Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
gesehen. Ich hab mich für die Theateraufführung eingetragen. Sind Sie mit dem Stück schon durch, Mr. Mole?«
    Ich log und behauptete, abgesehen von ein paar kleineren Überarbeitungen sei es fertiggestellt.
    Mrs. Golightly kicherte. »Ich will doch mal hoffen, dass Sie für mich eine gute Rolle geschrieben haben.«
    Ich presste ein Lachen hervor, und sie ging Kaffee machen.
    Mrs. Lewis-Masters brachte mich in einen Empfangssalon im vorderen Teil des Hauses. Ich kam mir vor wie in einem Völkerkundemuseum. An den Wänden hingen Tierköpfe, und überall verstreut standen primitiv gestaltete afrikanische Statuen. Vor dem Marmorkamin, in dem ein paar Holzscheite glimmten, lag ein großes Tigerfell samt Kopf auf dem Boden. Nachdem sie mir einen Platz auf einem Sofa mit Zebrafell als Überwurf angeboten hatte, stocherte Mrs. Lewis-Masters im Feuer, bis Funken den Kamin hinaufsto ben. Bald darauf brachte Mrs. Golightly die Kaffeekanne so wie Tassen, Untertassen und ein Tellerchen mit Shortbread auf einem Tablett herein, stellte es auf einem Elefantenfuß-hocker ab und sagte: »Also, worum geht es in dem Stück, Mr. Mole?« Ich erzählte ihr, es heiße Pest! und handle vom Schwarzen Tod und wie sich dieser auf Mangold Parva ausgewirkt habe.
    Sie zog ein langes Gesicht. »Ach, schade. Man hat mich schon mit Hattie Jacques verglichen. Und mein Mann findet mich sogar noch lustiger als die.«
    Mrs. Lewis-Masters sagte: »Vielen Dank, Mrs. Golightly, Sie können jetzt gehen.«
    Mrs. Golightly stapfte aus dem Zimmer und knallte die Tür zu.
    »Wie alle dicken Menschen ist Mrs. Golightly überempfindlich«, sagte Mrs. Lewis-Masters. »Sie führt ihre Körperfülle auf ihre Drüsen zurück, aber meiner Ansicht nach liegt es daran, dass sie sich fast ausschließlich von Biskuitrolle ernährt. Ich wollte meine afrikanischen Bediensteten mitnehmen, als mein Mann und ich zurück in unsere Heimat England zogen, aber die Behörden ließen sie nicht einreisen. Mrs. Golightly ist ein unzulänglicher Ersatz.«
    Ich bewunderte die Tierköpfe an der Wand und die Felle, und sie sagte, jedes davon habe sie oder ihr Ehemann getötet, und fügte hinzu: »Ich hoffe, Sie gehören nicht zu diesen grässlichen politisch korrekten Menschen, die glauben, wilde Tiere zu töten sei schlechter Stil.«
    Ich machte ein neutrales Geräusch in der Kehle.
    »Ich persönlich glaube«, sagte sie, »dass niemand, der das Fleisch eines Tieres isst, sich jenen von uns, die aus sportlichen Gründen töten, moralisch überlegen fühlen darf.«
    Ich fragte, ob sie immer noch Tiere töte.
    Sie könne inzwischen kein Gewehr mehr bedienen, erklärte sie mir, da sie grauen Star und einen Tremor im Zeigefinger habe.
    Was sie in Afrika gemacht habe, wollte ich wissen.
    »Mein verstorbener Mann und ich haben Kamelaccessoires importiert. Die Sudaner schätzen ihre Kamele sehr und putzen sie für Festlichkeiten gern heraus.«
    Vor meinem geistigen Auge sah ich Kamele mit Schuhen und dazupassenden Handtaschen. Mrs. Lewis-Masters holte ein Album aus einer Ledertruhe und zeigte mir Fotos von sich selbst und einem vornehm aussehenden weißen Mann, umgeben von dunkelhäutigen Afrikanern in langen Gewändern und einigen sehr ansprechenden Kamelen mit Girlanden und Glöckchen und Quasten.
    Mit einem zitternden Finger zeigte sie auf ein besonders prächtiges Tier und sagte: »Der da war mein Liebling. Er hat mich Hunderte von Kilometern durch die Wüste getragen. Sein Name war Duncan.«
    Als Mrs. Golightly mich zur Tür begleitete, flüsterte sie: »Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, ihr zuzuhören. Ich hab die Kamelgeschichte schon so oft gehört. Kommen Sie sie wieder mal besuchen?«
    Warum passiert so etwas immer mir? Warum lechzen Rentner nach meiner Gesellschaft? Ich kann mich nicht schon wieder mit einem einlassen.
    Samstag, 22. September
    Gestern, als ich Daisy erzählte, ich sei zu einem Urologen überwiesen worden, brach sie in Tränen aus und sagte: »Ich hab mich im Netz über die Prostata schlaugemacht. Ich bin sicher, dass alles gut wird, Aidy. Du bist relativ jung und relativ stark, und wenn es doch das Schlimmste sein sollte … also ich bin mir sicher, dass du schnell wieder gesund wirst.«
    Nachts hätte ich gern mit meiner Frau geschlafen, aber meine Prostata – wie ein eifersüchtiger Liebhaber – kam mir in die Quere. Daisy sagte, es sei nicht schlimm, aber das ist es.
    Sonntag, 23. September
    Bisher hatte ich meine Krankheit vor meinen Eltern geheim

Weitere Kostenlose Bücher