Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
hatte, ich würde mich über ihre gescheiterte Liebesbeziehung lustig machen. Sie nahm meine Entschuldigung an. Ich werde in Zukunft etwas vorsichtiger mit ihr umgehen müssen. Sie sieht in meinen Augen gar nicht aus wie der sensible Typ. Sie ist klein, aber stämmig.
Bernard Hopkins hat einen Lieferwagen samt Fahrer gemietet, um die Büchersammlung aus einem Haus in Clarendon Park abzutransportieren. Er hat mir versichert, dass sich »zwischen dem Schrott Kleinode aus reinstem Gold« befänden.
Dienstag, 13. November
Tagebuch, wie konnte ich nur vergessen, dass Glenn gestern aus Afghanistan heimkommen sollte! Nach der Bestrahlung ging ich ihn bei seiner Mutter Sharon besuchen. Ich hatte erwartet, ihn gebräunt und topfit zu sehen, aber er wirkte blass und abgespannt und sagte, er habe zwölf Stunden lang in einem Flugzeug auf einer Startbahn in der Provinz Helmand gesessen, weil »die Armee was verbockt hat«. Wegen Turbulenzen und der engen Sitze habe er auf dem Flug nicht schla fen können. Als Sharon in die Küche ging, um ihm sein Lieblingsessen zuzubereiten – ein traditionelles englisches Frühstück –, fragte ich ihn: »Wie ist es da draußen, Glenn?«
Sein Blick wurde unruhig, und er sagte: »Ich will nicht da rüber sprechen, Dad.« Dann fragte er mich: »Was glaubst du , warum wir gegen die Taliban kämpfen?« Er schien das ehrlich wissen zu wollen.
Ich erklärte ihm, dass die Taliban religiöse Fanatiker seien, die das Land streng nach islamischen Gesetzen regieren wollten, was bedeute, dass Mädchen nicht zur Schule dürften und Musik, Haarschnitte und Rasieren verboten seien.
Er meinte: »Das Blöde an der Sache ist, dass die Taliban und die normalen Afghanen exakt gleich aussehen, und keiner von denen kann uns Soldaten leiden. Das ist eigentlich auch nicht so verwunderlich, wo die Amis Bomben auf ihre Hochzeiten schmeißen und so.«
Sharon kam aus der Küche und teilte uns mit, dass sie die Würstchen verbrannt habe und Glenns Frühstück noch ein wenig dauern würde.
Wie konnte sie die Würstchen verbrennen, wenn sie eine Viertelstunde lang über dem Herd hing und ununterbrochen den Griff der Pfanne in der Hand hielt? Ich weiß, dass es so war, weil ich sie durch die offene Küchentür sehen konnte. Sharon war schon immer dick, aber inzwischen ist sie auf dem besten Weg, ernsthaft fettleibig zu werden. In zwei Jahren wird man einen Trupp Feuerwehrleute brauchen, um sie aus dem Haus zu befreien. Bei ihrem Anblick konnte ich wieder mal nicht fassen, dass ich jemals Geschlechtsverkehr mit dieser Frau hatte, und dass es eine Zeit gab, in der mein Herzschlag sich beschleunigte, wenn ich sie auf mich zukommen sah. Ich habe damals sogar Gedichte für sie verfasst und auf ihr Kissen gelegt. Momentan steckt sie in einer neuen katastrophalen Beziehung, und zwar mit einem jüngeren Mann namens Grant McNally, der wegen Diebstahls einer Lamm keule bei Aldi auf Bewährung ist. Mit einem Schluchzen in der Stimme verteidigte Sharon ihn: »Er hat doch nur versucht, seine Familie zu ernähren. Niemand will ihm einen Job geben.«
Worauf Glenn meinte: »Ich würde ihm auch keinen Job geben. Er ist ein Penner, wo seinen Arsch vor drei Uhr nachmittags nicht aus dem Bett kriegt.«
Wie auf ein Stichwort hörten wir Geräusche über uns (Sharon hat in jedem Zimmer Laminat verlegen lassen), und Glenns neuester »Stiefvater« kam, sich kratzend und im hellen Tageslicht blinzelnd, herein. Er trug ein zerknittertes Unterhemd und Boxershorts. Ich bemerkte, dass er vier Namen auf seinen Bizeps tätowiert hatte – Britney, Whitney, Calvin und Cain –, offenbar die Namen seiner diversen Kinder.
Beschwichtigend sagte Sharon: »Du bist aber früh auf, Grant. Haben wir zu viel Lärm gemacht?«
»Ja«, quengelte McNally, »ich hab Stimmen gehört und konnte nicht mehr einschlafen. Gibt’s Tee?«
Sharon raste in die Küche (na ja, soweit eine fettleibige Frau eben rasen kann), und McNally setzte sich aufs Sofa, zündete sich eine Zigarette an und fuchtelte mit der Fernbedienung vor dem gigantischen Flachbildschirmfernseher herum. Immer noch hatte er nicht ein einziges Wort an Glenn oder mich gerichtet.
Ich stand auf und begrüßte ihn übertrieben höflich: »Guten Tag, ich bin Adrian Mole, Glenns Vater.«
McNally wandte den Blick nicht von der Talkshow los, in der ein dünner Mann mit strähnigem grauem Pferdeschwanz von der Moderatorin wegen seiner Haschischsucht ausge schimpft wurde.
Glenn erhob sich und stellte
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