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Touched

Touched

Titel: Touched Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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Deans Sphäre gewesen, und ich wollte nichts davon haben.
    Ich ging zur Küchentür und erwartete, dass Anna an dem runden Esstisch kauerte, wo sie oft allein saß und entweder auf Dean wartete oder ihre Kreuzworträtsel löste. Es roch nach Resten eines chinesischen Takeaway – hier war nur sehr wenig gekocht worden. In erster Linie war dieser Raum Annas Zufluchtsort gewesen. Eines ihrer Kreuzworträtselhefte lag aufgeschlagen auf der abgenutzten Plastiktischdecke, als würde es darauf warten, dass sie sich darüberbeugte. Ich nahm das Heft, drückte es an mich und machte mich auf die Suche nach einem Tagebuch.
    Ich ging den Flur entlang zu ihrem Schlafzimmer. Seit unserem Einzug in diese Wohnung war ich nie dort gewesen, und es kam mir wie widerrechtliches Betreten vor, als ich die Schubladen und den Schrank durchsuchte – ohne Erfolg.
    Mein letztes Ziel war mein Zimmer. Sonderlich gemütlich war dieses Gefängnis von einem Raum mit seinem Einzelbett, der gebraucht gekauften Kommode und einem provisorischen Schreibtisch aus Sperrholz nicht.
    Die wenigen Dinge, die ich behalten wollte, kamen in den Matchsack, den Ben mir geschenkt hatte. Die meisten meiner Kleidungsstücke und persönlichen Gegenstände hatte Anna sowieso schon nach Blackwell Falls geschickt. Wenig von mir blieb übrig. Ganz oben auf den Haufen kam der iPod, mit dem Anna mich vor wenigen Monaten zu meinem Geburtstag überrascht hatte. Wir hatten keinen Computer, und ich hatte mich über das extravagante Geschenk gewundert, für das ich gar keinen Gebrauch hatte. Ich hatte es nie aus seiner Schachtel genommen, aber seit meinem Umzug nach Blackwell Falls hatte Anna es offenbar benutzt. Hätte Dean von dem iPod gewusst, hätte er versucht, ihn zu verhökern. Als Letztes wanderten das Kreuzworträtselbuch und ein Foto von einer jüngeren und sorgenfreieren Anna aus Vor-Dean-Zeiten in denBeutel. Als Nächstes untersuchte ich das Bett, unter dessen Matratze ich etwas Geld versteckt hatte. Wie erwartet, war es verschwunden. Dean hatte das Geld garantiert gleich entdeckt.
    Aus dem Wohnzimmer waren Geräusche zu hören, als Ben mit den Möbelpackern zurückkehrte, und ich ging zu ihm. Es dauerte nicht lang, bis die Umzugsleute die Wohnung leergeräumt hatten. Bald sahen die Räume aus, als hätte sie nie jemand bewohnt, als hätten die Wände nie unsere Qualen miterlebt.
    Alle Spuren von Anna und dem Mädchen, das ich gewesen war, waren ausgelöscht.
    Ben folgte den Möbelpackern nach draußen, um dem Hausverwalter die Schlüssel zu übergeben. Nur die Küchenstühle und die Möbel im Wohnzimmer blieben zurück, und auch darum würden sich die Möbelpacker bald kümmern. Als ich einen letzten Gang durch die leeren, stillen Räume machte, entstand ein schauriges Echo. Etwas musste noch hervorgeholt werden, und die Vergangenheit hatte mich gelehrt, sein Versteck wie ein Geheimnis zu hüten. Alte Gewohnheiten änderte man nicht so schnell.
    In meinem Zimmer ging ich zu dem leeren Einbauschrank und tastete mit der Hand die Wand ab, bis ich das kleine Loch entdeckte, das ich ganz unten in die Trockenwand gebohrt hatte. Wenn man nicht davon wusste, konnte man es unmöglich finden. Ich griff hinein und holte meine eiserne Reserve heraus, die ich mir durch meinen Job im Videostore zusammengespart hatte. Dieses Geld war meine Hoffnung auf einen Neustart gewesen.
    Ich zählte es. 1598 Dollar. Weit wäre ich damit nicht gekommen.
    »Da hast du es also versteckt.«
    Dean lümmelte am Türpfosten und musterte mich mit seinen blassen Augen, während er das Feuerzeug an- und ausschnipste. Er deutete mit dem Kopf zu dem Geld, das ich in der Hand zerknüllte. »Wusste doch, dass du mehr versteckt hast als nur die 40 unter der Matratze.«
    Er streckte seinen langen Körper und machte einen Schritt auf mich zu. Seine blonden Locken hingen ihm ins Gesicht. In seiner Stimme schwang falsches Mitgefühl mit. Sie klang rauer, als ich sie in Erinnerung hatte – als hätte jemand die Hand um seine Kehle geschlossen, um ihn zu erwürgen. Das hatte ich ihm angetan. »Das mit deiner Mom tut mir leid. Ich hatte einen Job in Fresno, als ich davon erfahren habe. Bin erst heute zurückgekommen.«
    Diese Geschichte hatte er sich also zurechtgelegt. Sollte die Polizei Fragen stellen, gäbe es sicher auch Leute, die das bestätigen würden. Er klang fast ehrlich, und ich musste ihm eines lassen: Er war dumm, aber er hatte den Überlebensinstinkt einer Ratte.
    Meine Lage war bedenklich.

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