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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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nach. Die Zeit schleppte sich dahin, und sie fing an, sich auszuziehen. Fröstelnd schlüpfte sie zwischen die Decken und starrte zum Plafond.
    Maxim hatte seine Stiefel abgestreift und lief unruhig auf dem Gang vor der Schlafkammer auf und ab. Ständig wurde er von Bildern heimgesucht, die Nikolaus und Elise in trautem Beisammensein zeigten. Vielleicht sollte er einfach ruhigbleiben und von Reijn um Elise werben lassen, sagte er sich. Hatte er nicht selbst behauptet, das Mädchen interessiere ihn nicht? Hatte er damit ihren Anbeter nicht stillschweigend ermuntert? Doch sein Widerwillen wuchs, sie von einem anderen umworben zu sehen. Verwirrt mußte er sich eingestehen, daß es ihn drängte, selbst um sie zu werben.
    Immer wieder blieb er stehen und warf einen Blick durch die längliche, schmale Öffnung einer Schießscharte. Der aufkommende Wind trieb Wolken über den Mond, die den Himmel verdunkelten. Seine Gedanken verdüsterten sich. Einerseits war es ihm unerträglich, daß sein bester Freund Elise den Hof machte. Andererseits hätte er aber eine eigene Werbung nicht rechtfertigen können, schließlich war er für Elise der böse Entführer, der große Schurke in ihrem Leben. Er hatte den Plan selbst ausgeklügelt und es Tölpeln überlassen, ihn auszuführen, und jetzt hatten er und Elise das Nachsehen.
    Leise begab sich Maxim in sein Schlafgemach, in dem das Feuer fast erloschen war. Er mußte erst die Glut schüren und Holz nachlegen, ehe er begann, sich auszuziehen. Als er den Blick auf die Wand richtete, in der sich die Geheimtür befand, stellte er sich unwillkürlich die schlafende Elise vor, das Haar über das Kissen gebreitet, die seidigen Wimpern auf den hellen Wangen, die…
    Ahhh! Wie von tausend scharfen Spitzen getroffen, sprang er vom Bett. Verwirrt hob er das Laken und fuhr mit der Hand über die Matratze. Einige Stacheln blieben an seiner Hand hängen. Er hielt sie gegen das Licht.
    »Ach! Hat das Biest also noch nicht klein beigegeben«, entfuhr es ihm.
    Am liebsten hätte er sie auf der Stelle zur Rede gestellt. Doch er bezwang sich. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als ihm ein verlockender Gedanke kam. Sorgfältig machte er Laken und Decken so zurecht, daß es aussah, als wäre das Bett unberührt geblieben. Er wickelte sich in einen pelzgefütterten Mantel, ließ sich auf dem großen, hochlehnigen Stuhl am Kamin nieder und hielt die Füße ans Feuer. Verbrachte er die Nacht auf dem Stuhl, so setzte er die kleine Füchsin, die es auf ihn abgesehen hatte, auf eine falsche Spur.
    ***
    Der Morgen dämmerte herauf, und Elise erwachte in dem Bewußtsein, daß sie irgendwann in der Nacht eingeschlafen war, ständig in Erwartung von Maxims Wutanfall. Er war also nicht heruntergekommen, um an ihre Tür zu trommeln. Wie sollte sie sich jetzt verhalten? Konnte sie überhaupt ihre Räume verlassen?
    Eine Decke um sich raffend, lief sie zum Kamin, schürte die Glut und legte Kleinholz nach. Das Feuer flackerte auf und wärmte sie allmählich; langsam schickte sie sich an, ihre Haare zu bürsten, die in losen Locken um ihre Schultern fielen. Im Geiste sah sie kalte, anklagende grüne Augen vor sich. Langsam sanken ihre Hände herab, und sie starrte niedergeschlagen in die Flammen. Wenn Maxim nicht die Stute für sie gekauft hätte… wenn er sie nicht so innig aus dem Sattel gehoben hätte… wenn er nicht so liebevoll mit ihr vor dem Eingang gesprochen hätte…
    Seufzend machte sich Elise für den Tag zurecht, zog ihre gewohnte unansehnliche Kleidung an und ging in gedrückter Stimmung hinunter.
    Dietrich blickte mit freundlichem Lächeln auf, als sie an den Herd trat. »Guten Morgen, Herrin. Wie geht es Euch?«
    »Guten Morgen, Dietrich«, antwortete sie eintönig.
    Der Koch machte sich weiter an seinen verschiedenen Töpfen und Kesseln zu schaffen, denen köstliche Gerüche entstiegen. Elise baute darauf, daß Dietrichs Anwesenheit ihr Schutz bot, da er von Reijn treu ergeben war und Maxim aus diesem Grund vor ihm tunlichst eine Auseinandersetzung vermeiden würde.
    Die Zeit verging nur schleppend, und ihre Nerven wurden immer angespannter, bis sie es kaum mehr aushielt. Ungeduldig wartete sie auf irgendein Anzeichen von oben, das Maxims Kommen ankündigte, und fuhr beim kleinsten Geräusch zusammen. Schließlich ließ sie sich auf einem Stuhl am entfernten Ende des Tisches nieder, wo sie außer Maxims Reichweite war, und übte insgeheim ein halbes Dutzend mögliche Antworten auf die

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