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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Heiligabendandrang. Um 17:00 begannen die Panikkäufe. Jamie Oliver und Nigella gingen aus, und eine verzweifelte Frau hämmerte um halb sechs an die Tür und bettelte darum, noch hereingelassen zu werden.
    Als ich aus Mitleid nachgab, sprudelte sie hervor: »Meine Schwester kommt aus Schottland, heute Morgen hat sie mich angerufen. Sie verlässt ihren furchtbaren Mann – wieder mal. Fünf Kinder im Alter von eins bis sieben hat sie. Warum ich? Wir vertragen uns nicht, und sie weiß, dass ich Kinder nicht ausstehen kann. Eigentlich wollten Derek und ich uns einen ruhigen Abend machen – ein bisschen Räucherlachs, ein paar Gläser Sekt und das Weihnachtsspecial von den EastEnders .«
    Ich bat sie, sich aufs Sofa zu setzen und sich zu beruhigen. Dann wählte ich fünf passende Bücher aus und ließ sie von Hitesh als Geschenk einpacken.
    »Das ist sehr nett von Ihnen«, sagte die Frau. »Im neuen Jahr komme ich öfter zu Ihnen.«
    Worauf Bernard sagte: »Das könnte sich schwierig gestal ten, Madam, denn dieses ehrwürdige alte Geschäft schließt bald. Das Ende einer Ära. Werden Waterstone’s und Borders Ihnen die Tore öffnen und Ihre Bücher liebevoll verpacken? Werden die pickeligen Jugendlichen, die dort arbeiten, Ihnen solchen Service bieten?«
    Als sie weg war, rief ich uns per Telefon ein Taxi und wurde von einem mürrischen Mann am anderen Ende der Leitung darüber informiert, dass ich den doppelten Fahrpreis bezahlen müsse, weil Heiligabend sei.
    Der Taxifahrer trug eine Weihnachtsmannmütze.
    »Entschuldigen Sie, mein Freund«, meinte Bernard vom Rücksitz, »aber gehören Sie nicht dem Islam an?«
    Der Fahrer drehte sich zu ihm um und sagte: »Schon, aber Weihnachten ist doch vor allem ein Fest für Kinder, oder?«
    Hitesh sagte: »Weihnachten ist nicht mehr, was es mal war.«
    Bernard tätschelte ihm den Arm. »Hitesh, altes Haus, Weihnachten ist genau gleich geblieben, du hast dich verändert.«
    Mr. Carlton-Hayes wohnt in einem riesigen edwardianischen Haus in Stoneygate. In dieser Straße wurden viele der Gebäude in Alten- oder Bewährungsheime umgewandelt. Ein rüstiger älterer Herr mit üppigem grauem Haar und in einem weißen Pullover mit Polokragen öffnete uns die Tür. An den Händen trug er gelbe Spülhandschuhe. Er zog einen davon aus und schüttelte uns die Hand: »Hallo, ich bin Leslie, ein Freund von Mr. Carlton-Hayes.«
    Wir traten in den großen Flur. Bücher säumten die Wände.
    Man hörte Mr. Carlton-Hayes rufen: »Bring sie doch bitte ins Wohnzimmer, mein Lieber.«
    Leslie führte uns in einen Raum, der mit quietschbuntem Weihnachtsschmuck dekoriert war. In seinem Rollstuhl sitzend und im gesteppten Morgenrock mit Halstuch wirkte Mr. Carlton-Hayes irgendwie deplatziert. Er wurde von hinten von einem künstlichen silberfarbenen Baum mit blinkenden bunten Birnen beleuchtet.
    »Hallo, meine Lieben«, grüßte er. »Bitte, setzen Sie sich doch.« Und dann, an Leslie gewandt: »Sekt, glaube ich, mein Lieber.«
    Bernard sah sich zwischen den Papiergirlanden, dem üppig geschmückten Kamin und den ganzen Luftballons, die von der Decke hingen, um und meinte: »Sehr fröhlich hier, Mr. Carlton-Hayes.«
    »Ja, es ist recht heiter«, sagte Mr. Carlton-Hayes vor sichtig.
    »Ich persönlich hab’s ja gern ein bisschen dicker aufgetragen«, fuhr Bernard fort. »Ich verabscheue diesen minimalis tischen, pseudokünstlerischen, Nackte-Holzdielen-Habitat- Quatsch.«
    »Bei meiner Mutter hängt das ganze Jahr lang eine bunte Lichterkette an der Bilderleiste«, verkündete Hitesh.
    Als Fan von Habitat und nackten Holzdielen hielt ich mich bedeckt. Wir machten Smalltalk, bis Leslie mit einer Flasche Sekt von Marks & Spencer und vier Gläsern zurückkehrte. Danach geriet die Unterhaltung immer mehr ins Stocken, bis sie schließlich ganz versiegte und ein unbehagliches Schweigen entstand.
    Bisher hatten alle das im Raum schwebende Thema gemieden – nämlich dass Carlton-Hayes’ Geschäft für neue, gebrauchte und antiquarische Bücher zumachen musste. Bernard rettete uns, indem er die Anekdote seines jüngsten gescheiterten Selbstmordversuchs erzählte. Er versuchte, es witzig klingen zu lassen. Niemand lachte, aber wenigstens vergingen darüber ein paar Minuten. Leslie ging hinaus und kam mit einer Platte voller, wie er es nannte, »bonne bouches« zurück, winzigen Hamburgern und Miniatur- Fruchttörtchen.
    Es gab so vieles, was ich Mr. Carlton-Hayes sagen wollte: wie sehr ich ihn mochte, dass

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