Tränen aus Gold
gewiß nicht!« antwortete Nikolaus im Brustton der Überzeugung.
Lachend lief Maxim ihm über die Stufen entgegen. »Ich sehe, du hast meine Warnungen in den Wind geschlagen und von deinem gefährlichen Vorhaben nicht abgelassen. Sitz ab, und wärme dich am Kamin, solange du noch heil und unversehrt bist.«
Nikolaus glitt aus dem Sattel und warf dem herbeieilenden Spence die Zügel zu. Dann nahm der Kapitän den Burghof, die baufälligen Mauern und eingesunkenen Dächer der Nebengebäude in Augenschein. »Ich hatte gehofft, wenigstens einen Unterstand für die Pferde vorzufinden.«
»Dort drüben.« Maxim deutete zum Stall hin. »Das Gemäuer ist noch in Ordnung und bietet Schutz vor dem Wind. Dahinter ist ein Raum mit Feuerstelle, wo deine Leute sich ausruhen können. Fitch wird ihnen Essen und Bier bringen.«
»Nicht zuviel Bier«, bremste Nikolaus. »Wir müssen heute abend noch zurück.«
Der behäbige Mann aus der Gruppe der Neuankömmlinge nahm einen Arm voll Töpfe und Pfannen und steuerte damit klappernd auf den Eingang zu, gefolgt von Maxims belustigtem Blick.
»Ich habe Dietrich, meinen Koch, mitgebracht, damit ein würdiges Abendessen sichergestellt ist«, erklärte Nikolaus. »Gewiß gibt es hier jemanden, der das zu würdigen weiß.«
»Alles ist besser als versalzener Haferbrei«, bemerkte der Hausherr trocken. »Übrigens, für den einstündigen Ritt von der Stadt her läßt du dich aber gewichtig eskortieren.« Maxim machte eine Kopfbewegung zu den Begleitern hin.
»Man kann gar nicht vorsichtig genug sein«, gestand Nikolaus augenzwinkernd. »Aber ehrlich gesagt, wollte ich die Dame beeindrucken.«
»Und ich habe schon gehofft, du hast dir Schutz gegen die Dame zugelegt«, gab Maxim schlagfertig zurück und lachte auf, als der Kapitän verwirrt dreinblickte.
Maxim klopfte ihm auf die Schulter und geleitete seinen Gast die Eingangsstufen hinauf und in die Halle, die Nikolaus verwundert in Augenschein nahm. »Ja, jetzt kann ich verstehen, warum die Leute aus der Stadt nie heraufkamen. Hier soll es spuken, und so, wie es aussieht…«
»Nun, es wurden immerhin ein paar Verbesserungen vorgenommen«, erwiderte Maxim mit spöttischem Lächeln. »Stell dir vor, wie es hier aussah, als das Mädchen ankam.«
Der Hansekapitän schnaubte verächtlich. »Ärger kann man es sich kaum vorstellen.«
Der Marquis deutete auf ein paar Stühle, die etwas abseits vom Herd standen. »Komm, mein Freund, und ruhe dich aus.«
Nikolaus, der seine Handschuhe abstreifte, ließ seine schwere Gestalt auf einen Sitz fallen und beugte sich vor. Einen Ellbogen auf das linke Knie gestützt, eine Faust auf dem anderen Knie, blickte er seinen Gastgeber eindringlich an. »Nun, was sagst du? Ist das Mädchen mir gewogen?«
Maxim zog nichts sagend die Schultern hoch. »Schwer zu sagen. Sie hat ihren eigenen Kopf und vertraut sich mir nicht an.«
»Aber gesagt hast du es ihr?« drängte der Handelskapitän.
»Ja.«
»Und sie hat dazu nichts zu sagen gewußt?«
»Nichts, was auf ihre Absichten schließen ließe.«
»Ach, diese verdammte Ungewissheit.« Nikolaus schlug sich enttäuscht auf den Schenkel.
Maxim trat an einen Tisch, goß Bier in einen Humpen und reichte ihn Nikolaus. »Hier, das wird dir Mut machen.«
Von Reijn nahm den Humpen und leerte ihn mit einem Zug. Maxim goß ihm nach.
»Ich habe dich noch nie so verzweifelt wegen eines Frauenzimmers gesehen«, bemerkte er und ließ sich in einem Stuhl neben seinem Freund nieder. »Ich weiß noch, wie du auf meinen Besitzungen ständig auf der Jagd nach jungen hübschen Damen warst. Damals hast du deine Aufmerksamkeiten nicht nur auf eine beschränkt…«
»Aber, Maxim, du weißt, daß an mir beinahe ein Heiliger verloren gegangen ist«, scherzte Nikolaus.
»Sieh dich vor«, mahnte Maxim und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
»Was schlägst du vor?« fragte Nikolaus.
Maxim zog skeptisch eine Braue hoch, während ein Lächeln seine Lippen umspielte. »Ich weiß von den Gelübden der Hansemitglieder, doch gibt es viele unter ihnen, die diese Gelübde auf ihre Art auslegen und in Wahrheit nichts anderes als Wüstlinge und Schürzenjäger sind, die hinter jedem hübschen Frauenzimmer her sind.« Er zuckte mit den Schultern. »Es geht mich nichts an, ob du keusch bist oder nicht, aber du warst gewiß von Kindesbeinen an ein Schelm. Ich fühle mich für das Mädchen ein wenig verantwortlich, weil ich es hierher brachte, und ich weiß, du bist kein
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