Tradingpsychologie
die älteste Schutzfunktion des Menschen. Sie wird in bedrohlichen Situationen als ein Gefühl von Besorgnis und Gefahr empfunden. Ohne den schnellen und sensiblen Angstmechanismus wäre der Mensch in der Evolution wohl nicht dahin gekommen, wo er heute ist. Der Angstmechanismus ist ein Reflex, der vor Lebensgefahr warnen soll. Besonders die objektbezogene Angst (ein bissiger Hund läuft auf mich zu) löst einen körperlichen Reflex aus in Form von Kampf, Flucht oder Erstarrung. Da das Angstzentrum sehr sensibel reagiert, kommt es häufig zum sogenannten »Fehlalarm«.
Sinnvolle Ängste sind Ängste, die den Menschen vor lebensgefährlichen Situationen schützen sollen. Kurz gesagt: bei allen Ereignissen, in denen ganz offensichtlich Leib und Leben eines Menschen in Gefahr sind. Da sie über Tausenden von Generationen lang ein wesentlicher Bestandteil unseres Körpers wurden, kann man auch von genetischen Ängsten sprechen. Sie haben den Sinn, das menschliche Leben vor dem Tod zu schützen, damit die Art erhalten werden kann.
Ängste entstehen im Angst- und Panikzentrum, der schon erwähnten Amygdala. Sie befindet sich im ältesten Teil unseres Gehirns, dem Stammhirn, auch Reptiliengehirn genannt. Sie entziehen sich unserer bewussten Kontrolle, was beim Trading immer wieder zu zahlreichen Problemen führt. Der neurologische Ablauf verläuft in der Regel so: Wir sehen etwas, diese Information trifft auf die Netzhaut unserer Augen. In unzähligen Nervenimpulsen verschlüsselt rasen diese Daten über den Sehnerv. Sie erreichen nach 50 Millisekunden die Nervenzellen des Talamus, eine Art Prüfabteilung unseres Bewusstseins. Droht Gefahr, funkt der Talamus das Bild zur Sehrinde in den Hinterkopf und parallel zur Amygdala – der Panikschalter in unserem Kopf. Die Amygdala löst sofort die Schreckmotorik aus, das heißt, bei Angst beginnen wir uns nach nur 150 Millisekunden zu bewegen, ohne zu wissen, warum. Denn das Bild in unserem Kopf wird jetzt noch zusätzlich vom Unterbewusstsein in seine einzelnen Bestandteile und die entsprechenden Informationen zerlegt. Diese Ergebnisse gelangen zur sogenannten Datenbank unserer Erfahrungen und veranlassen uns zu den dazu abgespeicherten und passenden Denk- und Verhaltensmustern.
Sinnlose Ängste
Oftmals werden zahlreiche Lebensbereiche eines Menschen durch sinnlose Ängste eingeschränkt. Das passiert am häufigsten durch eigene Erfahrungen, die gemacht werden (Konditionierung) und/oder durch Beobachtungen anderer (lernen am Modell). Sieht ein Kind etwa, wie die Mutter immer wieder übertrieben große Angst vor Spinnen hat, wird das Kind diese Spinnenangst mit großer Wahrscheinlichkeit von der Mutter übernehmen (erlernte Angst). Da man vor Spinnen in der Regel keine Angst haben muss, ist diese Angst sinnlos.
Fasst ein Kind auf eine heiße Herdplatte und verbrennt sich dabei die Finger, wird es vermutlich künftig Angst vor Herdplatten haben (Konditionierung). Geht man jedoch sorgsam mit heißen Herdplatten um, braucht man keine Angst vor Herdplatten zu haben. Diese Angst ist also eine sinnlose Angst, weil Herdplatten an sich nicht gefährlich sind und somit auch keine Angst verursachen müssen.
Auf das Thema Trading übertragen bedeutet dies, dass ein Trader eigentlich keine Angst vor Verlusten haben müsste. Zumal dann nicht, wenn das Geldrisiko sinnvoll gewählt ist. Dennoch führen Geldverluste immer wieder zu Ängsten und damit verbunden zu Fehlverhalten. Folglich kann sich rasch eine Negativspirale entwickeln, die zu noch größeren Verwerfungen beim Trading führen. Ein Beispiel: Sie traden ein gutes Einstiegssignal. Die Chance Gewinn zu Verlust liegt bei 5:1. Sie könnten also das Fünffache von dem gewinnen, was Sie verlieren könnten. Sie werden bei dem Trade ausgestoppt, steigen aber erneut wieder ein, weil das Signal noch Sinn macht. Was richtig ist, da die Chancen ja die gleichen geblieben sind. Dann werden Sie ein zweites Mal ausgestoppt. Nun verlässt Sie der Mut, ein drittes Mal das Signal aufzunehmen, und ignorieren das Setup. Ihr Gedanke hierzu ist: »Ach, das wird sowieso nichts! Ich will hier ja nicht einen Minus-Trade nach dem nächsten machen. Da habe ich ja bald kein Geld mehr auf dem Konto!« Bei diesem Gedanken spüren Sie eine unbestimmte Angst. Dieses Gefühl bestätigt Sie unbewusst darin, das Richtige zu tun. Sie ignorieren das Setup und Ihre Angst löst sich auf. Einige Zeit später sind Sie neugierig und wollen wissen, was aus Ihrem
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