Toxin
allmählich zum Wahnsinn, vor allem natürlich Mrs. Arnold.«
»Freut mich«, entgegnete Ginger spitz.
»Was ist denn jetzt schon wieder los?« fragte Kim. Während seiner morgendlichen Visite war er mit einer der Schwestern angeeckt, und er wollte doch endlich mal einen streßfreien Tag verbringen.
»Eigentlich hatte ich bei dir übernachten wollen«, erwiderte Ginger. »Ich finde es wirklich nicht fair, daß…«
»Hör auf damit!« fuhr Kim sie an. »Nicht schon wieder dieses Thema! Ich kann den Unsinn nicht mehr hören. Zu allem Übel fühlt sich auch noch Becky heute morgen etwas angeschlagen.«
»Was hat sie denn?« Ginger klang ehrlich besorgt.
»Nichts Schlimmes«, erwiderte Kim. »Sie hat Magenschmerzen.« Weiter kam er nicht, denn er hörte Becky die Treppe herunterpoltern. »Oh, sie kommt«, sagte er. »Paß auf, Ginger. Wir treffen uns nachher auf der Eisbahn im Einkaufszentrum, Tschüs!«
Als er auflegte, erschien Becky schon in der Küche. Sie hatte sich seinen Bademantel angezogen. Er war ihr viel zu groß und schleifte über den Boden; die Ärmel reichten ihr bis zur Wade.
»Auf dem Tisch stehen Müsli, Milch und Saft«, sagte Kim. »Geht es dir ein bißchen besser?« Becky schüttelte den Kopf. »Was möchtest du essen?«
»Nichts«, erwiderte Becky.
»Aber irgend etwas mußt du zu dir nehmen«, insistierte Kim. »Soll ich dir ein bißchen Pepto-Bismol geben?« Becky verzog angewidert das Gesicht. »Dann trinke ich lieber einen Schluck Saft.«
In den Geschäften im Einkaufszentrum wurden gerade die ersten Rollgitter hochgezogen, als Kim und Becky durch die Passage gingen, die zur Eisbahn führte. Zwar hatte Kim nicht mehr nachgehakt, doch er war ziemlich sicher, daß es Becky schon wieder besserging. Sie hatte schließlich doch noch ein wenig Müsli gegessen, und im Auto hatten sie sich munter unterhalten.
»Siehst du mir beim Training zu?« fragte sie. »Das hatte ich eigentlich vor«, erwiderte Kim. »Ich bin schon ganz gespannt auf deinen dreifachen Axel.« Als sie die Eisbahn fast erreicht hatten, gab er seiner Tochter die Schlittschuhe. Ein Piff verkündete das Ende des gerade stattgefundenen Kurses.
»Das nenne ich perfektes Timing«, stellte Kim fest. Während Becky sich auf eine Bank setzte und ihre Schnürsenkel löste, sah Kim sich nach den anderen Eltern um; es waren vorwiegend Mütter da. Plötzlich traf sich sein Blick mit dem von Kelly Anderson. Obwohl es noch früh am Morgen war, hatte sie sich in Schale geworfen, als wäre sie unterwegs zu einer Modenschau. Ihre Haare lagen so perfekt, als käme sie gerade vom Friseur. Sie lächelte ihn an. Kim sah weg. Ein Mädchen in Beckys Alter kam zu ihnen herübergelaufen, verließ die Eisbahn und ließ sich mit einem kurzen »Hi!« neben Becky auf die Bank plumpsen. Becky grüßte zurück. »Da ist ja mein Lieblings-Herzchirurg.«
Kim drehte sich um und stellte zu seinem Entsetzen fest, daß Kelly vor ihm stand.
»Haben Sie schon meine Tochter kennengelernt?« fragte Kelly.
Kim schüttelte den Kopf.
»Caroline, sag Dr. Reggis doch guten Tag!« forderte sie ihre Tochter auf.
Obwohl Kim auf eine Unterhaltung mit Kelly keinerlei Wert legte, begrüßte er Caroline freundlich und machte Kelly dann mit Becky bekannt.
»Was für eine schöne Überraschung, Sie schon wieder zu treffen!« sagte sie, nachdem sie Becky begrüßt und sich wieder aufgerichtet hatte. »Haben Sie gestern abend meinen Beitrag über die Krankenhauszusammenlegung gesehen? Er kam in den Elf-Uhr-Nachrichten.«
»Nein«, erwiderte Kim.
»Schade!« sagte Kelly. »Er lief zu einer Top-Sendezeit. Und wie ich gehört habe, soll ihr vernichtendes Urteil über die Zusammenlegung allen anderen die Schau gestohlen haben. Die Telefonleitungen sind fast zusammengebrochen, und genau das liebt unser Sendechef.«
»Erinnern Sie mich bitte beim nächsten Mal daran, daß ich kein Wort mehr mit Ihnen spreche«, entgegnete Kim. »Vorsichtig, Dr. Reggis«, sagte Kelly entzückt, »sonst beleidigen Sie mich noch.«
»Kim!« rief plötzlich jemand von der anderen Seite der Eisbahn. »Hier bin ich!«
Ginger war im Anmarsch und winkte wild gestikulierend, während sie die Bahn umrundete und auf Kim und Kelly zukam. Sie war Anfang Zwanzig und wirkte mit ihrem blonden Haar und ihren spinnenhaften Beinen wie eine Elfe. Wenn sie nicht arbeitete, legte sie Wert darauf, sich locker und sexy zu kleiden. An diesem Morgen trug sie eine enge Jeans und ein knappes Top, das ihre schmale
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