Tradingpsychologie
Börsenzeitschrift und guckte mir auch nie wieder eine dieser Börsensendungen im Fernsehen an. Ich begriff, dass die Kurse die Nachrichten machten, aber die Nachrichten nicht die Kurse. Es mag Ausnahmen geben, aber die sind so selten wie profitable Trading-Anfänger. Vielleicht auch gerade deshalb.
Es gab nur einen plausiblen Grund, warum die Kurse an den Börsen stiegen oder fielen: weil es entweder mehr oder weniger Käufer oder Verkäufer für ein Wertpapier gab. Wer sie sind, weiß niemand, nicht einmal der Reporter oder die Reporterin im Fernsehen! Also der sogenannte Experte.
Doch die Macht, die diese Medien mit ihrer Omnipräsenz ausüben, können die Kaufentscheidungen der unwissenden Kleinanleger maßgeblich beeinflussen.
Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Klienten, der 2008 zu mir kam, weil er unter einem Finanztrauma litt. Ausgelöst durch einen renommierten »Banken-Experten«, der in einer sehr bekannten TV-Börsensendung ein Interview gab. Er empfahl den Zuschauern einen Zertifikate-Korb, bestehend aus vier »Top-Banken«, zu kaufen: »Das sind jetzt Kaufkurse, jetzt, wo die Kurse etwas zurückgekommen sind. Da kann nichts passieren, die Stoppbarriere ist so weit weg, da braucht man keine Angst zu haben. Das Zertifikat lässt man liegen und freut sich irgendwann über die Gewinne!« Da war er sich sicher. Einige Monate später hatte sich nicht nur das Zertifikat, sondern auch eine der vier Banken in Luft aufgelöst. Und der Rückkaufspreis des Zertifikates wurde nach der Entwicklung der Aktie mit der schlechtesten Performance bemessen. Schlechter ging es nicht. Das Geld meines Klienten war verloren.
Dieses Beispiel von sogenannten Experten zeigt, wie sicher ihre Aussagen sind. Nämlich gar nicht. Es ist nur eine Meinung von vielen, mehr nicht. Und man darf nicht vergessen, dass Experten meistens ein persönliches Interesse daran haben, Werbung für eine Aktie oder ein Produkt zu machen. Wenn Bankanalysten in die Börsenwelt hinausposaunen, man solle jetzt unbedingt Aktie XY verkaufen, dann ist es gut möglich, dass die Bank selbst ein Interesse daran hat, den Kurs zu drücken, um die Stücke günstiger wieder zurückzukaufen.
Ein Experte ist auch nur ein Mensch, eben einer mit seiner eigenen Meinung. Doch allzu oft glauben die Anleger und Trader, dass jene die absolut sichere Antwort auf die Frage »Wohin geht der Kurs von XY?« kennen. Niemand weiß das. Und wer so tut, als ob er es wüsste, dem sollte man erst recht nicht trauen!
Denken Sie nur an die weltweite Finanzkrise dieses Jahrhunderts. Keiner der ausgebildeten Ökonomen auf dieser Welt hat die Finanzkrise exakt voraussagen können. Das gilt für das Timing der Immobilienblase und den Zerfall der Credit Default Swaps genauso. Man könnte auch sagen: Nie zuvor hat eine Expertengemeinde zuverlässiger versagt. Analysen zu einem bestimmten Wert oder zu bestimmten Geschehnissen sind letztlich nicht mehr und nicht weniger als die persönliche Meinung desjenigen, der sie äußert. Mehr nicht! Bei einer Recherche wird man erkennen können, dass Analysten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Die Chance, dass sie eintreffen können, steht bei allen Analysen 50:50. Und weil das so ist, sollte man besser nur einen sehr geringen Betrag investieren, um mit Glück etwas Gewinn zu erwirtschaften oder nur einen kleinen Verlust hinzunehmen. Wesentlich klüger wäre es, eigene Analysen zu erstellen. Das ist zwar aufwendiger, aber solider. Viele machen sich diese Arbeit nicht, weil ihnen das nötige Fachwissen zum Marktgeschehen fehlt und sie die Mühe scheuen, die das Erlernen desselben bereitet. Andere wollen keine Entscheidung fällen und die Konsequenzen tragen. Sie wollen heute traden, sind aber nicht bereit, den steilen Berg der Trader-Ausbildung zu erklimmen, der meist viele Jahre dauert. Wer keine Meinung hat oder ein ungenügendes Fachwissen, der sucht eben bei anderen. Das ist okay, solange man auch mit den Analysen, Meinungen und Resultaten anderer leben will! Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Fremdanalysen immer eine Scheinsicherheit verkaufen. Profi-Trader verlassen sich nicht auf die Analysen anderer, sondern nur auf ihre eigenen.
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Wer sich anfangs mit dem Thema Trading beschäftigt, der findet ein übergroßes Angebot an Informationen. Besonders das Internet ist voller Ideen und Ratschläge, wie man den Börsenhandel professionell angehen sollte. In Trader-Foren verbreiten unzählige Händler
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