Touchdown
ausschließlich mit der Shotgun-Eröffnung, und da er tadellos gedeckt war, konnte er in aller Ruhe die gegnerische Passdeckung studieren. Er wies Fabrizio die Laufwege per Handzeichen, ließ sich danach gemütlich in die Pocket fallen und sah zu, wie der Junge seine Haken schlug und dann lossprintete, bis er gänzlich frei war. Es war reines Zielwerfen. Zur Halbzeit führten die Panthers mit 38:0, und das Leben war plötzlich wieder schön. Sie lachten und scherzten in der winzigen Kabine und ließen Sam einfach reden, als der irgendwelche Kritikpunkte vorzubringen versuchte.
Im vierten Viertel leitete Alberto die Offense, und Franco walzte über den Platz. Alle einundvierzig Spieler durften ihre Trikots dreckig machen.
Auf der Rückfahrt im Bus nahmen sie die verbalen Attacken auf die Lions Bergamo wieder auf. Während das Bier floss und die Trinklieder immer lauter ertönten, wurden auch die mächtigen Panthers immer großspuriger, und es dauerte nicht lange, da war der erste Super-Bowl-Titel so gut wie unter Dach und Fach.
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Charley Cray hatte auf der unüberdachten Tribüne gesessen, inmitten der Lazio-Anhänger, und sich sein zweites football americano-Spiel angeschaut. Seine Reportage in der Woche zuvor über das Spiel gegen Bologna war in Cleveland so gut angekommen, dass sein Redakteur ihn bat, noch eine Woche zu bleiben und mehr dergleichen zu liefern. Entbehrungsreiche Arbeit, aber irgendjemand musste sie ja tun. Er hatte auf Kosten der Zeitung fünf wunderbare Tage in Rom verbracht, nun musste er diesen kleinen Urlaub rechtfertigen, indem er einmal mehr seinen Lieblingsesel aufs Korn nahm. Sein Bericht las sich so:
NOC H MEH R RÖ MIS C H E RU INEN
(Rom, Italien). Gestützt auf den erstaunlich präzisen Arm eines Rick Dockery, zeigten sich die wilden Panthers aus Parma nach zwei Niederlagen in Folge gut erholt, als sie heute in einer weiteren richtungweisenden Begegnung der italienischen NFL-Version gegen die noch sieglosen Marines aus dem Lazio antraten und ihnen gehörig das Fell über die Ohren zogen. Endstand: 62:12.
Auf einem Spielfeld, das den Eindruck einer begrünten Kiesgrube machte, verzeichneten die Panthers und Dockery vor 261 nicht zahlenden Zuschauern schon nach der ersten Hälfte fast 400 Yards Raumgewinn durch Passspiel. Gekonnt wurde eine Defense auseinandergenommen, die sich durch Langsamkeit, Verwirrung und eine panische Angst vor Körperkontakt auszeichnete, sodass Mr. Dockery, gestützt auf die wunderbaren Laufmanöver eines talentierten Receiver namens Fabrizio Bonozzi, seinen Kanonenarm vorführen konnte. Mindestens zweimal täuschte Mr. Bonozzi so geschickt einen Richtungswechsel an, dass der Deep Safety einen seiner Schuhe verlor. Damit ist das Niveau gekennzeichnet, auf dem sich die italienische NFL bewegt.
Im dritten Viertel machte Mr. Bonozzi einen ziemlich erschöpften Eindruck - nach so vielen langen Touchdown-Läufen. Sechs, genauer gesagt. Und der große Dockery schien einen lahmen Arm vom vielen Werfen zu haben.
Browns-Fans werden verblüfft sein, zu hören, dass Dockery schon in der zweiten Woche hintereinander darauf verzichtete, den Ball zum gegnerischen Team zu werfen. Kaum zu glauben, nicht wahr? Aber ich schwöre: Ich war dabei und habe alles gesehen. Mit diesem Sieg sind die Panthers wieder im Rennen um die italienische Meisterschaft. Nicht dass das irgendjemanden in Italien groß interessieren würde.
Den Browns-Fans bleibt nur, Gott dafür zu danken, dass derartige Ligen existieren. Sie erlauben es dem Gesindel vom Schlage eines Dockery, den Sport dort zu betreiben, wo es nicht drauf ankommt. Warum nur, o warum hat Dockery diese Liga nicht schon vor einem Jahr entdeckt? Ich kann kaum die Tränen zurückhalten, wenn ich über diese quälende Frage nachdenke. Ciao.
19. Kapitel
Der Bus rollte am Montagmorgen um kurz nach drei auf den Parkplatz am Stadio Lanfranchi. Die meisten Spieler mussten in wenigen Stunden zur Arbeit. Sam stieß einen lauten Weckruf aus, dann entließ er das Team und gab ihm eine Woche frei. Am nächsten Wochenende war kein Spiel angesetzt. Sie stolperten aus dem Bus, entluden die Ausrüstung und machten sich schließlich auf den Heimweg. Rick brachte zuerst Alberto nach Hause, dann fuhr er durch die Altstadt von Parma, ohne einem anderen Auto zu begegnen. Er parkte drei Blocks von seiner Wohnung entfernt. Zwölf Stunden später wurde er vom Klingeln seines Handys geweckt. Es war Arnie, und er fiel wie immer mit der Tür ins Haus.
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