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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Zeit wird es an den Tag bringen.«
    »Ja, und die Zeit wird auch dafür sorgen, daß ihr alle für eure Missetaten gehängt werdet«, gab sie zurück.
    »Auch das wird man sehen«, sagte er lächelnd. Mit einer kleinen Verbeugung empfahl er sich, um wieder seinen Platz neben dem Steuermann einzunehmen. Elise wollte ihm nachblicken, doch ein Windstoß ließ sie erbeben, so daß sie sich noch enger in ihren Mantel hüllte.
    Das Schiff kämpfte sich mühsam durch die raue See und erreichte schließlich den nördlichen Teil des Ärmelkanals, wo der Wind noch mehr auffrischte und nahezu unerträglich wurde. Elise blieb an Deck, obwohl jeder eisige Gischtschwall ihr den Atem raubte und sie vor Kälte bibberte. Zuweilen von unbeugsamer Halsstarrigkeit, vermochte sie dennoch zu erkennen, wann es galt, sich Klugheit und gesundem Menschenverstand zu beugen. Ängstlich bemüht, sich ihre Hast nicht anmerken zu lassen, ging sie unter Deck und erreichte erleichtert ihre Kabine. Als sie langsam den durchnässten Mantel auszog, empfand sie die Wärme hier wie eine Erlösung. Noch nie im Leben hatte sie so gefroren, und diesen Umstand lastete sie ihren Entführern zusätzlich an.
    Während ihrer Abwesenheit hatte man eine große lederbezogene Seemannskiste hereingetragen, die nun neben der schmalen Koje stand. Ihr Argwohn regte sich sofort, da sie an die Kiste erinnert wurde, in der man sie aufs Schiff gebracht hatte. Die Seemannskiste war verschlossen. Elise kuschelte sich unter das Federbett in der Koje und beschloß abzuwarten.
    Es wurde Mittag, bis es an der Tür klopfte. Noch ehe sie antworten konnte, sackte das Schiff in ein Wellental, und die Tür sprang auf; der Kabinenboy taumelte herein, krampfhaft bemüht, das Tablett, das er trug, nicht fallen zu lassen. Nach einer knappen Entschuldigung murmelte er etwas in einer fremden Sprache vor sich hin und stellte das Tablett auf dem Tisch ab.
    Elise deutete auf die Kiste, weil sie überzeugt war, daß er sie hereingeschafft hatte. »Was ist das, und warum steht das hier drinnen?«
    Der Junge verstand nicht, zog die Schultern hoch und brachte nur »Kapitän von Reijn« heraus. Er warf ihr einen fragenden Blick zu, sie nickte verstehend und bedeutete ihm, er könne gehen, worauf er sich hastig zurückzog.
    Ein köstlicher Duft vom Tisch her zog sie zum Tablett hin; zwei irdene Schüsseln und Besteck dazu ließen darauf schließen, daß sie nicht allein speisen würde. Elise konnte sich nur einen denken, der die Frechheit besaß, sich selbst einzuladen, und das war natürlich der Kapitän selbst.
    Wieder wallte blinder Zorn in ihr auf. »Mir scheint, dieser eitle Geck hat den letzten Funken Verstand verloren, wenn er meint, daß ich ihm willig Gesellschaft leiste«, machte sie ihrem Ärger Luft. Ein kurzes Pochen ließ sie auffahren. Widerstrebend gab sie Antwort und wandte sich betont langsam um, da sie wußte, wer da kommen würde. Nikolaus trat ein und nahm die Pelzmütze ab.
    »Dieser Wind auf der Nordsee wird uns bis zum Morgen zu schaffen machen«, brummte er und warf den pelzgefütterten, mit Salz und Gischt besprühten Mantel, den er auf Deck getragen hatte, ab. Ehe er ihn an einen Haken neben ihren Mantel hängte, schüttelte er ihn aus. Dann rieb er sich die Hände, um seine eisigen Finger zu beleben. Elises Blick war so frostig wie die Nordsee, die sie durchpflügten, aber er sah sie mit vergnügt zwinkernden Augen an, als sie ihm mit verschränkten Armen und in trotziger Haltung gegenübertrat.
    »Habt Ihr in meiner Kabine etwas zu suchen?« fragte Elise rundheraus.
    »Ach, mir kam da eine Idee in den Kopf«, gab Nikolaus leutselig zurück, »daß wir die von meinem Koch zubereiteten Köstlichkeiten gemeinsam verzehren könnten… mein Koch ist Liebhaber der feinen Küche wie ich. Ich glaube, Dietrich hat für Euch etwas ganz Besonderes zubereitet. Ein Gericht mit Austern aus der Themse. Ich würde gern mithalten… Ihr Einverständnis vorausgesetzt, mein Fräulein.«
    »Ich kann wohl kaum darauf bestehen, daß Ihr geht«, erwiderte sie. »Ich kann es nur hoffen.«
    »Nach dem Essen, ja«, sagte Nikolaus lachend, ohne ihre Gereiztheit weiter zu beachten. Er trat an den Tisch und begann das Austerngericht in zwei Schüsseln zu schöpfen, die er an entgegengesetzte Enden des Tisches stellte. Dann schnitt er Scheiben von einem kleinen Laib Brot ab. Lässig deutete er auf den Platz gegenüber. »Wenn es Euch beliebt, Engländerin. Ich verspreche Euch, daß ich nicht

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