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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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beiße.«
    Elises Widerspruchsgeist erwachte von neuem. Der Kapitän hielt ihrem herausfordernden Blick stand. »Kapitän, falls dies eine Andeutung sein soll, daß ich mich vor Euch ängstige« – sie rang sich ein kurzes, verkniffenes Lächeln ab –, »dann seid versichert, daß ich in Euch bestenfalls einen aufgeblasenen Prahlhans sehe, den man am besten ignorieren sollte. Wie Ihr Euch aber denken könnt, verspüre ich kein Verlangen, mit meinen Entführern an einem Tisch zu sitzen.«
    »Wenn Ihr lieber verhungert, bitte sehr.« Er rollte den oberen Rand seiner schenkelhohen Stiefel zurück und ließ sich auf einem Stuhl nieder. Als er sah, daß sie sich nicht umstimmen ließ, stützte er einen Ellbogen auf und fuhr sich nachdenklich mit einem Finger über die Lippen. »Mein Fräulein, falls Ihr es Euch anders überlegt, wüsste ich Eure Gesellschaft sehr zu schätzen… aber nur, wenn es Eure Zeit erlaubt.«
    Das herrliche Aroma, das vom Tisch her zu ihr drang, war sehr verlockend, doch eisern blieb Elise bei ihrer Weigerung, während der Kapitän seinen Hunger stillte. Kurz darauf sah sie mit Bedauern, wie der Kabinenboy abservierte und ihr keinen Bissen daließ.
    »Nach der Abendwache werden wir für die Nacht die Segel reffen, um dem Wind weniger Angriffsfläche zu bieten«, teilte er ihr mit und richtete den Blick wieder voll auf sie. »Dietrich bereitet für den Abend stets ein kleines Festmahl vor. Ich erwarte, daß Ihr mir dann Gesellschaft leistet.«
    Elise schob trotzig das Kinn vor. Falls er glaubte, sie würde sich seinen Wünschen fügen, irrte er sich. »Ich bitte Euch, meinetwegen keine Umstände zu machen. Ich kann allerhand aushalten und habe inzwischen begriffen, daß ich als Gefangene hier bin.«
    »Hört zu, mein Fräulein.« Nikolaus gebot ihr mit einer Handbewegung Einhalt. »Mir geht es um das eigene Wohlbefinden. Gutes Essen ist meine zweite Leidenschaft, und ich bitte Euch ja nur, es mit mir zu teilen, solange wir… ach, wie sagt Ihr Engländer doch… solange wir gemeinsam Ungemach tragen müssen. Diese Seefahrt verpflichtet mich jedoch nicht zur Unbequemlichkeit, und am Ende« – er stand auf und drohte ihr scherzhaft mit dem Finger – »werdet auch Ihr das verstehen.«
    »Allein meine Anwesenheit auf diesem Schiff erfüllt mich mit Empörung«, gab sie zurück. »Ich weiß nicht, was mich erwartet, und Euer Geschwätz ist nicht eben ermutigend. Man hat mich von zu Hause entführt und auf dieses Schiff geschleppt, und ich bin nicht sicher, ob ich das Ende dieser Seereise erleben werde. Ein gemeinsames Ungemach, sagt Ihr? Sagt mir, Sir, falls ich mit Blindheit geschlagen sein sollte, worin besteht denn Euer Ungemach? Mir scheint, ich bin die einzige, die es erdulden muß.«
    Sie stand vor ihm, die Arme in die Hüften gestützt, ein Urbild von Leidenschaft und Schönheit. Trotz ihrer ärmlichen Kleidung bot sie einen atemberaubenden Anblick. Er nahm sie genau in Augenschein, jede Einzelheit, die ihr wollenes Gewand verhüllte, das sich an die Rundungen ihrer weiblichen Kurven schmiegte. Es war ein Gemustertwerden, das Elise von jedem Mann zu gewärtigen hatte, doch in diesem Moment mußte sie darüber hinwegsehen, da sie seine Gefangene war und sich vor ihm nicht schützen konnte, falls er auf einer gründlicheren Inaugenscheinnahme bestünde. In seine Stirn gruben sich tiefe Falten, als er überraschend seine Aufmerksamkeit dem grauen Dunst aus Wasser und Wolken vor dem Fenster widmete, als hätte er gegen einen inneren Aufruhr anzukämpfen. Abrupt trat er an die Kiste, holte aus der Tasche seines Lederkollers einen großen Schlüssel und öffnete das Schloß. Nachdem er den Deckel angehoben hatte, kniete er vor der Kiste nieder, hielt inne und sah dann Elise prüfend an, wobei er seinen Blick erneut von Kopf bis Fuß wandern ließ.
    »Ja, die Größe paßt. Wir haben gut gewählt.«
    Elise unterdrückte ihre Neugierde und sah zu, wie er zwei große in eine Stoffhülle gewickelte Bündel heraushob. Er legte die Bündel auf den Boden neben sich, holte noch eines, von etwas kleinerem Format, heraus, sodann ein viertes, das noch kleiner war. Dann ließ er den Deckel zufallen, stand auf und trat an das Kojenbett, auf dem er die Bündel ausbreitete.
    »Zweifellos würdet Ihr Euch abends in diesen Sachen viel wohler fühlen. Es ist mein Wunsch, daß Ihr sie anzieht.« Unvermittelt trat er zurück. »Leider kann ich nicht länger bleiben, da mich die Pflicht ruft. Wenn es dunkelt, komme ich

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