Tränen aus Gold
Anspruch zu nehmen«, sagte Maxim und verbeugte sich knapp. »Verzeiht mir.«
»Ich werde aber keine Ruhe haben, solange mein Vater nicht gefunden wird«, jammerte Elise. »Begreift Ihr das nicht? In England hätte ich zumindest die Möglichkeit, jemanden ausfindig zu machen, der weiß, wohin man ihn gebracht hat. Ihr müßt mich schleunigst zurückschaffen.«
»Unmöglich.«
Seine unverblümte Antwort weckte erneut Elises Widerspruchsgeist. »Sir, ich sage Euch, seid auf der Hut! Solange ich da bin, werdet Ihr in diesem Trümmerhaufen keine Ruhe finden. Ich werde Euch das Leben so schwer machen, daß Ihr den Tag verwünschen werdet, an dem Ihr Befehl gabt, Arabella zu entführen. Mag meine Kusine Euch Liebe und Treue versprochen haben, von mir habt Ihr nur Hass und Verachtung zu erwarten.«
»Nehmt Vernunft an«, erwiderte Maxim, über ihre Heftigkeit belustigt. »Wenn Ihr mich zu sehr plagt, werde ich Euch wieder einsperren lassen, und keiner von uns…«
»Nur über meine Leiche!« Elise holte aus und wollte ihm ins Gesicht schlagen, doch er bekam ihren Arm zu fassen und hielt ihn fest.
»Jetzt seht Ihr, wie töricht Eure Drohungen sind«, ermahnte er sie, und seine Stimme klang beinahe sanft.
Als Elise erneut zuschlagen wollte, duckte er sich, schlang gleichzeitig einen Arm um ihre Hüfte und hob sie hoch. Sie spürte seine Wärme durch den dünnen Stoff und wurde schamrot.
»Was sagst du nun, Mädchen?« Maxim legte den Kopf zurück, wobei sein Blick flüchtig ihre heftig bebenden Brüste streifte, ehe er ihr lächelnd in die blauen Augen sah. »Wer soll Fuchs und wer Hase sein? Du würdest für mich einen Happen abgeben, einen leckeren überdies.«
Plötzlich spürte Maxim, wie ihre Weiblichkeit seine ausgehungerten Sinne weckte, und diesen Augenblick der Schwäche nutzte Elise, schnappte nach seinem Ohrläppchen und biss zu.
Maxim schrie auf, ließ sie los, und Elise sprang wie ein aufgeschreckter Hase davon, um hinter dem Tisch Schutz zu suchen, während sich der Marquis sein blutendes Ohr hielt.
»Fang mich, Fuchs«, spottete sie und setzte mit gespieltem Mitleid hinzu: »Armer Fuchs, habe ich dir weh getan?«
»Schluß jetzt, du Biest!« Sein Groll machte ihr Beine, und sie lief zur Treppe, weil sie merkte, daß mit ihm nicht mehr zu spaßen war.
»Mylord, schont das Mädchen!« rief Spence händeringend.
Maxim wollte ihr nachsetzen, aber Elise war schon in ihrem Zimmer verschwunden und hatte von innen verriegelt.
»Verschwinde!« fuhr Maxim ihn an und stieß seine Hand weg. Finster blickte er zum Oberstock hinauf. So hilflos, wie er zunächst geglaubt hatte, war sie nicht. Kein Hase, sondern Füchsin durch und durch.
An seinem verletzten Ohr zupfend, richtete er nun seinen Gewitterblick auf die zwei Bediensteten. »Nun, was habt ihr zu eurer Rechtfertigung vorzubringen?«
»Was können wir schon sagen, Mylord?« erwiderte Fitch kleinlaut. »Wir haben einen schrecklichen Fehler gemacht, und wenn Ihr uns die Hände abhacken wollt, haben wir es verdient.«
»Spence?« Der Marquis gab sich noch nicht zufrieden.
Spence fuhr mit der großen Zehe über den Steinboden, auf dem noch vor einer Woche eine dicke Staubschicht gelegen hatte. Wäre nicht das Mädchen gewesen, so hätte sich daran nichts geändert. »Das junge Ding tut mir schrecklich leid, besonders, weil wir an allem schuld sind. Wenn Ihr mir Urlaub gebt, dann möchte ich sie ihrem Onkel wieder zurückbringen.«
Maxim dachte nach. Er merkte, daß es Spence ernst war, seinen Fehler wiedergutzumachen. »Es gibt da noch ein Problem.«
»Und das wäre, Mylord?«
»Ihr Vater wurde entführt, und ich bin der Meinung, daß sie in große Gefahr gerät, wenn wir sie nach England bringen, ehe er wieder auf freiem Fuß ist. Sie hat dort außer Edward keinen Beschützer, und seinen Charakter kenne ich.«
»Ja, dann müssen wir sie sicherheitshalber hier behalten.«
»Genau.«
»Werdet Ihr dem Mädchen diese Gefahr erklären?«
»Würde sie mir denn Glauben schenken?«
»Nein, Mylord, sie würde Euch hassen, weil Ihr sie nicht gehen laßt.«
Maxim rieb sich sein schmerzendes Ohrläppchen.
»Aber was wird aus Eurer Braut, Mylord?« wollte Spence wissen.
Maxim dachte lange nach, dann seufzte er resigniert. »Hm, sieht aus, als wäre sie für mich verloren. Ich kann nicht zurück nach England, um sie zu holen. Edward hat gewonnen. Er hat jetzt seine Tochter, meinen Besitz und dazu Relands Vermögen. Es werden viele Monate vergehen, ehe ich
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