Toxin
quetschte sich jetzt zwischen der Außenwand und den baumelnden Rinderhälften hindurch. Mehrere Minuten vergingen, bis er die nächste Ecke erreichte und eine Neunzig-Grad-Wende machen konnte. Auf diesem Gang kam er schneller voran. Kurz bevor er erneut den Hauptgang erreichte, der längs durch den Raum verlief, entdeckte er eine weitere Tür. Er drückte die Klinke herunter, und zu seiner Erleichterung ließ diese Tür sich öffnen. Sie führte in einen dunklen Raum. Neben der Tür befand sich ein Schalter. Kim knipste das Licht an. Er war in einem großen Lagerraum mit Stahlregalen gelandet. In der verzweifelten Hoffnung, irgend etwas zu finden, das sich als Waffe verwenden ließ, schaute er sich um. Er drehte eine schnelle Runde, hatte aber wieder kein Glück. Er fand lediglich ein paar kleinere Ersatzteile und einen Karton mit Gummistempeln, mit denen die Kontrolleure des Landwirtschaftsministeriums dem Fleisch die Gütesiegel »auserwählt«, »erste Wahl« oder »erstklassig« aufdrückten. Das einzige größere Objekt, das er erspähte, war ein Besen. Ein Besen war besser als gar nichts. Kim schnappte sich ihn und lief zurück. Als er gerade den Raum verlassen wollte, hörte er erneut die Schritte seines Verfolgers. Der Mann war nah, höchstens drei Meter entfernt. Er kam den Hauptgang entlang, der sich direkt um die Ecke befand!
Panisch zog Kim die Tür des Vorratsraum so leise und schnell wie möglich zu. Den Besenstiel mit beiden Händen umklammernd drückte er sich rechts neben der Tür flach an die Wand. Die Schritte hielten inne. Kim hörte den Mann fluchen. Dann waren die Schritte wieder da. Sie wurden immer lauter und stoppten direkt vor der Tür.
Kim hielt die Luft an und klammerte sich am Besen fest. Für einen qualvollen Augenblick passierte nichts. Dann sah er, wie der Türgriff langsam nach unten gedrückt wurde. Der Mann kam rein!
Kims Herz jagte. Die Tür wurde aufgerissen. Als der Mann über die Schwelle trat, biß er die Zähne zusammen, nahm den Besen quer und holte aus. Er traf seinen Verfolger mit voller Wucht mitten ins Gesicht. Der Mann taumelte rückwärts aus der Tür. Er hatte nicht mit dem Angriff gerechnet und ließ das Messer fallen. Es kam scheppernd auf dem Boden auf. Den Besen noch immer in der linken Hand haltend, hechtete Kim hinter dem Messer her. Als er es zu fassen bekam, mußte entsetzt feststellen, daß es nicht das Messer, sondern eine Taschenlampe war.
»Keine Bewegung!« brüllte jemand.
Kim richtete sich auf und starrte in den blendenden Lichtstrahl einer anderen Taschenlampe. Instinktiv hob er die Hand und schirmte seine Augen ab. Jetzt sah er auch den am Boden liegenden Mann. Es war nicht der Mexikaner, sondern ein ganz anderer Mann. Er trug ein braunes Higgins-und-Hancock-Hemd. Offenbar hatte er den Nachtwächter umgenietet. Der Mann hielt sich beide Hände vors Gesicht. Aus seiner Nase strömte Blut.
»Lassen Sie den Besen fallen!« brüllte ihn jemand an. Kim ließ die Taschenlampe und den Besen los. Beides fiel krachend auf den Boden.
Der grelle Strahl wurde daraufhin ein wenig nach unten gesenkt. Vollkommen baff und erleichtert registrierte Kim, daß vor ihm zwei Polizisten standen. Der Polizist, der keine Taschenlampe hielt, hatte seine Pistole im Anschlag und zielte direkt auf ihn.
»Gott sei Dank!« brachte Kim hervor, obwohl er direkt in den Lauf eines Revolvers starrte, der keine drei Meter entfernt auf ihn gerichtet wurde.
»Halten Sie den Mund!« fuhr der Polizist mit der Waffe ihn an. »Kommen Sie raus, und stellen Sie sich mit dem Gesicht zur Wand!«
Kim folgte dem Befehl nur zu gern. Er verließ den Lagerraum und legte die Hände so an die Wand, wie er es in Gangsterfilmen gesehen hatte.
»Durchsuch ihn!« befahl der eine Polizist seinem Kollegen. Kim spürte, wie er an Armen, Beinen und Oberkörper abgetastet wurde. »Er ist sauber.«
»Drehen Sie sich um!«
Kim folgte der Aufforderung mit erhobenen Händen; schließlich wollte er nicht, daß die Polizisten seine friedliche Absicht anzweifelten. Die beiden Männer standen jetzt so nah vor ihm, daß er ihre Namensschilder entziffern konnte. Der Mann mit der Pistole hieß Douglas Foster. Der andere war Leroy McHalverson. Der Nachtwächter hatte sich inzwischen aufgerappelt und betupfte seine verbogene Nase mit einem Taschentuch. Das Metallstück des Besens hatte sein Nasenbein mit einer solchen Wucht getroffen, daß es gebrochen war. »Leg ihm Handschellen an!« forderte Foster seinen
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