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Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Titel: Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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und angezündet worden.
    Die Uhr tickte im Gegentakt zu meinen Kaubewegungen. Und immer wieder einmal öffnete und schloss sich die Tür mit dem gleichen rhythmischen, knarrenden Geräusch, das ich aus dem Vergnügungspark von Nantasket Beach kannte, von dem Geburtstagsausflug, den mein Vater eine Woche vorher mit uns gemacht hatte. Es war das Geräusch eines chaotisch wirbelnden Karussells. Und mit jeder Sekunde, die meine Mutter hinter dieser grünen Tür verschwunden blieb, verstärkte sich das Gefühl, eingesperrt zu sein und herumgeschleudert zu werden, bis es mir förmlich die Luft abschnürte.
    Erst als meine Mutter wieder durch die grüne Tür trat, verlangsamte sich die Drehung. Ich wusste, dass sie nun eine andere war, dass wir alle nicht mehr die Gleichen waren, die noch vor kurzem die Southern Mortuary betreten hatten. Bis zu diesem Augenblick hatten wir gegen besseres Wissen und entgegen aller Versicherungen noch am Fädchen der Hoffnung gehangen, es müsse irgendeine Verwechslung vorliegen, mein Vater sei gar nicht erschossen worden, seine Leiche nicht angezündet worden, es müsse irgendein anderer Mann dort auf dem kalten, stählernen Tisch liegen, mein Dad sei einfach noch auf der Arbeit und komme bald nach Hause, dann würden wir lachen und alles wäre wieder gut, er würde im ärmellosen T-Shirt herumsitzen und eine Camel rauchen, dazu ein Miller High Life trinken, mit meinem Onkel Anthony Karten spielen, wenn der zu Besuch käme, mit meiner Mutter in der Küche tanzen und mich mit raus zum Fenway Park nehmen, wo wir mit Popcorn auf der Tribüne sitzen und Jim Rice bei seinen Line Drives zusehen würden, für immer und ewig. Amen.
    Doch dann kam meine Mutter auf wackligen Beinen heraus und blieb vor uns stehen. Sie sah um Jahre gealtert aus und zwinkerte nervös, was sie bis heute nicht mehr ganz verlassen hat. Sie schien es befremdlich zu finden, dass Christina und ich an roten Lakritzstangen lutschten, während sie sich ansah, was mit unserem Vater geschehen war. Einen Moment lang dachte ich, sie würde gleich umfallen und nie mehr wieder aufstehen. Aber sie fasste sich und kniete sich vor mich hin. Wie immer roch sie nach Lavendel. In ihren schönen großen braunen Augen standen Tränen. Sie nahm meine Hände und drückte sie so fest, dass ich beinahe aufschrie.
    »Du musst es mir versprechen, und zwar hier und jetzt, Seamus Moynihan!«, schrie sie. »Du versprichst mir, dass du nie Polizist wirst!«
    Im ersten Moment war ich zu verblüfft, um etwas zu sagen. Dann brach alles aus mir heraus, was ich zwei Tage lang zurückgehalten hatte, und ich umarmte sie schluchzend: »Ich verspreche es.«
    Es sollte nicht das einzige Versprechen bleiben, das ich einem geliebten Menschen gab, nur um es später zu brechen.

    »Ich schaffe das nicht«, sagte Sophia Cook.
    »Keine Angst, Liebes, M.C. macht das«, meinte ihr Schwiegervater.
    Eine Stunde war vergangen. Wir standen vor dem Leichenschauhaus von San Diego – einem niedrigen, bräunlichen Klinkerbau mit Flachdach, umgeben von einem Maschendrahtzaun und inmitten kleiner Industriebetriebe und Lagerhäuser gelegen, die sich auf einem heißen, staubigen Tafelberg unweit des Stadtzentrums erstreckten.
    Ich rief mir das Bild meiner Mutter im Leichenschauhaus ins Gedächtnis und nickte Sophia Cook zu. »Ich glaube, das ist eine gute Idee. Sie können hier warten, MrsCook.«
    Drinnen empfing uns Dr.Marshall Solomon. Er schüttelte M.C. die Hand, sprach ihm sein Beileid aus und geleitete uns durch einen Bürotrakt – die Schreibstube des Todes in Amerikas sechstgrößter Stadt. Über einen Flur ging es vorbei an Solomons Büro und durch eine Schwingtür in das Innerste des Leichenschauhauses. Die Böden mit makellosen kalkweißen Fliesen. Tische aus rostfreiem Stahl mit integrierten Wasserschläuchen und Abläufen. Große ovale Halogenlampen. Mikrophone über den Tischen. Waagen. Probenröhrchen. Skalpelle. Sägen. Der Geschmack roter Lakritze. Der Geruch von Lavendel. Und auf einer Bahre, die Solomon aus einem begehbaren Kühlraum herausrollte, lag die Leiche von Morgan Cook Junior.
    Stocksteif sah M.C. auf das schwärzliche Etwas herab, das einmal sein Sohn gewesen war. Sein Junge, der ein Leben geführt hatte, von dem er nichts wusste. »Wann wird er für die Beerdigung freigegeben?«
    »Übermorgen«, antwortete Solomon.
    M.C. nickte abwesend, ohne den Blick von der Leiche zu wenden. Er hob den Kopf und sah mich an, die Augen wie Granit, über den Wasser

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