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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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stürzte in Richtung Tür und versetzte Ramonda im Vorüberlaufen einen Stoß, so daß diese mit dem vollen Tablett gegen die Wand taumelte. Schon war Elise durch die Tür, schlug sie hinter sich zu und schloß sie geistesgegenwärtig ab. Tief holte sie Luft und versuchte, der Furcht Herr zu werden, die sie unversehens erfasst hatte.
    Sie lief die Stufen hinunter, voller Angst und Ungewissheit, wem sie in den unteren Stockwerken begegnen mochte. Ramondas Mahnung, im zweiten Stock still zu sein, klang ihr noch in den Ohren. Sie betete innerlich darum, daß sie unentdeckt durch den Korridor gelangte.
    Am Fuße der Treppe näherte sie sich vorsichtig einer Tür und drückte ihr Ohr an das Holz. Da vernahm sie schlurfende Schritte und gedämpfte Männerstimmen vom Gang her. Sie wartete, in der Hoffnung, die Männer würden in einer der Kammern verschwinden. Doch die Schritte kamen unaufhaltsam näher. Bange Fragen stürmten auf Elise ein. Was sollte sie tun? Wo sollte sie sich verstecken? Wohin sollte sie sich wenden, ehe die Männer den Gang betraten? Ihr Blick flog nach oben und schätzte die Entfernung zum oberen Treppenabsatz ab. Unmöglich oder nicht, es war der einzige Ausweg.
    Ihre schmalen Füße flogen im Rhythmus ihres schnell schlagenden Herzens über die Stufen, aber sie hatte noch nicht einmal die halbe Treppe hinter sich gebracht, als Fitch durch die untere Tür trat. Sofort erfasste er die Situation.
    »He, das ist sie! Sie entwischt!« schrie er.
    Polternde Schritte erschütterten die altersschwache Treppe. Ein großer, blonder Unbekannter kam als erster, ihm auf den Fersen Spence. Hinter den beiden mühte Fitch sich mit einer großen Kiste ab, die er auf dem Rücken schleppte.
    Elise rannte verzweifelt weiter, doch der langbeinige Fremde, der drei Stufen auf einmal nahm, holte sie mit Leichtigkeit ein. Ein langer Arm legte sich um ihre Taille, raubte ihr das Gleichgewicht und drückte sie an eine breite Brust. Mit einem Wutschrei rammte sie dem Mann ihre nackten Fersen gegen die Schienbeine – vergebens. Eine große Hand legte sich auf Elises Mund und erstickte weitere Schreie; dann wurde sie von einem kräftigen Arm hochgehoben und die wenigen Stufen nach oben getragen. Vor der Kammertür trat der Unbekannte beiseite, um die Tür von Spence aufsperren und Öffnen zu lassen. Ramonda drehte sich am Fenster um, aus dem sie, insgeheim auf Elises erfolgreiche Flucht hoffend, gespäht hatte. Um so enttäuschter war sie, als jetzt das Mädchen zurückgebracht wurde.
    Plötzlich fluchte der Unbekannte laut auf und entriss seine Hände ihren scharfen Zähnen. Doch gleich hatte er sich wieder gefangen. Er umklammerte ihre feinknochigen Handgelenke und vereitelte alle weiteren Versuche, sich loszureißen. Elise schleuderte ihr langes Haar aus dem Gesicht. Jetzt erst bemerkte sie die eisblauen Augen des Mannes, in denen so etwas wie Belustigung aufblitzte, als er sie unter hellen Wimpern hervor ansah. Seine Kleidung war die eines Edelmannes. Er trug ein Samtwams, die gebauschten dunkelblauen Beinkleider waren mit Goldfäden durchwirkt. Langsam ließ er den Blick an ihrer Gestalt entlanggleiten, und Elise errötete, als er ihre Brüste anstarrte. Dann lächelte er anerkennend. »Jetzt ist mir alles klar«, murmelte er wie im Selbstgespräch, ehe er sich mit lauter Stimme vorstellte: »Kapitän von Reijn vom Hansebund, zu Euren Diensten, mein Fräulein.« Sein deutscher Akzent war unüberhörbar. »Für meine Freunde Nikolaus und für Euch ebenso, wenn Ihr wollt.«
    »Ihr… Ihr Schuft!« stieß sie empört hervor. »Laßt mich los!«
    »Nein, kommt nicht in Frage.« Kapitän von Reijn drohte ihr mit dem Finger. »Erst wenn Ihr hinter einer versperrten Tür in Gewahrsam seid.«
    Mit einer knappen Kopfbewegung wies er Spence an, Fitch zu helfen, den man die Treppe heraufpoltern hörte. Gleich darauf trat der erschöpfte Fitch ein, die Kiste hinter sich herziehend.
    »Mach Platz«, ordnete Spence vom anderen Ende her an. Als sein Gefährte beiseite humpelte, beförderte Spence die Kiste mit einem kräftigen Schubs in die Kammer und schlug die Tür zu.
    »Es war mir ein Vergnügen, mein Fräulein«, sagte von Reijn lächelnd und ließ seine Gefangene los.
    »Fluch über euch alle!« stieß Elise hervor, wich zurück und massierte ihre Handgelenke. »Besonders über Euch!« schleuderte sie dem Kapitän entgegen. »Ihr seid nicht besser als diese gedungenen Galgenvögel – trotz Eurer feinen Kleidung und Eurer

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