeit in der Nähe, machten Spaße über ihn, begrüßten aber auch ihrerseits die alten Mannschaftskameraden. Beide hatten bereits angekündigt, dass dies ihre letzte Saison in Italien sein würde. Es gab nur wenige Amerikaner, die länger als ein Jahr blieben.
Dann rief Coach Russo zur Ordnung und hieß alle Mann für die neue Saison willkommen. Sein Italienisch war langsam und bedächtig. Die Spieler kauerten auf dem Fußboden, auf Bänken, Stühlen, sogar in den Spinden. Unwillkürlich, wider Willen, musste Rick zurückdenken. Er erinnerte sich an den Umkleideraum in der High School Davenport South. Der war mindestens viermal so groß wie dieser, in dem er sich gerade befand.
»Verstehst du das alles?«, flüsterte er Sly zu. »Klar«, sagte der grinsend. »Und, was sagt er?«
»Er meint, dem Team sei es nicht gelungen, vor der Saison einen anständigen Quarterback aufzutreiben, das heißt, wir sitzen wieder in der Patsche.«
»Ruhe!«, brüllte Sam den Amerikanern zu, was die Italiener sehr lustig fanden. Wenn ihr wüsstet, dachte Rick. Er hatte mal erlebt, wie ein mehr oder weniger berühmter NFL-Coach einen Jungprofi rausschmiss, weil der bei einer Mannschaftsbesprechung im Trainingslager geschwatzt hatte. Knallhart, einfach so, ohne Rücksicht auf Verluste. Einige der denkwürdigsten Standpauken, Anschisse und verbalen Blutbäder, die Rick im Football erlebt hatte, waren nicht in der Hitze des Gefechts passiert, sondern in der scheinbar sicheren Zuflucht des Umkleideraums. »Mi dispiace«, sagte Sly laut und rief damit weiteres Kichern hervor.
Sam redete weiter. »Was hast du gesagt?«, flüsterte Rick.
»Das heißt >tut mir leid<«, zischte Sly mit zusammengebissenen Zähnen. »Und jetzt halt mal die Klappe.«
Rick hatte Sam gebeten, ein paar Worte an das Team richten zu dürfen. Als also Sam ans Ende seiner Begrüßungsansprache kam, stellte er Rick vor und übernahm die Aufgabe des Übersetzers. Rick stand auf, nickte seinen neuen Mannschaftskameraden zu und sagte: »Ich bin sehr froh, hier zu sein, und freue mich auf die Saison.« Sam hob eine Hand - Halt! - Übersetzung. Die Italiener lächelten.
»Ich möchte eine Sache klarstellen.« Halt, wieder auf Italienisch.
»Ich habe in der NFL gespielt, aber nicht sehr viel, und ich war nie im Super Bowl.« Sam runzelte die Stirn und übersetzte. Später würde er ihm erklären, dass die Italiener nicht viel von Bescheidenheit und Selbstironie halten. »Tatsächlich habe ich als Profi noch nie in der Anfangs -formation gestanden.« Neuerliches Stirnrunzeln, langsameres Italienisch, und Rick fragte sich, ob Sam seine kleine Ansprache womöglich ein bisschen bearbeitete. Kein Lächeln mehr bei den Italienern.
Rick sah Nino an und fuhr fort: »Wollte das nur klarstellen. Mein Ziel ist es, hier in Italien meinen ersten Super Bowl zu gewinnen.« Sams Stimme wurde jetzt viel lauter, und als er zu Ende gesprochen hatte, brach stürmischer Beifall los. Rick setzte sich und wurde rau, aber unverkennbar herzlich von Franco in den Arm genommen, der Nino in der Rolle des Bodyguards knapp zuvorgekommen war.
Sam gab einen
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