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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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eingebildet, oder fiel sein Blick auf das Regal mit den Konservendosen?
    Als ich drei tiefgefrorene Hackfleischaufläufe in der Mikrowelle aufwärmte und einen Beutel Erbsen öffnete, fragte ich mich, ob Daisy wohl gerade an einem Tisch auf den Champs Élysées saß und das Pariser Leben beobachtete, während sie Weinbergschnecken aß und ihren Rosé dazu nippte.
    Am Nachmittag machte Bernard mit Gracie einen Spaziergang, um sich die Glockenblumen im Wald anzusehen. Ich legte mich aufs Bett und schlief, die Arme um Daisys Kissen geschlungen. Als ich aufwachte, stand ein Glas mit welkenden Glockenblumen auf dem Küchentisch, und Bernard erzählte mir, dass die Weltfinanzen um weitere drei Prozent abgefallen seien und Finanzexperten Massenarbeitslosigkeit und -obdachlosigkeit wegen zahlloser Zwangsvollstreckungen voraussagten. Er sprach diese Worte, als wären sie ihm völlig fremd.
    Dienstag, 25. März
    Meine Mutter brachte Gracie heute zum Kindergarten, dann kam sie zurück und fuhr mich zur Chemotherapie ins Krankenhaus. Als ich an den Infusionsschlauch angeschlossen wurde, sagte sie: »Mir knurrt der Magen, ich gehe mir in der Cafeteria eine Käsestange kaufen.«
    Kurze Zeit später kam sie um zwei Schneidezähne ärmer zurück, nachdem sie, wie sie zugab, »übermäßig kraftvoll« in das Brötchen gebissen hatte. Sie rief ihren alten Zahnarzt, Mr. Little, vom Krankenhaus aus an und erhielt von der Sprechstundenhilfe die Auskunft, er sei vor vier Jahren gestorben.
    Die Hand vor den Mund gelegt, sagte meine Mutter: »Ich brauche aber dringend einen Termin.«
    »Ich könnte sie um drei bei Mr. Sturgeon einschieben«, sagte die Sprechstundenhilfe.
    Auf dem Weg zum Parkplatz meinte meine Mutter: »Ich kann mich ja nirgendwo blicken lassen, bis ich meinen Zahnersatz habe.«
    »Mum, jetzt bist aber wirklich überempfindlich«, entgegnete ich.
    Als sie allerdings die Hand vom Mund nehmen musste, um den Gang einzulegen, und sich mir mit einem Lächeln zuwandte, erschreckte ich mich ziemlich. Mit dem grünen Schein der Sonnenblende auf dem Gesicht, dem unordentlichen Haar, den runzligen Raucherlippen und den fehlenden Schneidezähnen sah sie aus wie die böse Hexe des Westens.
    Am Nachmittag rief Mr. Carlton-Hayes an und fragte, ob Bernard und ich ihm helfen könnten, die restlichen Bücher zu katalogisieren. Ich sagte ihm, morgen Vormittag würde gut passen.
    Als er das hörte, rieb Bernard sich die Hände. »Manno mann, Junge, ich freue mich schon drauf, diese Schätzchen in die Hände zu kriegen«, ungefähr so, wie andere Männer vielleicht auf einen Besuch in einer Oben-ohne-Bar reagieren würden.
    Ich persönlich denke ja öfter, dass Bernards Beziehung zu Büchern nicht gesund ist. Vielleicht hat er Sex durch Bücher ersetzt und verwechselt die beiden manchmal.
    Mittwoch, 26. März
    Ich war noch nie in einem solchen Mietlager gewesen. Es bestand aus einer Anzahl riesiger Container. Bei manchen standen die Türen offen, als wir vorbeiliefen. In einigen wurden offenbar ganze Wohnungseinrichtungen aufbe wahrt, ein anderer war vollgestellt mit lebensgroßen Schaufensterpuppen in unterschiedlichen Posen, während sich in wieder einem anderen alte Zeitungen bis unter die Decke stapelten.
    Mr. Carlton-Hayes und Leslie waren bereits eifrig an der Arbeit und legten Bücher mit einem Wert von über 25 £ in eine Teekiste und solche von über 50 £ in einen kleinen Pappkarton. Nachdem Bernard und ich eingetroffen waren, ging die Arbeit langsamer voran.
    »Bernard, wir haben keine Zeit, die Verdienste oder Sonstiges der Bücher einzeln zu diskutieren«, sagte Leslie. »Wir sind heute hier, um sie nach Preis zu sortieren.«
    »Aber sie müssen doch zu ihrem Recht kommen, oder, Genosse? Ich meine, das sind doch keine leblosen Gegenstände, oder?«
    »Doch, genau das sind sie, Bernard«, entgegnete Leslie. »Sie können ja wohl weder sehen noch denken oder fühlen.«
    Mr. Carlton-Hayes, der von Tag zu Tag mehr zu schrumpfen scheint, sagte: »Ich weiß, wie Bernard sich fühlt. Jedes Buch kommt mir vor wie ein lebendiges Wesen, ich konnte noch nie mit ansehen, wenn Bücher in dunklen Schränken aufbewahrt werden.«
    Um die Mittagszeit machten wir eine Pause und gingen zusammen ins Hotel Clarendon, um etwas zu trinken. Natürlich drehte sich die Unterhaltung um Bücher und Buchhändler, und wir sprachen tatsächlich über Gott und die Welt. Als ich darauf hinwies, lachten wir alle. So glücklich war ich lange nicht gewesen.
    Auf dem

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