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Toxin

Toxin

Titel: Toxin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Trumbull und George Constantine waren beide Anfang Siebzig. Für ihre langjährige Arbeit als freiwillige Helfer im University Medical Center hatte man ihnen den prestigeträchtigen Orden »Freunde des Krankenhauses« verliehen. Martha trug die Auszeichnung stolz auf der Brusttasche ihres pinkfarbenen Freiwilligen-Blazers, George trug sie am Revers seines dunkelblauen Freiwilligen-Jacketts. Der Lieblingseinsatzort von Martha und George war der Informationsschalter in der Eingangshalle. Besonders gerne arbeiteten sie am Sonntag, wenn sie den Schalter ganz für sich allein hatten. Unter der Woche war ein Krankenhausangestellter für den Schalter verantwortlich.
    Da sie ihre Aufgabe sehr ernst nahmen, wußten sie im Krankenhaus nicht nur so gut Bescheid wie in ihren eigenen Häusern, sondern sie kannten auch die gesamte Belegschaft beim Namen. Als sie Kim auf den Fahrstuhl zusteuern sahen, glaubten sie beide, ihn erkannt zu haben; hundertprozentig sicher waren sie jedoch nicht.
    Martha sah George an. »Ist das Dr. Reggis?« flüsterte sie. »Ich glaube ja«, erwiderte George. »Was er allerdings mit seinem weißen Kittel veranstaltet hat, ist mir ein Rätsel. Vielleicht mußte er einen Reifen wechseln.«
    »Ich finde, sein Bart sieht noch viel schlimmer aus als sein Kittel. Darauf sollte man ihn eigentlich aufmerksam machen. Er ist doch so ein gutaussehender Mann.«
    »Warte mal«, rief George plötzlich. »Sollten wir nicht Dr. Biddle Bescheid geben, sobald wir Dr. Reggis sehen?«
    »Das war doch gestern. Meinst du, die Anweisung gilt auch noch für heute?«
    »Wir sollten es lieber nicht drauf ankommen lassen«, entgegnete George und griff zum Telefon.
     
    Zu Kims Erleichterung war der Fahrstuhl leer, als er einstieg, und bis zur OP-Etage stieg auch niemand zu. Auf seinem Weg durch den OP-Aufenthaltsraum hatte er nicht ganz soviel Glück. Die gerade Kaffeepause machenden OP-Schwestern und Anästhesisten starrten ihn neugierig an, sagten aber kein Wort.
    Er war froh, als er die Tür des Umkleideraums hinter sich geschlossen hatte und den neugierigen Blicken entkommen war. Er nahm seine Krankenhaus-Kennkarte, ein paar Zettel, Stifte und OP-Klebeband aus den Taschen, zog sich aus und warf die Kleider in den Wäschekorb.
    Als er sich nackt im Spiegel erblickte, fuhr er vor Schreck zurück. Sein Gesicht sah schlimmer aus, als er gedacht hatte; es war mit dichten, schwarzen Stoppeln übersät, die längst nicht mehr als nachmittäglicher Bartansatz durchgingen, aber auch noch keinen Bart darstellten. Seine Haare waren fettig; vorne klebten sie ihm platt auf der Stirn, hinten standen sie zu Berge. Er sah aus, als käme er gerade aus dem Bett. Er öffnete sein Schließfach, nahm die Toilettenartikel heraus und rasierte sich schnell. Dann ging er mit einer Flasche Shampoo unter die Dusche.
    Als er sich gerade die Haare wusch und den Kopf unter dem Wasserstrahl hatte, meinte er, seinen Namen zu hören. Die Augen wegen des Schaums geschlossen haltend, beugte er sich ein Stück nach vorn und spitzte die Ohren. Es rief tatsächlich jemand nach ihm. Die Stimme klang respekteinflößend und nicht gerade freundlich.
    Er spülte das restliche Shampoo vom Kopf und linste in Richtung Duscheingang. Auf der gefliesten Seite standen Dr. Forrester Biddle der Leiter der Herzchirurgie, und Dr. Robert Rathborn, der Personalchef. Nebeneinander stehend bildeten die beiden ein kurioses Paar: Im Gegensatz zu dem asketischen, ausgemergelten Biddle, war Rathborn die personifizierte Völlerei.
    »Dr. Reggis«, wiederholte Rathborn, als er sicher war, daß Kim ihn hörte, als Personalchef ist es meine Aufgabe, Sie darüber in Kenntnis zu setzen, daß wir Ihnen die Erlaubnis zur Behandlung von Patienten in unserem Krankenhaus bis auf weiteres entzogen haben.«
    »Finden Sie es nicht etwas unangebracht, eine solche Unterhaltung mit mir zu führen, während ich unter der Dusche stehe?« fragte Kim. »Oder wollten Sie mich absichtlich nackt erwischen?«
    »Ihr loses Mundwerk ist hier mehr denn je fehl am Platz«, fuhr Biddle ihn an. »Ich habe Sie gewarnt, Dr. Reggis!«
    »Und Sie konnten nicht noch fünf Minuten warten?« fragte Kim.
    »Wir waren der Meinung, daß wir Sie so schnell wie möglich informieren sollten«, erklärte Rathborn. »Und was sind die Gründe für meinen Rausschmiß?« fragte Kim.
    »Obstruktives Verhalten während der kardiopulmonalen Wiederbelebungsversuche an Ihrer Tochter«, erwiderte Rathborn. »Drei Ärzte und zwei

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