Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
Darbietung von »Jingle Bells« verließ das Publikum langsam den Saal. Ich versuchte, mich im Namen der Familie Mole bei Mrs. Bull zu entschuldigen, und erklärte ihr, dass mein Schwiegervater ein Mann mit extremen politischen Ansichten sei.
»Zufälligerweise teile ich seine Ansichten, Mr. Mole«, gab Mrs. Bull zurück. »Das war nur gerade nicht der passende Zeitpunkt, um dem Ausdruck zu verleihen.«
Wir warteten, bis der Stern von Bethlehem sich umgezogen hatte, und liefen dann zu Fuß nach Hause. Michael Flowers bestand darauf, den Rollstuhl meines Vaters zu schieben. Habe ich mir das nur eingebildet, oder hat er meinen Vater absichtlich durch die tiefsten Pfützen geschoben? Wir waren gezwungen, ihn zum Abendessen einzuladen. Flowers trank eineinhalb Flaschen Rotwein und stimmte ein langes Lamento über seine erste Frau, Daisys mexikanische Mutter Conchita, an. Er liebe sie immer noch, jammerte er, und hoffe, sie zurückzugewinnen. Im Anschluss teilte er mir mit, ich sei ein gottverdammter Idiot, weil ich mir von den Ärzten die Bestrahlung gegen meinen Prostatakrebs habe aufschwatzen lassen.
»Adrian«, sagte er, »sehen wir den Tatsachen doch ins Auge. Deine schlechte Ernährung und dein ungesunder Lebensstil sind schuld an deinem Krebs. Wenn du ernsthaft deine Krankheit besiegen willst, dann solltest du deine Ernährung völlig umkrempeln. Daisy, gleich morgen früh gehst du Blaubeeren und Gemüsesäfte einkaufen. Er braucht grünen Tee und Antioxidantien. Und unverzichtbar ist ein Umschlag, den du aus einem Brei aus Passionsfrucht, Linsen und Papaya herstellst und auf seine Genitalien auflegst.«
»Wie soll ich denn einen Breiumschlag auf meinen Genitalien befestigen?«, erkundigte ich mich.
»Nimm Frischhaltefolie, aber er muss unbedingt auf deinen Hodensack aufgetragen werden.« Dann fügte er hinzu: »Mir ist aufgefallen, dass hier kein Fenster offen ist.«
»Dad, es ist Dezember«, sagte Daisy.
»Wir sind nicht dazu geschaffen, in überhitzten Wohnstätten zu leben. Es ist noch nicht lange her, dass wir aus den Höhlen kamen.«
Nachdem er mir noch geraten hatte, täglich mindestens eineinhalb Stunden kopfüber zu hängen, verabschiedete er sich. Wir standen an der Tür und winkten ihm nach.
Als die Rücklichter seines VW-Busses verschwunden waren, sagte Daisy: »Erinner mich daran, Frischhaltefolie auf den Einkaufszettel zu schreiben.«
Wir lachten, gingen ins Bett und schliefen in Löffelchenstellung, bis ich aufstehen und aufs Klo gehen musste.
Mittwoch, 19. Dezember
Daisy organisiert eine Silvesterparty in Fairfax Hall. Die Eintrittskarten kosten 75 £ pro Nase! Heute Morgen, als sie sich zur Arbeit fertig machte, hat sie mich gefragt, ob ich hingehen möchte. Ich sagte ja.
Bei der Bestrahlung fragte ich Sally, ob die Breiumschla g / Frischhaltefolie-Methode irgendeinen medizinischen Nutzen habe. Sie erzählte, einer ihrer Patienten sei unter den Einfluss eines Menschen geraten, den er im Internet aufgetan habe. Dieser Mensch habe ihm geraten, die Chemotherapie abzubrechen und ab sofort ausschließlich von Seetang und Makrelen zu leben. Von einem anderen hatte sie gehört, er habe seine gesamten Ersparnisse für Kristalle ausgegeben, die in jedem Raum aufgestellt wurden.
»Und wie geht es diesen Patienten heute?«, fragte ich.
»Sie sind tot.«
Donnerstag, 20. Dezember
Noch vier Tage bis Weihnachten! Ich habe noch keine Geschenke gekauft und Daisy noch nicht gebeichtet, dass wir Bernard Hopkins zu Gast haben.
Meine Mutter kam vorbei, um unser Telefon zu benutzen. Ihr eigenes hatte sie an die Wand geworfen und dabei kaputt gemacht, weil British Telecom ihr eine Rechnung über 2.376.215,18 £ geschickt hatte. Als sie anrief, um sich nach dem Zustandekommen dieses exorbitanten Betrags zu erkundigen, forderte ein Mitarbeiter des Callcenters sie auf, am Apparat zu bleiben. Nachdem meine Mutter sich die gesamten Vier Jahreszeiten von Vivaldi angehört hatte, wurde die Leitung unterbrochen. Meine Mutter rief erneut an und sprach mit einem weiteren Mitarbeiter »in Indien«. Laut eigener Aussage konnte sie »im Hintergrund einen Ele fanten trompeten und Bollywood-Filmmusik« hören. Allerdings neigt meine Mutter zu Übertreibungen, daher bin ich mir nicht sicher, ob ich diesen Teil ihrer Geschichte glauben soll.
Freitag, 21. Dezember
Bestrahlung.
Sally ist sehr traurig. Anthony hat die Hochzeit auf unbestimmte Zeit verschoben, mit der Begründung, die Wölfe müssten an erster Stelle
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