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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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kopfsteingepflasterten Straße hielten sie kurz inne; dann wurde die Kiste hochgeschwungen, und Elise spürte einen schweren Schlag, als die Kiste auf einer höheren Unterlage landete. Die Männer hatten die Seile fallen lassen. Das Rattern, Holpern und Schwanken verrieten ihr, daß die Kiste auf einem kleinen Handkarren weiterbefördert wurde. Ihr Argwohn wuchs, als sie merkte, welch verschlungene Pfade man wählte und wieviel garstige Flüche und gedämpfte Anweisungen nötig waren. Diesen Männern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, zuckte sie bei jedem Stoß zusammen und stützte sich seitlich ab, um Schlimmeres zu verhindern.
    Plötzlich mußte der Karren mit einem Rad in eine Spur geraten sein und blieb stecken. Die Kiste aber rutschte weiter, so daß Elise einige atemlose Sekunden lang fürchtete, ihre beengte Welt schwanke am Rande eines unbekannten Abgrunds, bis die Kiste wieder sicher auf dem Karren auflag. Sie hörte, wie die Männer aufatmeten, und ein Geräusch von aufspritzendem Wasser verriet ihr, daß es für sie günstiger sein mochte, nicht zu wissen, was passiert war. Wenn sie daran dachte, daß die Kiste in den dunklen Fluten der Themse hätte versinken können…
    Noch einmal wurde die Kiste gehoben und unter Ächzen über etwas getragen, das sich hohl anhörte. Schließlich wurde die Kiste an Bord eines, wie Elise vermutete, kleinen Schiffes abgestellt, möglicherweise desselben Bootes, mit dem sie nach London gekommen waren. Sie vernahm das leise Schwappen des Wassers an den Seiten und gleich darauf das Knirschen der Ruder, als sie abstießen. Stunden schienen zu vergehen, ehe wieder gedämpftes Stimmengewirr die Stille durchbrach. Die Kiste wurde gekippt, erst auf die eine, dann auf die andere Seite, es folgte ein Kreischen, als sie nach oben gehievt wurde, himmelhoch, wie ihr vorkam. Als man sie wieder herunterließ, wurde sie von mehreren Drehungen durchgeschüttelt. Zu guter Letzt stand sie wieder auf festem Boden; nochmals wurde die Kiste ein Stück gehoben, Griffe tasteten an der Außenfläche, Finger schoben sich unter den Deckel und hoben ihn an.
    Elise schirmte die Augen gegen den blendenden Schein einer Lampe ab, die über sie gehalten wurde. Außerhalb des Lichtkreises konnte sie die dunklen Umrisse der drei Männer ausmachen, die sich über sie beugten, und hinter ihnen die niedrigen Balken einer Schiffskabine. Die Männer schienen starr vor Furcht, doch Elises eigene Ängste waren noch viel größer. Mühsam schaffte sie es, die Schultern hochzustemmen und einen Arm hervorzuziehen. Ihre Beine versagten ihr den Dienst, als sie sich aus der Enge der Kiste zu befreien versuchte. Anklagend hob sie den Blick zu den drei Männern und strich sich ein paar wirre Strähnen aus der Stirn. »Sollte es je dazu kommen, daß einer oder alle von euch bis aufs Blut ausgepeitscht werden, dann würde ich mein teuerstes Gut verpfänden, nur um dem Folterknecht zur Labung und Stärkung Tee und Backwerk servieren zu können.«
    Als sie sich zu sitzender Stellung aufrichten wollte, versagten ihre Beine wieder den Dienst. Der Kapitän erfasste die Situation, trat vor und half ihr. Spence und Fitch drängten sich ebenfalls vor, um ihr an die Hand gehen zu können. Noch ehe Elise seine Hilfe annehmen oder abwehren konnte, griff der Kapitän zu, indem er einen Arm unter ihren Rücken legte und den anderen unter die Kniekehlen schob. So hob er sie aus der Kiste und stellte sie auf die Beine.
    Die wiedereinsetzende Zirkulation in den Beinen spürte Elise wie tausend Nadelstiche, so daß sie unsicher schwankte. Sofort umfasste der Kapitän ihre Schultern und stützte sie mit seiner breiten Brust.
    »Verzeiht, mein Fräulein.« Sein warmer Atem strich über ihre Wange. »Hier, laßt Euch helfen.«
    Plötzlich wurde Elise sich seiner übereifrigen Hilfestellung bewußt, und als ob sie auf einmal den Grund für ihre Entführung ahnte, wurde sie von Panik ergriffen. Mit einem schrillen Aufschrei stieß sie sich vom Kapitän ab, taumelte vorwärts und erreichte einen Schrank, an dem ein Eichenstock lehnte. Halt suchend glitt ihre Hand über den glatten Griff der Waffe. Zumindest war es für Elise eine Waffe. Entschlossen faßte sie nach dem Stock und holte weit aus, so daß alle zurückwichen. Zerlumpt, schmutzig und völlig aus der Fassung geraten, lehnte Elise am Schrank. Mit ihrem rotbraunen Haar, das ihr strähnig ins Gesicht fiel, und einem Schmutzstreifen auf der Nase sah sie aus wie eine Wilde. Ihre Augen

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