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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Elise erwachte. Irgendwo in der Nähe war eine Tür geöffnet und wieder geschlossen worden. Sie steckte die Nase unter ihrer Decke hervor und sah den bleigrauen Himmel. Der Gedanke an noch mehr Schnee machte ihr angst, denn die Burg war zu einer weißen Festung geworden, die nur für Mutige und Hartnäckige zugänglich war. Sie zog ihre Wäsche zu sich ins Bett und zog sich unter der Decke an. Dann stand sie auf. Mit einem Umschlagtuch um den Schultern lief sie an den Kamin, um Feuer zu machen.
    Kurz darauf verließ sie mit hochgestecktem Haar die Gemächer und ging hinunter. Ihr Auftreten, das überlegen und gelassen wirkte, verriet nichts von ihren gemischten Gefühlen. Was mußte er nur von ihr denken? Arabella wäre zu einer Gewalttätigkeit nie imstande gewesen.
    Spence hockte auf dem erhöhten Kamin und beobachtete den Koch, der eben frische Brötchen aus dem Ofen holte. Als Elise sich näherte, sprang er auf, um ihr einen Stuhl beim Tisch zurechtzurücken. Da Spence nur selten ohne Fitch zu sehen war, fragte sie: »Na, wieso läßt sich Fitch heute nicht blicken? Ist er krank?«
    »Keine Angst, Mistreß, er ist mit Seiner Lordschaft schon vor Sonnenaufgang nach Hamburg aufgebrochen.«
    Spence schnappte sich hinter dem Rücken des Kochs ein Brötchen vom Blech und verdrückte sich rechtzeitig, einem Hieb mit dem Kochlöffel ausweichend, den Dietrich schwang.
    »Nach Hamburg?« Elise konnte ihre Enttäuschung nicht verhehlen. Hatte Maxim ihre Streiche satt? War er für immer gegangen? »Wann sind die beiden zurückzuerwarten?«
    »Das weiß ich nicht. Seine Lordschaft hat nicht gesagt, wann er zurückkommt.«
    »Hm, so wichtig ist es auch wieder nicht«, meinte Elise. »Bleibt mir mehr Zeit für mich.«
    Spence, der sich an dem Brötchen gütlich tat, fiel ihre Bedrücktheit gar nicht auf. »Ja, sicher dachte Seine Lordschaft dasselbe, als er fortritt.«
    Elise rang sich ein Lächeln ab. »Er kann von Glück reden, wenn er nicht in ein Unwetter gerät. Der graue Himmel läßt Schlimmes befürchten.«
    Tatsächlich senkte sich nachmittags dichter Nebel über das Land und hüllte die fernen Hügel ein. Elise, die aus dem Fenster sah, hatte das Gefühl, in ein fernes Universum geraten zu sein, und fürchtete, ihre englische Heimat nie wieder zu sehen. Sie schüttelte diese trüben Gedanken ab und schickte sich an, Maxims Räume sauberzumachen. Trotz ihrer emsigen Geschäftigkeit wurde sie das Gefühl der Einsamkeit nicht los. Sie hatte sich an Maxims Gesellschaft gewöhnt und vermißte ihn, wenn er nicht da war.
    Am Spätnachmittag erspähte sie vom Fenster aus einen dunklen Schatten, der sich im Nebel bewegte und allmählich zur geisterhaften Gestalt von Reiter und Pferd wurde. Dahinter wurde ein zweiter Schatten sichtbar, schließlich tauchte ein größeres Gebilde auf, das sich als Ochsenkarren entpuppte, und noch ein weiteres Gefährt folgte. Als sich das Gefolge näherte, erkannte Elise den Mann an der Spitze.
    Maxim ist wieder da! Der Gedanke erfüllte sie mit geradezu überwältigender Freude.
    Mit hochgerafften Röcken lief Elise hinaus, schoß wie der Blitz die Treppe hinunter und hob den schweren Riegel des Hauptportals hoch. Als sie ins Freie trat, ritten Maxim und Fitch auf dem Hof ein. Hinter ihnen kam ein mit Fässern, Geflügelsteigen und zwei kleinen Geschützen beladener Karren. Neben dem Kutscher saß eine beleibte Frau in einen Kapuzenmantel gehüllt. Der andere Karren war mit Brettern, zwei großen Kisten, Stoffballen, eingerollten und gegen das Wetter eingehüllten Federbetten beladen. Neben dem zweiten Kutscher saß eine schlanke, adrett gekleidete ältere Frau, mit einem Koffer auf dem Schoß. Den Abschluß des Zuges bildete eine kleine Viehherde: eine Kuh und ein paar Schafe unter der Obhut eines Jungen mit einem großen Stock und einem zottigen Hund.
    Maxim stieg ab und warf Fitch die Zügel zu, ehe er sich umwandte und auf die Eingangsstufen zuschritt. Die Handschuhe abstreifend, blieb er vor Elise stehen. »Wie die Dame wünschte«, sagte er und deutete auf die Neuankömmlinge. »Maurer und Zimmerleute für die Reparaturen, eine Frau, die im Haus hilft, eine andere, die sich aufs Nähen versteht, Vieh, das unsere Verpflegung ergänzt, und ein Hirtenjunge.«
    Elise war beeindruckt. »Aber wie kommt es, daß Ihr Euch dies alles leisten könnt?«
    »Nikolaus lieh mir Geld auf meinen Besitz in England«, gab er zurück. »Manche würden ihn dumm schelten, doch er baut offensichtlich darauf,

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