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Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Titel: Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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seine Stimme versagte nicht. Bruder Neal ging zu der Kiste in der Mitte. Er öffnete sie, aber diesmal benutzte er eine Schlangenzange. Damit zog er eine gut einen Meter lange, schwarze Diamantklapperschlange heraus, die so dick war, dass er sie mit der Zange kaum umfassen konnte. Das Tier richtete sich aufmerksam auf, und sein Schwanz zitterte wütend.
    »Welch unsagbare Freude, den Tod in Händen zu halten«, sagte Bruder Neal.
    »Unsagbare Freude«, wiederholte Caleb. Trotz seiner Körpergröße hatte er die Stimme eines Kindes.
    Bruder Neal schaute die Frau an. »Wen liebst du mehr, Schwester Eileen?«, fragte er. »Deinen Sohn oder Gott?«
    Ohne Zögern entschied sich die alte Frau für Gott.
    Caleb sang nun langsamer, stieß kehlige Klagelaute aus, die er alle fünf Sekunden unterbrach. Es klang wie das Geräusch eines Sonars unter Wasser. Bruder Neal legte die wütende Schlange auf Calebs ausgestreckte Unterarme. Caleb sah sie nicht an, sondern hielt die Augen halb geschlossen, als blicke er in die Ferne. Die Klapperschlange wirbelte herum, richtete sich auf, krümmte sich nach hinten und riss das Maul auf. Einen Augenblick lang sah ich, wie sie ihre Muskeln anspannte, um zuzuschlagen, und ich war mir sicher, dass sie Caleb ins Gesicht beißen würde.
    Der junge Mann zeigte keinerlei Angst. Er sang einfach weiter und wiegte sich im Rhythmus, als die Schlange sich auf ihn stürzte. Die Gemeinde hielt den Atem an. Doch die Schlange schwenkte um, schloss das Maul, bäumte sich auf, überschritt aber nicht die unsichtbare Grenze, die Calebs Gesicht zu schützen schien.
    Bald holte Bruder Neal eine noch größere Klapperschlange heraus und legte sie in Calebs Hände. Dann folgte eine dritte, eine vierte, eine fünfte. Caleb hob, den Kopf im Nacken, die fünf Tiere in die Höhe. Die Schlangen wanden sich, bewegten sich im Rhythmus seines Klagegesangs, der nun an die unwillkürlichen Schmerzensschreie einer Frau in den Wehen erinnerte.
    Bruder Neal schickte sich an, eine sechste Schlange herauszuholen, aber Calebs Mutter schüttelte den Kopf.
    »Er ist erschöpft, Bruder«, sagte sie. »Heute Nacht wird Caleb in Frieden schlafen, denn er weiß, er ist eins mit dem Herrn.«
    »Amen«, sagte Bruder Neal. Mit seiner Zange griff er eine Schlange nach der anderen und beförderte sie wieder in ihre Kisten. Caleb sackte in sich zusammen, als hätte er einen Kampf gegen übermächtige Gegner durchgestanden. Zwei Mitglieder der Gemeinde halfen ihm auf die Beine. Seine Mutter küsste ihn auf die Stirn. Dann streckten andere die Hände nach ihm aus, lächelten ihn an, riefen »Amen«. Am liebsten hätte ich ihn selbst angefasst, warum, weiß ich nicht. Mir war nur klar, dass ich Zeuge von etwas Außerordentlichem geworden war, und dieser junge Mann, der Caleb hieß, hatte es vollbracht.
    Ich schüttelte den Kopf, als wäre ich aus einem schweren Traum erwacht. Die Schlangenzeremonie hatte mich vollkommen gefesselt. Mir war, als sei ich an einem Ort ohne Vergangenheit und ohne Zukunft, wo ich nicht mehr ich, sondern ein Mitglied dieser außerordentlichen Kirche war. Übermüdet und orientierungslos wie ich war, beschloss ich, mich hier auf dem Laub ein wenig auszuruhen, bis die Kirchgänger aufgebrochen waren. Dann wollte ich mich durch den Wald zu meinem Auto zurückschleichen.
    In diesem Augenblick bohrte sich hartes Metall in meinen Nacken und drückte meinen Kopf gegen die glatte Baumrinde. Mühsam drehte ich mich um und blickte in die Mündung einer Pumpgun, die Nelson Carruthers auf mich richtete.

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    »Na, gefällt dir, was die Verrückten da treiben, Moynihan?«, fragte Carruthers mit eisiger Stimme.
    Allem Anschein nach war er nicht nur betrunken, sondern auch dem Wahnsinn nahe, deshalb ließ ich mich bäuchlings auf den Boden fallen und hob die Hände. »Nicht schießen«, bat ich. »Ich habe im Wald die Musik gehört und wollte sehen, was los ist. Ich wollte niemandem zu nahe treten, glauben Sie mir.«
    »Warum liegst du dann da im Dreck?«, fragte er, bückte sich und zog die Pistole aus meinem Gurt. »Nur ganz bestimmte Kreaturen rutschen im Dreck, Junge.«
    Carruthers lockerte den Druck seiner Pumpgun auf meinem Nacken, und trotz seines grausamen Tons dachte ich eine Sekunde lang, er würde mich aufstehen lassen. Dann spürte ich, wie der Lauf seiner Waffe an meinem Körper entlangglitt und sich schließlich in meinen unteren Rücken bohrte. Gleichzeitig packte er mich am Kragen und zerrte mich hoch. Die Pumpgun

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