Touchdown
Sandwich, ein Steak, sonst irgendwas?«
»Nein.« Und damit hob Trey die Fernbedienung, drückte auf einen Knopf, und eine glückliche kleine Hausfrau erwarb sich einen Vokal.
Rick glitt aus dem Sessel und verließ leise die Wohnung.
Er saß in der Spätnachmittagssonne in einem Straßenlokal, trank ein Peroni aus einem eisgekühlten Krug, paffte eine kubanische Zigarre und beobachtete die vorbeikommenden Frauen. Er fühlte sich sehr einsam und fragte sich, womit um Himmels willen er sich eine ganze Woche lang beschäftigen sollte.
Arnie meldete sich mal wieder, diesmal mit einer gewissen Erregung in der Stimme. »Die Ratte ist wieder da«, verkündete er triumphierend. »Ist gestern von Saskatchewan verpflichtet worden, als Chefcoach. Sein erster Anruf galt mir. Er will dich, Rick, und zwar sofort.«
»Saskatchewan?«
»Aber hallo. Achtzig Riesen.«
»Ich dachte, Rat hätte schon vor Jahren aufgehört.«
»Hat er auch, ist auf eine Farm in Kentucky gezogen, hat ein paar Jahre Pferdescheiße geschaufelt, ist ihm dann aber zu langweilig geworden. Saskatchewan hat letzte Woche alle Leute gefeuert, anschließend haben sie Rat aus dem Ruhestand gelockt.« Rat Mullins war bei mehr Profi-Teams beschäftigt gewesen als Rick. Vor zwanzig Jahren hatte er eine ausgeflippte Maschinengewehr-Offensive erfunden, die nur mit Passwürfen arbeitete und haufenweise Receiver in alle Richtungen ausschwärmen ließ. Für eine gewisse Zeit wurde er damit berühmt oder auch berüchtigt, aber im Lauf der Jahre fand er immer weniger Anklang, weil die von ihm betreuten Teams nicht gewinnen konnten. Er war Offensivkoordinator in Toronto gewesen, als Rick dort spielte, und die beiden hatten sich nahegestanden. Wäre Rat Chefcoach gewesen, hätte Rick bei jedem Spiel in der Startelf gestanden und fünfzigmal geworfen. »Saskatchewan«, murmelte Rick, während er die Erinnerung an die Stadt Regina und die sie umgebenden riesigen Weizenfelder wachrief. »Wie weit ist das von Cleveland entfernt?«
»Hunderttausend Kilometer. Ich schenk dir einen Atlas. Hör zu, die haben fünfzigtausend Zuschauer pro Spiel, Rick. Es ist richtig guter Football, und sie bieten dir achtzig Mille. Sofort.«
»Ich weiß nicht«, sagte Rick.
»Sei nicht albern, Junge. Bis du hier bist, hab ich sie bei hunderttausend.«
»Na, hör mal, Arnie, ich kann doch hier nicht einfach abhauen.«
»Natürlich kannst du das.«
»Nein.«
»Ja. Es ist kinderleicht. Das hier ist dein Comeback. Und es beginnt ab sofort.«
»Ich hab hier einen Vertrag, Arnie.«
»Hör mal zu, Junge. Denk an deine Karriere. Du bist achtundzwanzig, so eine Chance kommt nie wieder. Rat will dich in der Pocket sehen mit deinem wunderbaren Wurf arm, und du sollst die Bälle durch ganz Kanada feuern. Es ist einfach wunderbar.« Rick schluckte sein Bier weg und wischte sich über den Mund.
Arnie war nicht mehr zu bremsen. »Pack deine Koffer, fahr zum Bahnhof, stell den Wagen ab, lass die Schlüssel auf dem Sitz liegen und sag Adios. Was sollen sie schon machen, dich verklagen?«
»Das ist nicht richtig.«
»Denk an dich, Rick.«
»Das tu ich.«
»Ich ruf dich in zwei Stunden noch mal an.«
Rick sah fern, als Arnie wieder anrief. »Sie sind jetzt bei neunzig Mille, Junge, und sie brauchen eine Antwort.«
»Hat es aufgehört zu schneien in Saskatchewan?«
»Sicher, es ist total schön. Das erste Spiel ist in sechs Wochen. Die Rough Riders, Junge, eine starke Truppe, haben letztes Jahr um den Grey Cup gespielt, falls du dich erinnerst. Großartige Organisation, und sie wollen richtig was reißen. Rat stellt sich auf den Kopf, um dich dort hinzulotsen.«
»Lass mich drüber schlafen.«
»Du machst dir zu viele Gedanken, Junge. Die Sache ist nicht so kompliziert.«
»Lass mich drüber schlafen.«
20. Kapitel
An Schlaf war freilich nicht zu denken. Er quälte sich durch die Nacht, machte den Fernseher an, versuchte zu lesen, versuchte vor allem das betäubende Schuldgefühl abzuschütteln, das jeden Gedanken ans Fortlaufen vereinnahmte. Es war so leicht, und es ließ sich bewerkstelligen, ohne dass er Sam und Franco und Nino und all den anderen je wieder unter die Augen treten musste. Er konnte im Morgengrauen flüchten und nicht mehr zurückblicken. Das jedenfalls versuchte er sich einzureden. Um acht Uhr morgens fuhr er zum Bahnhof, parkte den Fiat und betrat das Gebäude. Er wartete eine Stunde lang auf seinen Zug.
*
Drei Stunden später traf er in Florenz ein. Ein Taxi brachte ihn
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