Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
gehalten, weil ich befürchtete, meine Mutter würde hysterisch und mein Vater, der mit seinen eigenen gesundheitlichen Beschwerden beschäftigt ist, gleichgültig reagieren. Heute Morgen dann ging ich nach nebenan, um es ihnen beizubringen, aber sie hörten gerade eine Doppelfolge von den Archers , also sagte ich, ich käme später noch mal.
Ich machte mich an den Blumenkübeln auf der Terrasse hinter dem Haus zu schaffen und pflückte die letzten Tomaten. Daisy kam mit einer Tasse Kaffee für mich heraus, und wir saßen eine Weile im schwachen Sonnenschein.
Ich sagte zu Daisy: »Wir sollten etwas mit diesem ganzen Land hier machen.«
»Wie zum Beispiel, du Supergärtner?«, fragte sie lachend.
Ich steigerte mich ziemlich in die Sache hinein, holte aus dem Haus Bleistift und Papier und zeichnete eine grobe Skizze von meinem Traumgarten. Den Bach leitete ich um und entwarf ein Wasserspiel. Ich pflanzte eine Kastanienallee (wegen der Kastanien, sagte ich Daisy). Ich konstruierte ein Gartenhäuschen und einen Laubengang und bepflanzte ihn mit altmodischen, süß duftenden Rosen und Jelängerjelieber. Gracie kam in ihrem Leicester-City-Fußballdress zu uns heraus, und während sie zufrieden einen Ball an die Seitenwand des Hauses schoss, war ich ein paar kurze Augenblicke lang glücklich, am Leben zu sein.
Am Nachmittag erzählte ich meinen Eltern endlich von meinem Termin beim Urologen.
Meine Mutter weinte und sagte: »Als wenn ich nicht schon genug am Hals hätte.«
Mein Vater meinte: »Wenigstens sitzt du nicht wie ich im Rollstuhl, mein Sohn.«
Montag, 24. September
Heute ist nicht viel passiert. Mir graut vor Mittwoch.
Dienstag, 25. September
Als ich meinen Anzug aus der Reinigung abholen wollte, blamierte mich die Frau vor der gesamten Kundschaft, indem sie sagte: »Sie haben eine von unseren Maschinen kaputt gemacht, weil Sie ein Päckchen Kaubonbons in Ihrer Anzugjacke vergessen haben.«
Ich wies sie darauf hin, dass es den Angestellten der Reinigung obliegt, die Kleidung auf vergessene Gegenstände zu überprüfen, bevor sie in die Maschine kommt.
Sie gab zurück: »Wenn Sie mal Ihren Abholschein durchlesen, werden Sie feststellen, dass es Ihnen obliegt, alles aus der Kleidung zu entfernen, was unsere Maschinen beschädigen könnte. Wir mussten einen Techniker aus Deutschland einfliegen, um das Gerät zu reparieren.«
Wenn sie englische Maschinen gekauft hätte, merkte ich an, hätte sie sich die Ausgaben für das Flugticket sparen können.
Sie sagte, die deutschen Geräte seien billiger als die englischen und außerdem auf dem neuesten Stand der Technik.
Worauf ich entgegnete: »Sie können mir nicht die Schuld am Niedergang der englischen Industrie geben«, und fragte, ob ich meinen Anzug zurückhaben könne.
»Nichts würde mir größeres Vergnügen bereiten, als Ihren Anzug aus meinen Geschäftsräumen entfernt zu wissen.« Sie nahm ihn von einem Ständer hinter sich, und selbst durch die Plastikfolie konnte ich bunte Flecken auf Jacke und Hose erkennen.
Wir gerieten in eine hitzige Auseinandersetzung, die erst ein Ende fand, als ein brutal aussehender Mann aus der Schlange hinter mir seinen Abholschein auf die Theke knallte und rief: »Jetzt geben Sie mir meinen Anzug! Ich muss in einer halben Stunde im Gericht sein.«
Nachdem sie den Grobian bedient hatte, sagte die Frau zu mir: »Sie haben ab sofort in dieser Reinigung Hausverbot.«
Das ist typisch für mein Leben: Andere Männer erhalten Hausverbot in Kneipen oder Weinkellern, ich in einer chemischen Reinigung.
Mittwoch, 26. September
Mr. Tomlinson-Burk hatte überhaupt nicht das Patrizieraussehen, das ich erwartet hatte. Er sah eher aus wie die Sorte Mann, die beim Autoskooter die Karten abreißt. Er war ein dunkler Typ und hatte Hände wie ein Bauarbeiter. Ich hoffte inständig, er würde keine Rektaluntersuchung machen. Schon allein, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass ausreichend große Gummihandschuhe für seine Wurstfinger hergestellt werden. Aber er war sehr freundlich und effizient, und die Rektaluntersuchung tat gar nicht weh (vielleicht hat er seinen kleinen Finger benutzt – ich konnte ja nichts sehen).
»Ihre Blutwerte zeigen eine erhöhte Konzentration des pros tataspezifischen Antigens, oder auch PSA, was darauf hindeu tet, dass wir ein Problem haben.«
»Ein Problem«, wiederholte ich.
»Ja.«
Ich betrachtete sein Haar, das dick und schwarz und gewellt war. Das Wort »Krebs« hing in der Luft, aber keiner
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