Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)
Himmel. »Mir steht eine Menge zu.«
»Das Gefühl verstehe ich«, sagte Lee. »Aber du musst jetzt die Waffe weglegen, Nelson, bevor du etwas tust, was du später bereust.«
»Bitte, Nelson«, sagte Carruthers’ Frau.
Sein Blick wanderte von ihr zu mir. Seine Augen waren tränenverschleiert. Mit zitternder Hand zielte er erneut auf mich, doch statt blinder Wut hatte ihn nun die Verzweiflung gepackt.
»Tu ihm nichts, Papa.«
Carruthers’ Sohn Caleb sah ihn aus großen, vertrauensvollen Augen an. »Du hast gesagt, man darf niemandem wehtun, Papa.«
Carruthers starrte seinen Sohn an. Dann sackte er ganz plötzlich in sich zusammen. Er ließ die Waffe fallen, ging in die Knie und warf den Kopf nach hinten. Dann versuchte er, die Hände nach Caleb auszustrecken, als wollte er ihn umarmen, aber er konnte nicht. Schweiß perlte von seiner Stirn, seine Gesichtszüge erschlafften, und er fiel neben mir ins Gras.
Bruder Neal lief zu Carruthers und rief: »Das Gift wirkt. Wir müssen ihn reinbringen.«
64
Am nächsten Morgen wachte ich um zehn Uhr auf und wusste weder, wo ich mich befand, noch wie ich hierher gekommen war. Die Ereignisse des vergangenen Abends flackerten auf wie Szenen aus einem Film. Mein Kopf dröhnte, ich fühlte mich benebelt, und mein Kiefer tat weh. Mehrere Zähne waren locker, mein linkes Auge zugeschwollen und meine Wange mit zwanzig Stichen genäht. Den Mund bekam ich kaum auf. Aber der brennende Schmerz, der mich nachts geplagt hatte, war weg. Als ich das erkannt hatte, setzte ich mich auf und sah, dass ich mich in einem schlichten Zimmer des Krankenhauses von Hattiesburg befand.
Officer Carlton Lee stand in der Tür und grinste aufmunternd. In der Hand hielt er einen Aktenordner und einen altmodischen Kassettenrecorder.
»Für die Provisorien, die Doc Granger gestern Abend noch eingesetzt hat, werden Sie sich Kronen machen lassen müssen, Sergeant Moynihan«, sagte er. »Und Ihre blauen Flecken können sich sehen lassen. Eine schlimme Platzwunde und eine Knochenprellung an der Wange, aber Gott sei Dank ist nichts gebrochen. Aber die Ärzte haben Sie ganz schön unter Drogen gesetzt. Sie hatten starke Schmerzen.«
»Das weiß ich immerhin noch.«
Er brachte mir ein Glas Limonade mit Strohhalm. »Essen können Sie erst später, sagt der Arzt. Also trinken Sie das. Damit Sie nicht austrocknen.«
Ich schlürfte das lauwarme Zeug, das sich doch auf einige Stellen in meinem Mund ziemlich unangenehm auswirkte, und betrachtete Carlton Lee bei Tageslicht. Er war ungefähr in meinem Alter, wettergegerbt und hatte die geschickten, schwieligen Finger eines Handwerkers.
»Was machen Sie nebenberuflich, Carlton?«, fragte ich und deutete auf seine Hände.
»Ich baue Schränke«, erklärte er grinsend. »Möbel. Vor allem aus Hickoryholz.«
»Das gefällt Ihnen wohl besser als der Job bei der Polizei?«
»Ja, aber leben kann man davon nicht«, meinte er ernst. »Wir haben drei Kinder. Außerdem ist es bei der Polizei gar nicht so schlecht. Die Leute hier sagen, ich sei fair. Hart, aber gerecht.«
»Das glaube ich gern.« Mir fiel ein, wie geschickt er am Vorabend mit Carruthers umgegangen war. »Was ist mit Ihrem Chef?«, fragte ich. »Ist er auch hier irgendwo?«
»Nein, die haben ihn gleich in der Kirche versorgt, die ganze Nacht durch«, sagte Carlton Lee. »Ich habe stündlich nach dem Rechten gesehen.«
»Haben sie ihm denn kein Serum gegeben?«
»Vermutlich nicht.« Er zuckte die Schultern. »Die verlassen sich auf Gott.«
»Er könnte sterben.«
Carlton Lee lachte und schüttelte den Kopf. »Der alte Sturkopf wurde schon öfter gebissen, als ich zählen kann. Wahrscheinlich könnte man jede Menge Serum von ihm abzapfen. Ende April, wenn die Bäume langsam verblühen, wird er fast jedes Jahr gebissen, denn da fängt er an zu saufen, macht Unfug mit Schlangen und verflucht Gott. Normalerweise behalte ich ihn in der Jahreszeit ein bisschen im Auge, aber an meinem freien Tag wollte mein Ältester mit mir am Tennessee angeln gehen. Lettie hat erzählt, dass Carruthers angerufen hatte, kurz bevor Sie kamen. Offenbar war er betrunken und hat alle möglichen Drohungen ausgestoßen, angefangen mit meinem Gehalt, über Sie, meine Ehe, bis hin zu den Mischlingskindern, die Lettie und ich noch in die Welt setzen. Jedenfalls war sie ziemlich durcheinander und hat mir aufgetragen, dass sie sich für ihr unhöfliches Verhalten bei Ihnen entschuldigen möchte.«
»Entschuldigung angenommen«,
Weitere Kostenlose Bücher