Touched
ihn wieder unsterblich gemacht, obwohl du wusstest, dass du dabei umkommen könntest. Wieso?«, fragte er leise.
»Du stellst die falschen Fragen, Beschützer.«
»Wie meinst du das?«
»Du hast mal gefragt, ob ich es wert sei, dass man für mich stirbt«, erwiderte ich. »Und nicht, was ich opfern würde, um ihn zu retten.«
Mit einem langsamen Nicken löste er seinen Griff vom Bett. »Du bist nicht wie die anderen, Heilerin. Bei dir hätte ich fast den Wunsch, dass ich … Egal. Ich hoffe zum Wohle aller, dass die anderen nie von deinem Geheimnis Wind bekommen werden.« Sein Blick wurde wieder härter und er setzte in einem glatten, sorglosen Ton hinzu: »Am Ende tun sie’s dann allerdings doch immer.«
Gabriel verschwand zur Tür hinaus. Er wusste nicht, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. In der Welt der Beschützer und Heilerinnen war ich wirklich einzigartig. Erstaunlicherweise war es Dean gewesen, durch den ich der Sache auf die Spur gekommen war. Du hältst dich für was Besseres, oder? Du und dein reicher Daddy. Zumindest bin ich kein Freak! Warum ich Unsterblichkeit heilen konnte, darauf hätte keiner je eine Antwort gewusst, dabei war sie so einfach: Ich konnte selbst unsterblich werden.
Wenn die Beschützer die Wahrheit herausbekamen, würde mein Leben in Blackwell Falls ein Ende haben, denn sie würden nie aufhören, mich oder meine Familie zu jagen.
»Du bist wach!«
Ben kam herein. Unter dem fluoreszierenden Licht wirkte sein Gesicht grau vor Sorge und Kummer. Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Geistesabwesend bemerkte ich die Rückkehr seiner Herzarrythmie – ich hatte sie in den letzten Wochen immer mal wieder geheilt und sie nie als den entscheidenden Hinweis erkannt, der sie war. »Na, Kiddo?«
»Na?«
»Du hast uns einen höllischen Schrecken eingejagt! Wir hatten solche Angst um dich. Wie geht’s dir?«
Ich überlegte, ihm dieselbe Antwort zu geben wie Gabriel, und sagte stattdessen: »Bin am Leben. Und Lucy?«
»Hat Blutergüsse, weil sie aus einem Fenster im ersten Stock gesprungen ist, ansonsten okay. Sie wollte auch vorbeikommen, aber wir fanden, sie solle sich erst mal ausruhen.« Seine sanfte Berührung brachte mich aus der Fassung, weil sie das Gegenteil dessen war, was ich erwartet hatte. »Sie sagt, du seist eine Heldin. Dass Dean auf dich geschossen hat, als du versucht hast, sie zu beschützen.«
Eine Heldin. Das war lachhaft. Ich war der Grund, wieso Dean auf sie geschossen hatte. Sie war besser dran, wenn ich verschwand. Sie alle wären es. Mein Vater fühlte sich verantwortlich für mich und hatte Schuldgefühle, dass er mich verlassen hatte. Das machte es umso schwerer, ihn davon zu überzeugen, dass ich gehen musste.
»Ben, ich möchte Blackwell Falls verlassen.«
«Was?«, fragte er bestürzt.
»Dean ist meinetwegen hergekommen. Es kann sein, dass er es wieder tut.« Ich wäre an der Lüge fast erstickt, sagte mir aber, dass es zu ihrem Besten war. »Lucy ist wegen mir verletzt worden, und das nächste Mal könnte es schlimmer kommen.«
Alle um mich herum wurden verletzt. Gut möglich, dass es jetzt, wo es die Bedrohung durch die Beschützer gab, auch Tote geben würde. Wenn ich jetzt ging, konnte Ben in seliger Unwissenheit darüber weiterleben, was meine Mutter ihm vorenthalten hatte.
«Remy, wovon sprichst du?«, fragte Ben gepresst.
«Mr O’Malley?« Eine höfliche Stimme unterbrach Bens abgehackte Worte.
Beide drehten wir uns zu dem Neuankömmling – einem uniformierten Beamten – um, der zögernd in der Tür stehen geblieben war und mit einem Notizblock an sein Bein klopfte. Asher stand hinter ihm und ließ den Blick besorgt und liebevoll über mich schweifen.
»Sorry, wenn ich so hereinplatze«, fuhr der Beamte fort. »Stört es Sie, wenn ich reinkomme? Wir brauchen die Aussage Ihrer Tochter.«
»Murphy, hat das nicht Zeit? Sie ist gar nicht gut beieinander. Woher wissen Sie überhaupt, dass sie wach ist?«, fragte Ben mit gerunzelter Stirn.
Meine Familie hatte der Beamte anscheinend schon verhört, oder Murphy gehörte zu Bens Bekanntenkreis. Wenn ich Blackwell Falls verließ, würde ich vermissen, dass jeder sich über ein paar Ecken kannte. Asher hob eine Braue, doch ich ignorierte es. Schutzschild hin oder her, bei der Tiefe meiner Gefühle war es unmöglich, ihm den Zugang zu meinen Gedanken ganz zu verwehren.
»Wir haben das Krankenhauspersonal gebeten, uns Bescheid zu geben, wenn sie zu sich kommt. Wir
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