Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)
Hugh Merriweather geleitet, einem grantigen Walross von einem Mann mit grauem Schnurrbart und mehr als dreißig Dienstjahren auf dem Buckel. Als ich gähnend und mit einem Kaffee in der Hand in den Konferenzraum stolperte, sah ich zu meiner Überraschung, dass auch die stellvertretende Polizeichefin Helen Adler anwesend war. Sie saß zwischen Merriweather und Lieutenant Fraiser.
Helen ist eine gut aussehende Afroamerikanerin Ende vierzig. Sie hat Jura studiert und ist die erste Frau in der Polizeigeschichte, die es bis zur stellvertretenden Polizeichefin geschafft hat. Entgegen hartnäckiger Gerüchte war dieser einzigartige Aufstieg nicht ethnischen Förderquoten, sondern harter Arbeit, Hingabe und der Aufklärung einer Serie von Prostituiertenmorden zuzuschreiben, die San Diego Anfang der neunziger Jahre erschütterten. Sie ist knallhart, fair, besitzt ein heiseres Lachen und hat eine tolle Figur. Etwa sechs Monate nach meiner Scheidung ging auch ihre Ehe unter dramatischen Umständen in die Brüche, und eines Abends endeten wir nach zu vielen Drinks in der Bugkabine der Nomad’s Chant . Einen Monat waren wir in aller Heimlichkeit ein Paar und halfen einander über eine schlimme Zeit hinweg. Danach gingen wir wieder unsere eigenen Wege. Die Trennung erfolgte in aller Freundschaft und aus Einsicht: Eine Beziehung zwischen einem weißen männlichen Sergeant mit wenig Ambitionen nach oben und einem schwarzen weiblichen Captain, der nach ganz oben will, das hatte keine Zukunft.
»Hast du das gesehen?«, fragte sie und schob mir die Daily News über den Tisch.
Auf der unteren Hälfte der Titelseite stand ein weiterer Artikel von Brett Tarentino. Jemand musste ihm gesteckt haben, dass am Tatort pornographische Darstellungen von Gruppensex gefunden worden waren. Er hatte Sophia in der Lobby des Omni Hotels aufgelauert, um sie über die Vorlieben ihres Mannes zu befragen. Wir hatten ihr versichert, Morgans Privatleben würde vorerst geheim bleiben. Sie fühlte sich betrogen und brach weinend zusammen. M.C. drehte durch, verpasste Tarentino einen Faustschlag und musste gebändigt werden.
»Was soll ich dazu sagen?« Ich zuckte die Schulter und las zu Ende. »Manchmal ist er eben ein Arschloch. Leider ist es genau diese Eigenschaft, die ihn zu einem guten Journalisten macht.«
»Ein Journalist, der auf dem Boot neben Ihrem wohnt«, warf Lieutenant Fraiser ein.
»Was wollen Sie damit andeuten?«
»Dass Sie die Plaudertasche sein könnten.«
»Sie glauben im Ernst, ich hätte Tarentino das gesteckt?«
Fraiser ließ ein kehliges Lachen hören. »Ich glaube, Sie würden so einiges für ein wenig Publicity tun.«
Der Arsch mit Ohren gehörte zu den Typen, die sich praktisch nie ein Lachen entlocken lassen – es sei denn auf meine Kosten. Selten habe ich ihn so kichern hören wie an dem Tag, an dem er zum Lieutenant ernannt wurde. Wir hatten fast vier Jahre lang konkurrierende Mordkommissionen geleitet, und es erboste ihn ohne Ende, dass mein Team besser war. Er ist einer dieser Detectives, die auf Laufarbeit setzen und nichts für kreative Analyse übrig haben. Seine Stärken: Papierkram, Zeitmanagement und pingelig eingeteilte Arbeitsschritte.
Nach meiner Überzeugung rührte seine Verbitterung daher, dass er etliche Jahre bei den Marines damit verbracht hatte, mit einem 50-Pfund-Rucksack über die staubigen Hügel von Camp Pendleton zu keuchen, um sich auf einen Kriegseinsatz vorzubereiten, zu dem er nie abkommandiert wurde: Sein Offizierspatent erhielt er kurz nach Grenada, nach Panama wurde er nicht gerufen, und bevor der Desert Storm losbrach, wurde er ausgemustert. Meine größte Angst war, dass der Rambo in ihm durchbrechen könnte, wenn er eines Tages auf einen Täter in Militärklamotten und mit arabischem Akzent stoßen sollte.
Wie auch immer, als sich die Gelegenheit bot, Lieutenant der Mordabteilung zu werden, gelang es Fraiser, unsere Vorgesetzten davon zu überzeugen, dass ich bloß ein Spinner sei, zugegeben einer mit Ermittlungstalent, aber ohne Führungsqualitäten. Gegen diese mittlerweile verfestigte Ansicht komme ich kaum noch an. So wurde der Arsch mit Ohren mein Vorgesetzter, und ich muss mich seitdem mit seinen ätzenden Kommentaren, seinem fiesen Lachen und seinen unter die Gürtellinie gehenden Gemeinheiten herumschlagen.
Ich sah ihm fest in die Augen und erwiderte: »Ich lese hier nirgends meinen Namen. Ihrer hingegen ist bei den Dementis kaum zu übersehen.«
Fraiser lief rot an und
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