Touchdown
die Welt gesetzt und unvermeidlich befeuert durch Ricks Weigerung, sich zu dem Vorgang zu äußern, hielt sich sogar einigermaßen eng an die Tatsachen. Nur eine Tatsache fiel dabei unter den Tisch, nämlich dass Rick aus Parma weggeflogen war, um sich über einen neuen Vertrag zu unterhalten, einen, der ihn zwingen würde, die Panthers mitten in der Saison im Stich zu lassen. Aber das wusste in Italien kein Mensch und würde es auch nie erfahren.
Der üble Charley Cray war in ihr Land gereist, um hässliche und gemeine Dinge über ihr Team und ihren Quarterback zu schreiben. Er hatte sie beleidigt, und Rick hatte ihn, offenbar mit erheblichen Unkosten, aufgespürt, ihm eine verpasst und war dann zurück nach Parma geeilt, wo er in Sicherheit war. Und ob er das war! Jeder, der herkommen und ihrem Riek etwas anhaben wollte, würde sein blaues Wunder erleben. Die Tatsache, dass Rick nun ein Flüchtling war, sorgte für ein Flair von Kühnheit und Romantik, das die Italiener unwiderstehlich fanden. In einem Land, in dem das Gesetz gern umgangen und der Gesetzesübertreter oft verherrlicht wird, war die Verfolgung durch die Polizei das beherrschende Thema, wann immer zwei oder mehr Panthers zusammentrafen. Je größer die Gesellschaft, desto lebhafter wurde die Geschichte erzählt, nicht selten mit immer neuen Ausschmückungen.
In Wahrheit wurde Rick gar nicht verfolgt. Es lag zwar ein Haftbefehl wegen einfacher Körperverletzung gegen ihn vor, aber das war nur ein leichtes Vergehen, und nach Auskunft seines neuen Anwalts in Cleveland war niemand mit Handschellen hinter ihm her. Die Behörden wussten, wo er war, und sollte er je wieder nach Cleveland kommen, würde man ihn vor Gericht stellen.
Dennoch, Rick war auf der Flucht, und die Panthers mussten ihn beschützen, auf dem Spielfeld und abseits davon.
*
Der Samstag erwies sich als ebenso bildend wie der Freitag. Liwy führte ihn durch das Teatro Regio, das er ja, wie er voller Stolz sagen konnte, bereits gut kannte, anschließend durch das Diözesanmuseum, die Kirche San Marcellino und die Kapelle des San Tommaso Apostolo. Zu Mittag aßen sie eine Pizza auf dem Gelände des Palazzo della Pilotta.
»Ich setze keinen Fuß mehr in eine Kirche«, verkündete Rick kapitulierend. Er lag ausgestreckt im Gras und ließ sich von der Sonne den Schweiß auf die Haut treiben. »Ich würde gern noch die Nationalgalerie sehen.« Sie räkelte sich neben ihm, ihre sonnengebräunten Beine waren überall.
»Was gibtʹs denn da?«
»Viele Bilder, aus ganz Italien.«
»Nichts da.«
»Doch, und dann das Archäologische Museum.«
»Und danach?«
»Dann werde ich müde sein. Wir gehen ins Bett, machen ein Schläfchen, denken übers Abendessen nach.«
»Ich hab morgen ein Spiel. Willst du mich fertigmachen?«
»Ja.«
*
Nach zwei Tagen knallhartem Besichtigungsprogramm war Rick scharf auf Football, ob es regnete oder nicht. Er konnte es kaum erwarten, die alten Kirchen hinter sich zu las sen, zum Platz zu fahren, das Trikot anzuziehen, es dreckig zu machen und vielleicht sogar den einen oder anderen anzufallen.
»Aber es regnet«, gurrte Liwy unter der Decke hervor.
»Zu dumm, Miss Cheerleader. The show must go on.«
Sie wälzte sich heran und warf ein Bein über seinen Bauch. »Nein«, sagte er entschieden. »Nicht vor einem Spiel. Ich hab eh schon weiche Knie.«
»Ich dachte, du wärst der große Quarterback-Hengst.«
»Im Moment einfach nur der Quarterback.«
Sie zog das Bein weg und schwang es aus dem Bett. »Und gegen wen spielen die Panthers heute?«, fragte sie, indem sie aufstand und sich verführerisch um die eigene Achse drehte.
»Gegen die Gladiators aus Rom.«
»Was für ein Name. Können die was?«
»Sie sind ziemlich gut. Wir müssen uns ranhalten.«
Er setzte sie unter der Überdachung auf der Seite der Heimmannschaft ab, als einen von knapp zehn Fans, die schon eine Stunde vor dem Spiel erschienen waren. Sie war in einen Poncho gehüllt und hockte unter einem Schirm, mehr oder weniger geschützt vor dem treibenden Regen. Fast tat sie ihm ein bisschen leid. Zwanzig Minuten später stand er in voller Spielmontur auf dem Platz, machte Stretchingübungen, scherzte mit den Kameraden und behielt Liwy im Auge. Er war wieder im College oder sogar auf der High School, war heiß auf das Spiel, weil er den Sport liebte, weil er den Glanz des Sieges auskosten, aber auch, weil er das hübsche Mädchen auf der Tribüne beeindrucken wollte.
Das Spiel war eine reine
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