Toxin
aus, ging um den Wagen herum und öffnete die Beifahrertür. Becky hatte sich in eine Decke gehüllt und sie so weit hochgezogen, daß sie über ihrem Kopf eine Art Kapuze bildete. Kim half ihr aus dem Auto und legte auf dem Weg zur Haustür den Arm um ihre Schulter. Sie hatte den ganzen Tag auf dem Sofa gelegen und ferngesehen. Kim klingelte und wartete. Tracy öffnete und wollte gerade überschwenglich ihre Tochter begrüßen, als sie plötzlich innehielt und die Stirn runzelte. »Wieso brauchst du diese Decke?« fragte sie, während sie in Erwartung einer Antwort zuerst Kim und dann Becky ansah. »Kommt rein!«
Becky trat ein, Kim folgte ihr. Tracy schloß die Tür. »Was ist los?« wollte Tracy wissen und zog Becky einen Zipfel der Decke aus dem Gesicht. »Du siehst blaß aus. Bist du krank?«
Becky traten Tränen in die Augen. Als Tracy sie sah, schloß sie ihre Tochter sofort beschützend in die Arme. Gleichzeitig warf sie Kim einen finsteren Blick zu. »Sie fühlt sich nicht gut«, gab Kim zerknirscht zu. Tracy hielt Becky auf Armeslänge von sich weg und musterte nochmals ihr Gesicht. Becky wischte sich die Tränen aus den Augen. »Du bist ja kreidebleich«, stellte Tracy fest. »Was hast du denn?«
»Nur eine leichte Magen-Darm-Verstimmung«, antwortete Kim für seine Tochter. »Wahrscheinlich hat sie eine leichte Lebensmittelvergiftung. Das glaubt zumindest der Krankenhaus-Kinderarzt, mit dem ich gesprochen habe.«
»Und warum ist sie kreideweiß, wenn sie nur eine leichte Verstimmung hat?« wollte Tracy wissen und fühlte Beckys Stirn. »Sie hat kein Fieber«, erklärte Kim. »Nur Durchfall und hin und wieder ein paar Krämpfe.«
»Hast du ihr irgendein Mittel gegeben?« fragte Tracy. »Natürlich«, erwiderte Kim. »Zuerst habe ich es mit Pepto-Bismol versucht, und als das nicht wirkte, habe ich ihr Imodium gegeben.«
»Hat es geholfen?« fragte Tracy. »Ein bißchen«, erwiderte Kim. »Ich muß auf die Toilette«, jammerte Becky. »Okay, mein Schatz«, sagte Tracy. »Geh nach oben. Ich bin in einer Minute bei dir.«
Becky hob die Decke ein wenig an und lief die Treppe hinauf. »Mein Gott, Kim!« wandte Tracy sich mit vor Wut gerötetem Gesicht an ihren Ex-Mann. »Du hast sie keine achtundvierzig Stunden bei dir gehabt, und schon ist sie krank. Was hast du bloß mit ihr angestellt?«
»Nichts Ungewöhnliches«, erwiderte Kim. »Ich hätte eben doch nicht wegfahren dürfen«, nörgelte Tracy weiter.
»Jetzt mach aber mal einen Punkt!« entgegnete Kim, der nun ebenfalls wütend wurde. »Sie hätte genausogut krank werden können, wenn du hiergeblieben wärst. Wenn sie sich einen Virus eingefangen hat, kann sie sich lange vor deinem Wochenendtrip angesteckt haben.«
»Hast du nicht gerade noch von einer Lebensmittelvergiftung gesprochen?« fragte Tracy.
»Das hat der Kinderarzt nur vermutet«, erklärte Kim, »weil sich jedes Jahr unzählige Menschen so eine Vergiftung zuziehen.«
»Hat Ginger am Wochenende gekocht?« wollte Tracy wissen. »Natürlich hat sie gekocht«, erwiderte Kim. »Gestern abend hat sie uns Hähnchen gemacht.«
»Hähnchen!« rief Tracy entsetzt. »Das hätte ich mir ja denken können. Dann wissen wir ja, warum es Becky so schlechtgeht.«
»Ist ja auch die einfachste Lösung, Ginger die Schuld in die Schuhe zu schieben«, ereiferte sich Kim. »Du hast einen richtigen Haß auf sie, nicht wahr?«
»Überhaupt nicht«, erwiderte Tracy. »Jedenfalls nicht mehr. Inzwischen ist sie mir vollkommen egal. Aber du mußt ja wohl zugeben, daß sie noch sehr jung ist und nicht gerade viel Erfahrung in der Küche hat. Erfahrene Mütter wie ich wissen nämlich, daß man mit Hühnerfleisch äußerst vorsichtig sein muß.«
»Klar«, entgegnete Kim verächtlich. »Du weißt ja alles besser. Aber zu deiner Information - Becky hat von dem Essen fast nichts angerührt. Außerdem fühlt sie sich schon seit Samstag morgen nicht gut. Wenn sie also tatsächlich eine Lebensmittelvergiftung hat, hat sie sich die im Onion Ring auf dem Prairie Highway geholt, diesem Schuppen, mit dem dein neuer Freund vor Becky herumprotzt, daß er angeblich ihm gehört.« Tracy griff nach der Türklinke und riß die Haustür auf. »Gute Nacht, Kim!« sagte sie in einem scharfen Ton. »Ich bin noch nicht fertig«, fauchte Kim. »Ich finde es ziemlich mies, daß du mich Becky gegenüber als eine Art Unmensch hinstellst, weil ich sie ermutige, an der Eiskunstlaufmeisterschaft teilzunehmen.«
»Ich habe hinsichtlich
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