Touched
Ich befand mich allein in der Wohnung mit meinem Stiefvater, und er hatte mich in meinem Zimmer in die Enge getrieben. Ich wusste nicht, wie lange Ben schon weg war oder wann er zurückkommen würde. Was, wenn er bereits zurückgekehrt war und Dean ihm etwas angetan hatte? Mein Magen krampfte sich zusammen.
Oh Gott, bitte nicht.
Mit seiner nachtwandlerischen Fähigkeit, Angst zu erschnuppern, las Dean meine Gedanken. Er grinste spöttisch, als er das Feuerzeug drohend wieder anschnipste. Ein Vorgang, der mir, das wusste er, Angst eingejagt hatte, seitdem er mich mit seiner brennenden Zigarette das erste Mal verbrannt hatte. »Es war echt nett von dir und deinem Daddy, die Sachen zusammenzupacken. Im Gegenzug habe ich die Reifenseines Mietwagens zerstochen. Es wird ein Weilchen dauern, Prinzessin, bis er nach dir sehen wird.«
Eine Woge der Erleichterung durchströmte mich bei der Nachricht, dass Ben nichts passiert war. Eine Flutwelle der Panik folgte. Ich würde mich selbst retten müssen.
Dean machte einen weiteren Schritt auf mich zu. »Was ist los, Remy? Hat’s dir die Sprache verschlagen?«
Anstatt zurückzuschrecken, wie er es erwartet hatte, ging ich selbstsicher auf ihn zu. Vor Dean Angst zu zeigen bedeutete, den Tod geradezu hereinzubitten, daher strahlte mein Lächeln Ruhe aus. Er stutzte und zum ersten Mal wirkte er misstrauisch. Erinnerte er sich an die Schmerzen, die ich ihm beim letzten Mal zugefügt hatte?
»Weißt du noch, was das letzte Mal passiert ist, als du mich berührt hast? Zwei gebrochene Rippen, richtig?«, meinte ich im Plauderton.
Er fletschte die Zähne, kam aber nicht mehr näher.
Er wusste nicht, dass ich ihm ohne eine Anna in der Nähe, von der ich Wunden weiterleiten konnte, nichts anhaben konnte. Sobald es ging, musste ich losrennen und hoffen, dass er es nicht herausfand. »Weißt du, dass ich mich darin sogar noch verbessert habe? Ich habe für den Fall geübt, dass wir uns wiedersehen. Wo ist das Tagebuch meiner Mutter, Dean?«
Als er mein Zimmer verließ, wurde mir ganz schwindlig vor Erleichterung und ich stapfte ihm durch den dunklen Flur hinterher. Im Wohnzimmer gewann er seine Fassung wieder und lächelte affektiert. »Hat sie dir das nicht gesagt? Ich habe so einiges daraus erfahren. Wie zum Beispiel, dass du machtlos bist, wenn du mich nicht berühren kannst.«
Schock und Trauer zogen mir den Boden unter den Füßen weg. Ein weiteres Mal hatte mich Anna verraten, indem sie ihm das eine Detail erzählt hatte, das mein Leben hätte rettenkönnen. Das Tagebuch war verschwunden. Er musste es haben. Hoffnungslosigkeit erfüllte mich.
Dean spannte seine Armmuskeln an und ich wusste, mit dem Reden war er fertig.
Er knackste mit den Fingerknöcheln, und ich zwang Stahl in mein Rückgrat. Leicht würde ich es ihm nicht machen! Aus diesem Kampf würde er nicht unverletzt hervorgehen. Ich balancierte auf meinen Fußballen und wartete auf seinen nächsten Schritt.
Lang dauerte es nicht.
Er stürmte auf mich los wie ein Linebacker, und ich wartete bis zum letztmöglichen Augenblick, ehe ich ihm auswich. Er schoss an mir vorbei, taumelte gegen die Wand, brach zusammen und lag ausgestreckt am Boden. Seine momentane Verwirrung gab mir die Chance, zur Wohnungstür zu laufen.
Doch ich war nicht schnell genug. Er schloss eine Hand um mein Fußgelenk und riss meinen Fuß mit einer tückischen Drehung unter mir weg. Ich stolperte und streckte die Hände aus, um meinen Sturz abzumildern, konnte aber nicht verhindern, dass ich mit dem Gesicht gegen die Couchtischkante schlug. Als ich mit der linken Seite auf den Boden knallte, riss ich mir die Lippe auf und renkte mir die Schulter aus.
Bevor ich Schmerzen wahrnehmen konnte, zerrte mich Dean auf dem Teppich zu sich. Sein Gesicht war rot vor Zorn und seine blauen Augen leuchteten vor Bosheit. Ohne Rücksicht auf die Schulter rollte ich mich herum und trat ihm mit meinem freien Fuß so fest ich konnte ins Gesicht. Aus seiner Nase spritzte Blut, und ich hoffte, ich hatte sie gebrochen. Kurzzeitig außer Gefecht gesetzt, lockerte er den Griff.
Ich rappelte mich hoch und rannte zur Tür. Mit Entsetzen hörte ich, wie er sich erhob, und spürte die Veränderung in der Luft, als er auf mich zustürzte. Der Türknauf drehte sich inmeiner verschwitzten Hand, und die Tür öffnete sich fünf Zentimeter – so nahe war ich der Freiheit schon –, als er sie mit seiner Handfläche wieder zukrachen ließ. Ich stieß mit der Stirn gegen das
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