Tränen aus Gold
zukomme, mit Höhergestellten zu speisen, konnte sie sich nicht verkneifen. »Ich dachte, Ihr würdet unten in der Küche essen.«
»Irrtum, Frau Hanz«, erklärte Elise schnippisch, der ihre Anmaßung missfiel.
»Dann wünscht Ihr, daß ich noch ein Tablett bringe?«
»Natürlich!« Elise wurde ungeduldig. »Und zwar rasch. Ach, und sagt Dietrich, er möge noch mehr Wasser aufwärmen. Nach dem Essen möchte ich auch baden.«
Maxim, der die Notwendigkeit nicht einsah, die Wanne ein zweites Mal zu füllen, meinte arglos: »Meine Liebe, du brauchst nicht zu warten. Wir können uns die Wanne teilen.«
Frau Hanz blieb vor Empörung die Luft weg: Sie trat ein paar Schritte vor, um das Tablett auf den Tisch zu knallen, und machte sofort wieder kehrt, angewidert von der Sittenlosigkeit, deren Zeugin sie soeben geworden war. Leise vor sich hinmurmelnd, schritt sie so gewichtig den Gang entlang, daß Mauern und Boden unter ihren Schritten zu erbeben schienen.
Als Lady Elise ihren Gemahl mit einem strafenden Blick bedachte, wäre Fitch vor unterdrücktem Lachen fast geplatzt, doch hielt er sich wacker zurück.
»Ich gehe jetzt«, verkündete er laut, als er ein Stirnrunzeln seines Herrn bemerkte; es konnte nämlich vorkommen, daß allein ein Blick des Marquis genügte, um einem Beine zu machen. Schleunigst verließ er den Raum und schloß die Tür hinter sich.
»Nun, Mylady…« Maxim stützte die Arme auf den Wannenrand und lehnte sich zurück, den Blick auf die anmutige Gestalt seiner Frau gerichtet. »Wir haben alle Zeit der Welt und brauchen die lange, kalte Nacht vor uns nicht zu fürchten. Komm und ziere das Bad deines Gatten mit deiner Anwesenheit, damit mein Blut bei deinem Anblick in Wallung gerät.«
Mit verführerischem Lächeln hob Elise die Arme und faßte ihr Haar wieder zu einem Knoten zusammen. Nur einen Moment brauchte sie, um die Tür zu verriegeln und das Tablett ans Feuer zu stellen, wobei sie bemerkte, daß soviel gebracht worden war, daß es für beide reichte. Sie ließ sich am Bettrand nieder, um die Schuhe abzustreifen, dann hob sie die Röcke und gestattete ihm einen freizügigen Blick auf ihre schlanken Beine, während sie die Strümpfe herunterrollte. Als sie zu ihm in die Wanne stieg, glitt sein verzehrender Blick bewundernd über ihre Nacktheit. Dann ließ sie sich nieder und kam willig in seine Arme. Das feuchte, glatte Gefühl ihrer aneinandergepreßten Körper auskostend, küßte er sie mit dem verschwenderischen Geschick eines Mannes, der sich viel Zeit läßt.
Ein Klopfen an der Tür störte sie auf. Maxim hob widerwillig den Kopf. »Wer ist da?«
»Mein Herr, ich bringe noch ein Tablett mit Speisen«, ließ sich Frau Hanz vernehmen. »Soll ich es hineinbringen?«
»Ihr könnt wieder gehen«, befahl Maxim. »Wir sind beschäftigt.«
»Aber Fräulein Radborne sagte…«
»Sie heißt jetzt Frau Seymour«, berichtigte Maxim scharf.
Frau Hanz faßte sich an die Kehle. Seine Lordschaft hatte doch gewiß zuviel Verstand, um nicht dieses unwürdige Geschöpf zur Frau zu nehmen. »Mein Herr… soll das heißen, daß Mistreß Radborne jetzt Frau Seymour ist?«
»Dummes Weibsstück, muß ich noch deutlicher werden?« donnerte er. »Sie ist jetzt Lady Seymour! Und jetzt geht, und laßt uns in Ruhe. Ich möchte nicht gestört werden, bis ich Euch wieder rufe. Verschwindet!«
»Wie Ihr wünscht, Mylord«, erwiderte Frau Hanz geknickt und mit bebender Stimme. Wahrlich ein trauriger Tag, an dem ein Hochgeborener sich herabließ, seinen Namen einem gewöhnlichen Gassenmädchen zu geben.
»Lady Seymour«, wiederholte Elise verträumt. Sie schlang die Arme um den Hals ihres Mannes und fuhr ihm mit einem Finger durch das braune Haar. »Das hört sich gut an.«
»Sehr wohl, Mylady«, hauchte er, während er mit offenem Mund ihren weißen Hals liebkoste. »Keine andere hätte diesem Namen soviel Ehre gemacht.«
Verwundert sah sie ihn an. »Nicht einmal Arabella?«
»Du bist es, die ich liebe, und keine andere«, versicherte er und wurde mit einem strahlenden Blick belohnt.
***
Gnadenlos hüllte der unablässig tobende Sturm das Land in eine weiße Wolke. In der Wärme und Geborgenheit der Räumlichkeiten, die nun als Gemächer der Herrschaft dienten, kümmerte sich das junge Paar wenig um das Tosen des Sturmes und gab sich dem Glück des Augenblicks hin. Sie lagen im Bett und genossen müßig die Morgenruhe. Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, seit sie ihre Nähe gekostet hatten. Ihre
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