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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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wieder.«
    Er tippte an seinen Hut, schlüpfte für eine weitere Runde an Deck in seinen Mantel und stapfte hinaus. Nun konnte Elise ihre Neugierde nicht mehr zügeln. Einen Augenblick noch hielt sie sich zurück, dann öffnete sie die zwei größeren Bündel. In beiden entdeckte sie einen wahren Schatz: sorgsam zusammengelegte, königsblaue Samtgewänder, im ersten auch einen mit Silberfuchs gefütterten Mantel und im zweiten ein Gewand mit einer weißen, silbergesäumten Halskrause und langen, an den Schultern gebauschten Ärmeln in feiner Silberstickerei. Ein weiteres Bündel enthielt Unterwäsche, einen Reifrock, Hemden und wunderschön gearbeitete Unterröcke. Das vierte Bündel enthielt ein Paar Seidenschuhe, die farblich den Kleidern entsprachen. Die Kleidungsstücke waren für eine Gefangene wie sie viel zu kostbar.
    Elise glättete das weiche Fell und strich über den blauen Samt, fast als würde sie die Dinge liebkosen, als ein plötzliches Verlangen sie überkam. Lag ihr vorheriges Leben auch nur wenige Tage zurück, so kam es ihr vor, als hätte sie seit Ewigkeiten nicht mehr in einem parfümierten Bad gelegen und den Luxus erlesener Kleidung genossen.
    Da fielen ihr die Blicke des Kapitäns ein, und schlagartig verfinsterte sich ihre Miene wieder. Sofort machte sie sich daran, die Sachen zusammenzulegen und einzupacken. Was seine Absicht war, wußte sie nicht, doch diese Geschenke wurden ihr sicher nicht grundlos gemacht. Natürlich war es für ihn ein leichtes, sie mit Gewalt zu nehmen, denn er war der Stärkere. Falls er jedoch hoffte, sie zu einer gefügigen Komplizin seiner Leidenschaft zu machen, indem er sie mit köstlichen Speisen und kostbaren Kleidern verwöhnte, dann hatte er sich gründlich geirrt. Ihre Gunst war durch nichts zu erkaufen.
    Es dunkelte allmählich, und die Segel oberhalb der Kabine knatterten unter dem nachlassenden Druck nicht mehr so laut. Auch das Schiff schwankte nicht mehr so heftig. Elise wußte, daß der Kapitän wie versprochen den Kurs geändert hatte und vor dem Wind segelte. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, und er würde wieder zu ihr kommen.
    Zunächst aber kam der Kabinenboy, um den Tisch für das Abendessen zu decken: feines weißes Leinen, Besteck mit emaillierten Griffen, Silberteller und Weinkelche mit versilberten Stielen – es fehlte an nichts. Anschließend trug er ein wahres Festmahl auf: gefüllte Tauben mit Preiselbeeren, marinierten Lachs und Beilagen. Als der Junge wieder gegangen war und sie das Kommen des Kapitäns erwartete, ließ die Aussicht auf den bevorstehenden Abend Elises nervöse Anspannung wachsen. Bei seiner Vorliebe für gutes Essen würde der Kapitän beherzt zugreifen. Verweigerte sie sich ihm dann, konnte er gewalttätig werden, und kein Mann an Bord würde sie vor ihm schützen. Auch wenn Fitch und Spence sich hin und wieder blicken ließen, so war ihnen anzusehen, wie schwer ihnen die Seefahrt zu schaffen machte. Aber auch bei besserer gesundheitlicher Verfassung wäre von ihnen keine Hilfe zu erwarten gewesen. Soweit Elise es beurteilen konnte, befolgten sie von Reijns Anordnungen peinlich genau und würden sich auch nicht widersetzen, wenn er ihnen befahl, ihm nicht mehr unter die Augen zu kommen. Ihre angeborene Entschlossenheit ließ Elise diesmal im Stich, und sie empfand Angst. Sie konnte sich auf ihre Klugheit verlassen.
    Als es an der Tür energisch klopfte, ließ Elise sich einen Moment Zeit, um sich zu fassen. Ihr Kleid glatt streichend, postierte sie sich neben dem Schrank, den Stock bei der Hand. Wie ein heroischer Kämpfer stand sie da in Erwartung des feindlichen Angriffs. Auf ihre Aufforderung hin öffnete Nikolaus die Tür, blieb aber sofort verärgert stehen. Betont langsam musterte er sie von Kopf bis Fuß. Kein Zweifel, er missbilligte ihre Weigerung, die geschenkten Kleider zu tragen. »Ach, Ihr seid also entschlossen, weiterhin die arme, bedrängte Gefangene zu spielen, Engländerin?«
    »In der Tat, Kapitän, denn genau das bin ich!« beharrte Elise.
    Nikolaus trat näher, kostbar und elegant gekleidet. Über einem dunkelbraunen, mit Goldfäden durchwirkten Wams trug er einen weit ausschwingenden, mit Pelz gefütterten Umhang. Die Schlitze seiner Pluderhosen waren mit Gold- und Silberstoff unterlegt. Dazu trug er knappsitzende Beinlinge und Stiefel mit niedrigem Schaft. Der Gegensatz zu Elises ärmlicher Aufmachung hätte nicht krasser sein können. Fast kam sie sich vor wie eine Gänsemagd vor einem

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