Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

sie: »Wenn hier überhaupt jemand ausbeutet, dann bin ich es, die ihn ausbeutet.«
    Bis zu meinem nächsten Krankenhaustermin habe ich nichts zu tun. Irgendwann muss ich in den Lagerraum fahren, in dem die Bestände des Buchladens in einem Container aufbewahrt werden, aber momentan fühle ich mich dazu nicht imstande, und ich möchte auch nicht, dass Bernard ohne mich geht.
    Am Nachmittag kamen Glenn und Finley-Rose zu Besuch, um uns Finleys Verlobungsring vorzuführen – ein erstaunlich klobiger Ring aus Weißgold mit einem großen weißen Stein, der im Licht der Küchenlampe blitzte. Die beiden hatten Weihnachten und Silvester bei Finleys Großeltern in Schottland verbracht.
    »Ich hab es dir noch nicht erzählt, Dad«, sagte Glenn, »aber ich muss Ende der Woche zurück nach Afghanistan. Ich weiß ja, dass du dir Sorgen machst, und wollte dir Weihnachten nicht verderben.«
    Unter dem Vorwand, ihm Gracies Trampolin zeigen zu wollen, nahm ich Glenn mit ins Wohnzimmer und schloss die Tür hinter uns. »Ein paar gute Ratschläge von einem zweimal verheirateten Mann. Frauen sagen einem nie, was sie in Wirklichkeit von einem wollen. Wenn sie zum Beispiel möchten, dass man die Spülmaschine ausräumt, dann sagen sie meinetwegen: ›Ich glaube, die Maschine ist fertig.‹ Frag dann auf keinen Fall: ›Ach, wirklich?‹ Oder sie sagen: ›Mir tut immer der Rücken so weh, wenn ich mich bücken muss, um die Spülmaschine auszuräumen.‹ Darauf darfst du auf keinen Fall etwas im Stil von ›Du Arme‹ antworten. Und wenn eine Frau seufzt und du sie fragst, was denn los sei, und sie sagt: ›Nichts‹, glaub ihr nicht – es ist immer etwas los, und du musst nachhaken, bis du herausgefunden hast, was es ist.«
    Glenn nickte. »Wo wir gerade von Mann zu Mann reden, Dad … dieses PROSTata-Gerät. Hab ich auch so was?«
    »Natürlich, jeder Mann hat eine.«
    »Wozu ist die da, Dad?«, wollte Glenn wissen.
    Ich holte tief Luft, meine Kenntnisse über Form und Funktion der Prostata sind eher vage. »Das ist eine Drüse in der Nähe der Blase, und ihre Aufgabe ist es, Samen zu alkalisieren und hin und wieder Samen auszustoßen.«
    »Ich kapier jetzt schon nichts mehr, Dad.«
    »Die Prostata ist wie die Bank von England, aber statt Geld liegt Sperma darin, okay?«
    Glenn errötete. »Okay.«
    Für einen Soldaten ist er erstaunlich prüde. Dann sagte er: »Deshalb nennen das auch alle Samenbank. Ich hab mich schon immer gewundert.«
    Ich ging nach nebenan, um meine Eltern einzuladen, mit uns zusammen Glenns Verlobung zu feiern. Beide schliefen, mein Vater in seinem Rollstuhl, meine Mutter im Sessel neben dem Kamin. Sie sahen beide alt und gebrechlich aus, und ich fragte mich, wie es wohl ohne sie sein wird, wenn sie nicht mehr da sind. Brett lag im Gästezimmer in Unterhose und Boxershorts auf dem Bett und rauchte eine Zigarette.
    »Wird es nicht langsam Zeit, dass du dich mal anziehst?«, fragte ich.
    »Ich hab nichts anzuziehen. All meine Hemden sind im Müll.«
    Der Abfalleimer neben seinem Nachttisch quoll vor weißen Hemden aus reiner Baumwolle über. Ich zog sie heraus und zählte: Es waren zehn Stück. »Die kannst du doch nicht alle wegwerfen, die brauchen nur mal eine Kochwäsche.«
    »An der Börse wäscht niemand seine Hemden. Wir kaufen sie in Zehnerpacks und schmeißen sie abends weg.«
    Ich nahm die Hemden mit, steckte sie in die Waschmaschine meiner Mutter, stellte auf sechzig Grad, steckte einen Ariel-Tab ins Waschmittelfach und startete das Programm. Als ich zurück in Bretts Zimmer kam, fragte ich ihn, ob er irgendwelche Pläne habe.
    »Lange kann ich hier nicht bleiben«, sagte er. »Die kriegen ja nicht mal Bloomberg rein.«
    Montag, 7. Januar
    Termin bei Dr. Rubik.
    Sie trug eine knallrote Strickjacke. Als ich ihr deswegen ein Kompliment machte, erzählte sie mir, ihr Mann habe sie ihr zu Weihnachten geschenkt, obwohl, wie sie sagte, »ich nicht begreife, warum – er weiß, dass ich immer nur Schwarz, Grau oder Weiß trage«. Das Labor habe ihr inzwischen die Ergebnisse meines letzten Bluttests geschickt, berichtete sie, mein PSA-Wert liege über zehn. »Was mir ein wenig Sorge macht«, ergänzte sie.
    Ich spürte, wie sich all mein Blut in den Füßen sammelte. »Also noch mal auf Anfang«, sagte ich.
    »Es ist auf jeden Fall ein Rückschlag«, entgegnete sie, »aber vergessen Sie nicht, wir müssen noch ein Weilchen auf die optimalen Ergebnisse warten. Und es ist nicht ungewöhnlich – ein ziemlich hoher