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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Prinzen.
    »Wollt Ihr mich noch immer allein bei Tisch sitzen lassen?« fragte er enttäuscht.
    »Ich freue mich, Euch Gesellschaft leisten zu dürfen, Kapitän«, erwiderte Elise.
    »Wunderbar!« Nikolaus vollführte eine knappe Verbeugung, ehe er ihr den Arm bot und sie zu Tisch führte. Sie gestattete auch, daß er ihr den Stuhl zurechtrückte. Dann aber galt seine Aufmerksamkeit voll und ganz den Tafelfreuden, während Elise in den Köstlichkeiten auf ihrem Teller herumstocherte und sich fragte, wann die hitzige Auseinandersetzung endlich beginnen würde. Sie hatte erlebt, wie der Kapitän einen Schiffsjungen scharf zurechtgewiesen hatte und dieser dann zerknirscht davongeschlichen war, obwohl sie kein Wort seiner Strafpredigt verstanden hatte.
    Sie war also auf das Schlimmste gefaßt, als Nikolaus seinen Stuhl zurückschob und den Blick auf sie richtete. »Ihr seid hier keine Gefangene«, setzte er in fast belehrendem Ton an, und Elise hob die Nase ein Stück höher, um wortlos ihre gegenteilige Meinung kundzutun. »Ich überlasse Euch den Komfort meiner Kajüte und in vernünftigem Maß Freizügigkeit auf meinem Schiff.« Er kam näher und faßte nach dem Ärmel ihres Kleides. »Und Ihr beharrt darauf, Euch als die Entführte hinzustellen, die ärmlich gekleidet und voller Angst meiner Absichten harrt.«
    Elises saphirblaue Augen hielten ihm unbeirrt stand.
    Leise fragte er: »Könnte es sein, daß Euch die Sachen nicht gefallen?«
    »Im Gegenteil, Kapitän«, erwiderte sie beherrscht. »Die Kleider sind wunderschön, aber bislang habt Ihr Euch über die Kosten ausgeschwiegen.« Sie ließ eine bedeutungsvolle Pause eintreten. »Zweifellos haben so prächtige Gewänder einen Preis, den ich mir unter den gegenwärtigen Umständen nicht leisten kann – oder aber einen, den ich zu zahlen nicht bereit bin.«
    Nikolaus starrte sie finster an, ehe er die Finger in eine Schüssel mit Rosenwasser tauchte, um sie zu reinigen. »Ich bin Kapitän der Hanse und muß als solcher ein Zölibatsgelübde ablegen, bis ich es zu einigem Vermögen gebracht habe.«
    »Gelübde bedeuten mir wenig«, antwortete Elise. »Auch wenn Ihr behauptet, ein anständiger Mensch zu sein, habe ich dafür kaum Beweise gesehen. Ich kenne Euch nicht, weiß aber, was Ihr getan habt.«
    Er kniff die Lippen zusammen und suchte nach einer Antwort; dann antwortete er völlig überraschend: »Mein Fräulein, Ihr habt meine Absichten mißverstanden. Die Geschenke stammen nicht von mir, sondern von Eurem Gönner. Er trägt die Kosten für die Kleider. Ist es nicht mehr als gerechtfertigt, daß Euch das Kleid ersetzt wird, das Euch im Laufe der Entführung abhanden kam?«
    Nachdenklich ließ Elise ihre Fingerspitze den Rand ihres Weinglases entlanggleiten und sagte: »Die Gründe für meine Entführung lassen mir keine Ruhe, und ich frage mich, ob sie irgendwie mit dem Schicksal meines Vaters in Zusammenhang stehen. Wäre das möglich?«
    Nikolaus hob bedauernd seine breiten Schultern. »Wenn ich raten sollte, dann würde ich Ihnen zustimmen, aber wer weiß, was im Herzen eines Menschen vorgeht? Ihr seid es schon an sich wert, geraubt zu werden. Wen wundert's, wenn ein Mann von Euch so hingerissen ist.«
    »Hingerissen?« Elise war verwirrt. »Wovon sprecht Ihr, Kapitän?«
    »Findet Ihr es erstaunlich, wenn ein Mann sich in Euch verliebt?«
    »Ja«, erwiderte sie schnippisch. Keiner der Anbeter, der um ihre Gunst warb, hatte je versucht, sie auf solche Weise zu betören.
    »Glaubt mir, Engländerin, das ist das Einfachste auf der Welt.«
    Elise begegnete seinem Blick und staunte über den ungewohnten, fast sehnsüchtigen Ausdruck, der in seinen Augen lag. Wenn es Leidenschaft war, dann schwang viel Sanftheit darin mit. Sonderbar berührt wandte sie sich um und antwortete steif: »Nach allem, was ich durchmachen mußte, neige ich eher zu der Meinung, daß der Mann, der meine Entführung befahl, tiefen Groll gegen mich hegt.«
    Nikolaus lachte leise. »Nein, so ist es nicht. Ich würde Euch nicht zu ihm bringen, wenn ich befürchten müßte, daß er böse Absichten hegt.«
    »Warum zögert Ihr, seinen Namen zu nennen?«
    »Seine Lordschaft wünschte, daß sein Name unerwähnt bleibt, bis er sich Euch selbst präsentiert. Er will Euch selbst seine Gründe erklären, damit Ihr ihm nicht mit Hass begegnet.«
    »Seid versichert«, erklärte Elise unverblümt, »wie immer der Mann heißen mag, ich hasse ihn jetzt schon.«
    Am Morgen hatte der Sturm nachgelassen,

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