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Toxin

Toxin

Titel: Toxin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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verließ den betonierten Eingangsbereich und huschte eilig an der Nordseite des Gebäudes entlang. In jedes Fenster, an dem er vorbeikam, warf er einen Blick und probierte, ob es sich öffnen ließ. Doch alle Fenster waren fest verschlossen. Als er durch das dritte Fenster spähte, sah er Aktenschränke, umgekippte Stühle und ein auf dem Tisch liegendes Telefon, das Marshas sein konnte. Genau wie die anderen war auch dieses Fenster fest verriegelt. Ohne eine Sekunde zu zögern bückte er sich und hob einen der Steine auf, mit denen der Parkplatz von den Beeten abgegrenzt war. Die Glasscheibe zersplitterte in tausend Scherben. Im nächsten Augenblick krachte der Stein mit lautem Getöse auf den Holzboden und rollte gegen ein paar umgeworfene Stühle.
     
    Carlos hielt inne und spitzte die Ohren. Er befand sich im Kopfknochenauslöseraum, dem Ort, an dem die Wangen und Zungen aus den Rinderköpfen gelöst wurden. Das Krachen des Steins, den Kim durch das Fenster geschleudert hatte, war hier nur als leiser, dumpfer Aufprall zu hören gewesen. Doch als erfahrener Einbrecher wußte Carlos, daß er unerwartete Geräusche nicht ignorieren durfte; sie bedeuteten unweigerlich Ärger.
    Er schloß den Deckel des Kombi-Behälters und schaltete das Licht aus. Dann streifte er sich den blutbefleckten weißen Kittel und die gelben Gummihandschuhe ab und verstaute die Sachen unter einem Waschbecken. Mit dem Messer in der Hand huschte er leise und flink aus dem Knochenauslöseraum hinaus in den Schlachtbereich. Nachdem er sämtliche Lichter gelöscht hatte, hielt er inne und lauschte. Normalerweise hätte er den Schlachthof über das Förderband verlassen, aber er war noch nicht ganz fertig.
     
    Kim war sehr vorsichtig durch das Fenster geklettert. Er hatte sich bemüht, möglichst nicht in die Glasscherben zu fassen, doch ganz war ihm das nicht gelungen. Er richtete sich auf und mußte zunächst ein paar Splitter aus seinen Handflächen entfernen. Danach nahm er den Raum ins Visier. Auf einem unter der Decke angebrachten Bewegungsmelder blinkte ein rotes Licht, das er jedoch ignorierte.
    Als er das auf dem Tisch liegende Handy, die umgekippten Stühle und die zerbrochene Glasscheibe in der Tür zum Hauptgang sah, wußte er sofort, daß er sich in dem Raum befand, von dem aus Marsha ihn angerufen hatte. Am anderen Ende des Raum stand eine Tür offen; vermutlich war sie in diese Richtung geflohen.
    Er rannte durch diese Tür und fand sich auf einem langen, düsteren und verlassenen Flur wieder. Er blieb stehen und lauschte. Es war absolut still. Ihm wurde immer mulmiger zumute; irgend etwas stimmte nicht.
    Er hastete den Flur entlang und öffnete jede Tür, an der er vorbeikam. Er inspizierte Vorratsräume, Putzmittelschränke, einen Umkleideraum und mehrere Toiletten. Am Ende des Gangs erreichte er den Aufenthaltsraum. Er blieb auf der Schwelle stehen. Er folgte der Spur der umgekippten Stühle, die zu einer Hintertür führte, und stieg die kurze Treppe hinauf. Mit einem Ruck riß er die Feuertür auf, ging hinein und blieb abrupt stehen, denn er wußte nicht, was er als nächstes tun sollte. Er befand sich in einem Labyrinth von Maschinen, die gruselige Schatten warfen.
    Er nahm einen widerwärtig süßlichen Geruch wahr, der ihm vage bekannt vorkam. Er überlegte, womit er ihn in Verbindung brache. Nach ein paar Sekunden wußte er es. Ihm fiel eine unangenehme Szene in seinem zweiten Studienjahr ein, als er zum ersten Mal bei einer Autopsie dabeigewesen war. Die Erinnerung daran hatte er geflissentlich verdrängt. »Marsha!« rief er verzweifelt. »Marsha!« Niemand antwortete. Außer dem Echo seiner eigenen panischen Stimme war absolut nichts zu hören. Rechts neben sich entdeckte er neben einem Feuerlöscher, einem Schlauch und einer Feuerwehraxt mit langem Stiel eine Hochleistungs-Taschenlampe. Er riß die Taschenlampe aus der Halterung und knipste sie an. Der gebündelte Lichtstrahl erhellte in dem Raum jedoch nur schmale, kegelförmige Ausschnitte.
    Dem flackernden Lichtschein folgend, erkundete er den Raum. Er bewegte sich im Uhrzeigersinn voran und wagte sich auch in den Bereich hinter den Maschinen vor. Nach ein paar Minuten blieb er stehen und rief erneut nach Marsha. Doch auch diesmal erhielt er nur das Echo seiner eigenen Stimme zur Antwort. Außerdem hörte er einen tropfenden Wasserhahn.
    Im Licht der Taschenlampe stieß er auf eine Art Rost. Er richtete den Strahl auf die Stelle. In der Mitte sah er einen dunklen,

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