Tränen aus Gold
wenn ich nein sage, warum also sollte ich überhaupt antworten?« schleuderte ihm Elise wutentbrannt entgegen.
»Da der Winter bevorsteht, werden nur noch ganz wenige Schiffe auslaufen.«
Seine unwillkommene Mitteilung ließ sie finster dreinblicken; dann wandte sie sich ab und starrte ausdruckslos in die Ferne.
Ihr Schweigen ignorierend, fragte der Kapitän: »Wo habt Ihr Fitch und Spence gelassen?«
Mit dem Kinn wies sie ihm die Richtung. »Dort drüben… sie streiten sich, wer von uns zum Essen einkehren darf.«
Nikolaus war erstaunt. »Gibt es Probleme?«
»Keine, die eine dickere Börse und ein besserer Koch nicht zu lösen verstünden«, gab sie zurück. »Seine Lordschaft, Gott segne ihn, hat die Verwaltung des Geldes zwei Schwachköpfen überlassen. Es ist nahezu aufgebraucht, und kochen kann keiner der beiden.«
»Seine Lordschaft hat bei mir Kredit«, bot Nikolaus an. »Wieviel?«
»Alles!« antwortete Elise. »Angefangen mit einem Dach über dem Kopf.«
Ein leises Lachen ließ seine breiten Schultern erzittern. »So schlimm kann es doch gar nicht sein. Ich kenne das stattliche Haus sehr gut, das der Lord mietete. Ein sehr schönes Haus.«
»Ha! Wir wohnen auf Burg Hohenstein, die weit abgelegen und halb verfallen ist.«
»Hohenstein?« Das mußte der Kapitän erst verarbeiten. Dann lachte er schallend los. »Also hat Hans Rubert es geschafft! Er hat den Lord übers Ohr gehauen! Nun, er wird die Folgen seiner Habgier bald zu spüren bekommen. Seine Lordschaft wird nicht davon begeistert sein.«
»Falls er je kommt«, höhnte Elise.
»Es tut gut, Euch wieder zu sehen, kleine Engländerin«, freute sich Nikolaus und weidete sich an ihrer Schönheit. »Und ich schließe mit Euch einen Handel ab, ja?« Leise fuhr er fort: »Falls Ihr im Frühling noch immer auf einer Rückkehr nach England besteht, dann werde ich Euch auf meinem Schiff nach Hause bringen.«
Elise war fassungslos vor Staunen. »Versprecht Ihr mir dies ehrenwörtlich?«
Nikolaus lächelte. »Ja, ich verspreche es.«
»Und was werdet Ihr für die Überfahrt verlangen?« fragte sie vorsichtig.
»Mein Fräulein, Euer Geld brauche ich nicht. Eure Gesellschaft ist mir Entgelt genug.«
»Ich kann bezahlen«, erwiderte sie steif. »Auf Eure Barmherzigkeit kann ich getrost verzichten.«
»Behaltet Euer Geld, mein Fräulein, oder besser gesagt, verwendet es so, daß es Euch hier Zinsen bringt.«
»Und wer sollte mir dabei behilflich sein?« gab sie verächtlich zurück. »Hans Rubert etwa?«
»Ich werde das Gefühl nicht los, daß Rubert demnächst in Schwierigkeiten geraten wird. Nein, mein Fräulein, diesen Dienst will ich Euch erweisen, und als Beweis, daß Ihr mir trauen könnt, will ich sogar den Inhalt meiner Börse dazugeben, bis Ihr Profit gemacht habt. Sagt mir nur, wieviel Ihr anlegen möchtet.«
Elise musterte ihn eingehend und befand dann, daß man sich auf seine Ehrlichkeit verlassen konnte, zumindest in Geldangelegenheiten. Aus ihrem Umhang holte sie eine Lederbörse, in der sie ein Drittel ihres Vermögens aufbewahrte. Alles übrige verwahrte sie sicher unter ihrem Reifrock. »Hier sind fünfzig Goldsovereigns, mit denen Ihr nach Belieben verfahren könnt. In einem Monat erwarte ich das Geld zurück und dazu einen stattlichen Gewinn. Ist die Zeit zu kurz?«
Nikolaus wog den Beutel prüfend in seiner Hand. Dann lächelte er ihr zu. »Die Zeit reicht, und ich weiß bereits, wer das Geld brauchen kann.«
»Kapitän von Reijn!« Der laute Ruf lenkte ihre Aufmerksamkeit auf Spence, der mit schwenkenden Armen auf sie zugelaufen kam. Ihm folgte ein atemloser und erleichterter Fitch.
»Ihr habt sie gefunden!« keuchte Fitch und schnappte nach Luft. »Heilige Mutter Gottes! Fast hätte ich den Verstand verloren, als ich sah, daß sie auf und davon war.« Er faßte nach ihrem Mantel. »Die entwischt uns nicht mehr. Dafür werde ich sorgen. Wir sperren sie ein, bis der Lord kommt. Ja, das werden wir.«
Elise warf Fitch einen geringschätzigen Blick zu. Doch er bemerkte ihn gar nicht, da er eine schwere Börse vom Kapitän in Empfang nahm.
»Das dürfte für eure Bedürfnisse reichen, bis der Lord kommt«, meinte Nikolaus grinsend. »Ich bin sicher, daß die Sache mit Burg Hohenstein und Hans Rubert sehr bald in Ordnung kommt.« Er verbeugte sich vor Elise. »Guten Tag, kleine Engländerin. In einem Monat hört Ihr von mir wieder.«
Mit einem feinen Lächeln und einem Nicken nahm sie seine Worte zur Kenntnis. »Also, in
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