Tränen aus Gold
daß die Königin mich wieder gnädig aufnehmen wird.«
»Und was ist mit Edward und seinen Lügen?« fragte sie halblaut.
Er strich ihr eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht. »Nun, in letzter Zeit verschwendete ich kaum einen Gedanken an ihn. Vielleicht vergeht die Glut meines Hasses in der angenehmen Nähe seiner Nichte.«
Sie verspürte eine Aufwallung von Wärme. »Mylord, Ihr habt Euch selbst übertroffen und Euch höchst großzügig gezeigt«, brachte sie, von plötzlicher Befangenheit übermannt, hervor.
Die zwei Frauen mit ihrem Gepäck wurden von Fitch zum Eingang geleitet. Elise trat ins Innere und hielt die Tür auf. Die ältere der beiden Frauen lächelte ihr freundlich zu, während die Beleibte ein Gebaren an den Tag legte, wie es eine Frau von Stand nie getan hätte. Einige Schritte hinter Elise hielt sie inne und begutachtete geringschätzig ihre Umgebung.
Fitch, der sich mit mehreren Gepäckstücken durch den Eingang quälte, stolperte und ließ alles fallen.
»Sieh doch, was du anstellst, du Tölpel!« schalt ihn die Frau. Sie sprach Englisch mit der Andeutung eines deutschen Akzents. Als sie mit einer herrischen Handbewegung Elise aufforderte, Fitch zu helfen, kam Maxim hinzu.
»Steh nicht herum, Mädchen! Hilf dem Kerl, und führe mich mit der Schneiderin auf unsere Zimmer!« herrschte die Frau Elise an.
»Nicht, Mistreß!« rief der verwirrte Fitch kopfschüttelnd. »Macht Euch nicht die Mühe.«
»Mistreß?« Der Blick der Frau prüfte Elise kritisch von Kopf bis Fuß, so daß diese verlegen errötete. In dieser Situation war sie sich der eigenen ärmlichen Erscheinung besonders schmerzlich bewußt.
Maxim übernahm es, die beiden miteinander bekannt zu machen. »Frau Hanz, das ist Eure neue Herrin… Mistreß Radborne.«
»Ach…« Die Frau hielt inne, mit einem verächtlichen Blick Elises armselige Aufmachung umfassend. »Das ist nicht Eure Gemahlin?« Ihre Miene ließ kaum Zweifel über die Schlussfolgerungen zu, die sie zog.
»Frau Hanz, Ihr wurdet als Haushälterin eingestellt. Eure Pflicht wird es sein, Mistreß Radbornes Anordnungen zu befolgen. Falls Euch dies nicht paßt, steht es Euch frei, morgen die Burg zu verlassen«, wies er sie verärgert zurecht.
Die Haushälterin erstarrte, und es verging eine Weile, ehe sie zur Antwort gab: »Entschuldigt, mein Herr, ich wollte niemanden beleidigen.«
»Hütet Euch auch in Zukunft davor«, erwiderte Maxim und wies mit einem knappen Nicken Fitch an: »Zeig den Damen ihre Räume.«
In dem Schweigen, das nach dem Abgang der Neuankömmlinge eintrat, sah Maxim Elise an, die wie versteinert dastand. »In so kurzer Zeit ist es nicht einfach, gutes Personal zu finden«, murmelte er entschuldigend. »Falls Ihr mit Frau Hanz nicht zufrieden seid, wird sie entlassen.«
Elise spürte, daß sie gleich ihre Fassung verlieren würde. »Entschuldigt mich bitte.« Damit drückte sie ihre Hand an die bebenden Lippen und lief zur Treppe. Benommen und verwirrt starrte Maxim ihr nach. Der Schmerz, den er in ihrem Gesicht gelesen hatte, war ihm nicht verständlich, und aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, als betrachtete sie ihn als den eigentlichen Schuldigen.
Er setzte ihr nach, holte sie auf der dritten Stufe ein und drehte sie sachte zu sich herum. In ihren Augen glänzten Tränen, scheu wich sie seinem Blick aus. »Ihr seid mehr als nur verärgert«, flüsterte er. »Was ist denn nur los?«
»Ihr… Ihr bringt Schande über mich«, brachte sie schluchzend hervor.
»Was?«
Elise zuckte unter seinem Ausruf zusammen und blickte ihn anklagend an. »Wisst Ihr nicht, was sie von mir denkt?«
Maxim gab unumwunden seine Schuld zu. »Ich weiß wohl, daß ich Euren guten Namen kompromittiert habe, doch liegt es nicht in meiner Macht, etwas daran zu ändern – wenn man von einer Ehe absieht. Frau Hanz können wir so rasch wegschicken, wie wir sie geholt haben. Ihr braucht nur zu befehlen.«
»Sie sah mich an… als wäre ich eine Person, die Verachtung verdient.« Elise sah an ihrem ausgefransten Gewand hinunter. »Und mit Recht… ich sehe aus wie eine… eine Dienstmagd.« Sie schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Wange. »Wie kann ich dem Hausgesinde gegenübertreten, das Ihr mitgebracht habt, oder Nikolaus nach Lübeck begleiten, wenn ich so aussehe?«
Maxim runzelte unwillig die Stirn. Das also war es! Nikolaus! Sie wollte für ihn schön sein. »Ihr habt doch von ihm Geld für die Kleidung bekommen.«
Elise
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