Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
Wunder ist, wenn man bedenkt, dass sie fünf Mal verheiratet war und sieben Kinder hat. Sie erzählte mir, dass ihr dritter Mann Barry »PROSTata«-Krebs gehabt, aber seit inzwischen elf Jahren keinen Rückfall gehabt habe, und dass er ein sehr aktives Leben führe und zum Beispiel auf den Malediven schnor cheln gehe und Heißluftballon fahre. Sie ergänzte noch: »Und er ist einundsechzig. Man nennt es ja auch die Alt männerkrankheit.«
»Dann könnte ich also noch leben, bis ich einundfünfzig bin«, sagte ich. Und aus irgendeinem Grund mussten wir alle lachen.
Lance kam ins Zimmer geschritten, einen Geburtstagskuchen mit vierzig lodernden Kerzen schwenkend. Es ist ein Wunder, dass sie ihr Haus noch nicht abgebrannt haben. Sie rauchen beide und treffen ständig den Aschenbecher nicht.
Später kam auch noch Parvez vorbei und schenkte Barbara eine Glückwunschkarte und eine Packung After Eight. Dann traf Wayne Wong mit einer Orchidee im Topf ein und sagte, als er über die Neuigkeit informiert worden war: »Mein Onkel hatte Prostatakrebs.«
Ich fragte, wie es ihm gehe.
Wayne zögerte eine Sekunde lang, dann sagte er mit gesenktem Blick: »Er ist vor fünf Jahren gestorben.«
Ich wollte gerade gehen, da rief Pandora an und gab mir die Namen zweier Spezialisten in London. Als die anderen hörten, wer am Telefon war, wollten alle unbedingt mit ihr sprechen. Barbara fragte Pan, ob sie einen Freund habe. Angeblich hat Pandora geantwortet, sie habe eine heimliche Affäre mit einem Minister des Schattenkabinetts. Nach dem Telefonat überlegten wir gemeinsam, wer der Schattenminister wohl sein könnte. Keinem von uns fiel außer David Cameron auch nur ein einziger konservativer Minister mit Namen ein. Eine Zeit lang vergaß ich völlig den Tumor in mir und lachte und trank etwas Wein und aß mit meinen Freunden Geburtstagskuchen.
Erst auf dem Heimweg wurde mir bewusst, dass ich zu Barbaras Geburtstagsparty gar nicht eingeladen gewesen war, und dass ich nichts davon erfahren hätte, wenn ich nicht zufällig Nigel besucht hätte.
Warum haben sie mich nicht eingeladen, liebes Tagebuch? Liegt es daran, dass Daisy einmal zu Barbara gesagt hat, jeder, der öfter als zweimal heiratet, sei ein Masochist und verdiene alles, was ihm zustoße?
Und warum sprechen so viele Menschen das Wort Prostata so komisch aus? Ich bin es leid, sie zu verbessern.
Dienstag, 2. Oktober
Mr. Rafferty sah auch nicht aus wie ein Arzt. Er hatte einen Belfaster Akzent und erinnerte mich an Reverend Ian Paisley. Gekleidet war er in Stoffhose, Stiefel von Timberland und Ralph-Lauren-Pulli. In aller Ausführlichkeit erklärte er mir die möglichen unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten meines Tumors: Bestrahlung (Externe Strahlentherapie oder Brachytherapie), Operation, Hochintensiver Fokussierter Ultraschall und Photodynamische Therapie.
Ich sagte dem Arzt, dass die Brachytherapie, bei der radioaktive Kapseln über einen Schlauch in den Penis eingeführt werden, für mich nicht so gut klinge.
Er meinte: »Ja, die Vorstellung treibt einem die Tränen in die Augen, was? Aber es ist eine extrem effektive Methode, dem Tumor eine vor den Latz zu knallen.« Er erklärte mir, ich müsse mich einer transrektalen Ultraschalluntersuchung unterziehen, und später, wenn er das Video, das ich mir übrigens gern mit ihm zusammen ansehen dürfe, ausgewertet habe, würden wir weiterüberlegen.
»Danach wissen wir mehr und können einen effektiven Behandlungsplan aufstellen.«
Nur widerstrebend zog ich im Beisein einer jungen Krankenschwester und der Frau, die das Ultraschallgerät bediente, meine Boxershorts aus, aber die beiden waren sehr sach lich und versicherten mir, sie machten jeden Tag Dutzende solcher Untersuchungen. Als die Sonde eingeführt wurde, drückte mir die junge Schwester die Hand und sagte: »Das Schlimmste haben Sie schon hinter sich.«
Hinterher zog ich mich an und ging zurück in Mr. Raffertys Wartezimmer. Ich hatte schon fünfzig Seiten in Das Ende einer Affäre von Graham Greene gelesen, als Mr. Rafferty mich rief, um mit mir das Video anzusehen. Er zeigte auf etwas auf dem Bildschirm und erklärte: »Hier sehen Sie, dass es Veränderungen in der Prostatakapsel gibt und sie möglicherweise schon durchbrochen wurde. Ich mache einen Termin für eine Kernspintomografie in den nächsten Tagen, und dann schnappen wir uns den kleinen Racker, was, Mr. Mole?«
Mittwoch, 3. Oktober
Ich habe es satt, immer nur über meine Prostata
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