Tränen aus Gold
Heiliger.«
»Ach? Du aber auch nicht«, rief Nikolaus empört.
Maxim lächelte. »Das habe ich nie behauptet.«
Eine Weile blickten sie sich schweigend an. Nikolaus räusperte sich. »Nun, unter uns gesagt, mein Freund, ich gebe zu, daß ich etwas von einem Schelm an mir habe.«
»Das weiß ich schon seit geraumer Zeit.«
»Aber das Mädchen ist anders als die anderen. Sie hat mein Herz erobert.«
Maxim stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Gib gut acht, was du ihr in die Hand gibst. Sie ist ein tückisches und angriffslustiges Weibsbild.«
»Ja, sie ist angriffslustig und beherzt«, gab Nikolaus zu, »aber tückisch? Nein! Sie kämpft nur um ihre Freiheit. Ist es nicht verständlich, daß das Mädchen darauf besteht, nach Hause gebracht zu werden? Ihre Entführung hat sie so verändert!«
»Es war ein Irrtum«, gestand Maxim ein.
»Ja, ein Irrtum, Maxim, aber was ist das für ein Weg? Was hat dich zu dieser Tat veranlasst? War es Liebe zu Arabella oder das Verlangen, dich an ihrem Vater zu rächen?«
»Ich wollte nur den Vollzug der Hochzeitsnacht verhindern, bis…« Maxim hielt inne, da ihm die bohrenden Fragen des Freundes und die Notwendigkeit, sich zu verteidigen, lästig waren. »Du lieber Gott, Nikolaus, glaubst du, ich hätte Arabella zu meiner Gemahlin erwählt, wenn ich sie nicht über alle anderen Frauen stellte?«
Nikolaus lehnte sich zurück und sah seinen Freund nachdenklich an. »Nach allem, was du von ihr gesagt hast, ist sie schön und von sanfter Wesensart, eine Frau also, deren Wahl verständlich erscheint. Sie ist fügsam und nicht hochfahrend und starrsinnig, auch würde sie nie unvernünftige Forderungen stellen. Du hast oft gesagt, daß du Frau und Familie brauchst, damit dein Name nicht ausstirbt. Nun frage ich mich, ob du Arabella mit dem Kopf oder mit dem Herzen gewählt hast. Und als ihr Vater dich verraten und betrogen hat, hast du ihr da weiter angehangen, weil du ihn hasst, oder warst du wirklich in Leidenschaft für Arabella entbrannt?«
»Gewiß wäre unserer Verbindung ein starker Stamm entsprungen«, stieß Maxim trotzig hervor.
»Man kann es der Dame nicht verübeln, daß sie sich einen anderen gesucht hat. Du warst ja angeblich tot.«
»Edwards Habgier, sich noch ein Vermögen anzueignen, hat sie gezwungen, Reland zu heiraten.«
»Vergiß nicht, du warst so gut wie tot, als meine Leute dich auf mein Schiff gebracht haben. Ramonda ist es zu verdanken, daß du die Fahrt überhaupt antreten konntest. Es hat einen Monat gedauert, bis du wieder auf den Beinen warst. Du solltest dich mal in Arabellas Lage versetzen. Dein Tod hat sie aller Wahrscheinlichkeit nach tief getroffen, aber ihr Verlangen nach einem Eheleben nicht gebrochen. Du solltest nur froh sein, daß du am Leben bist, und dich nach einer anderen umsehen kannst, die dein Bett wärmt.«
»Ich bin froh, daß ich lebe!« sagte Maxim. »Ich bin sehr froh, daß Fitch und Spence im entscheidenden Moment zur Stelle waren, als ich von der Brücke stürzte. Sie haben mir ihre Treue bewiesen und gute Dienste geleistet, ja, sie haben mir das Leben gerettet.«
Nikolaus schwieg eine Weile, ehe er halblaut sagte: »Wenn dir dein Leben lieb ist, mein Freund, dann muß ich dich noch in einer anderen Sache warnen.«
Sein Gastgeber blickte überrascht auf.
Der Hansekapitän fuhr fort: »Du bist Karl Hillert, dem Großmeister der Gilde, begegnet?«
Maxim bejahte. »Auf der Rückreise von England machte er sich mit mir bekannt, als ich auf seinem Schiff fuhr.«
»Karl Hillert besitzt viele Hanseschiffe und ist auf Profit bedacht. Bis zur nächsten Ratsversammlung ist er der Handlungsbevollmächtigte der Hanse. Seine Wiederwahl ist so gut wie sicher, denn er ist der reichste und mächtigste Mann der Liga.«
»Er bat mich, ihn zu besuchen, sollte ich nach Lübeck kommen«, sagte Maxim, nestelte an seinem Wams und holte ein Wachssiegel mit einem Zeichen heraus. »Das gab er mir, damit ich Zutritt zu ihm bekomme.«
Nikolaus griff danach und begutachtete es; dann faßte er in sein Hemd und zog eine Goldkette heraus, an der ein Messingstempel hing. Die Fläche des Stempels war kleiner, glich aber dem Siegelzeichen. »Das Siegel der Hanse. Jeder Hansekapitän besitzt es und muß schwören, es immer mit sich zu führen.« Er gab Maxim das Siegel zurück. »Es wird dir viele Türen öffnen. Aber ich muß dich warnen. Karl Hillert ist ein Mensch, vor dem man sich hüten muß. Er ist ein Mensch mit gemeinem Charakter, und es
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