Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)
zusammengepressten Lippen. Amy versuchte die Situation zu entspannen, indem sie
aufstand und ihm eine Tasse Kaffee einschenkte. Ein dankbares Lächeln huschte
über sein Gesicht und er beneidete Michael für sein unverschämtes Glück mit
diesem Engel von einer Frau. Milton unterbrach das Gespräch.
»Hört auf zu streiten, Kinder.
Wir sind hier, um unsere nächsten Schritte zu besprechen. Also, lasst uns die
Fakten zusammentragen. Was wissen wir bis jetzt über den Fall?«
»Bis jetzt nichts Relevantes, was
uns in irgendeiner Form einen Anhaltspunkt geben könnte«, antwortete Michael.
»Die Polizei ist immer noch damit beschäftigt, die Alibis von den männlichen
Familienmitgliedern zu durchleuchten. Sie sind fest davon überzeugt, dass einer
von ihnen der Täter sein muss. Da sich in den letzten Jahren die
Babyentführungen und Morde gehäuft haben, kam Amy auf die brillante Idee die
Todestage zu vergleichen, in der Hoffnung auf einen Anhaltspunkt.«
»Cleveres Mädchen«, warf
Sébastien ein, und bedachte Amy dabei mit einem respektvollen Blick.
»Ja, das ist sie.« Stolz nahm
Michael die Hand seiner Gefährtin und küsste zart ihre Innenfläche. Eine zarte
Röte überzog Amys Wangen, als sie verlegen weitererzählte.
»Es wäre eine gute Idee gewesen.
Ich dachte, dass es anhand der Geburt oder der Todestage vielleicht irgendeinen
Zusammenhang gibt, den die Polizei bisher übersehen hat. Leider hat uns Malee
schon vorgewarnt. Die hiesige Bürokratie tickt komplett anders als unser
amerikanisches Aufzeichnungswesen. Bis heute gibt es in Thailand keine
offizielle Meldepflicht. Dementsprechend nachlässig werden auch die Geburts- und
Sterbeurkunden geführt.«
Michael nickte frustriert.
»Trotzdem wollten wir dem Hinweis nachgehen und haben uns noch gestern Abend auf
den Weg zum Inselarchiv gemacht.«
Interessiert horchte Sébastien
auf. Da er es gestern vorgezogen hatte, nicht zum gemeinsamen Abendessen zu
erscheinen, war ihm diese Neuigkeit entgangen.
Neugierig setzte er sich auf. Im
selben Moment spürte er eine Bewegung. Jemand schlang von hinten seine Arme um
seinen Oberkörper. Kurz darauf kratzen lange, rubinrot lackierte Fingernägel
über seine Brust. Sébastiens Haare auf seinen Unteramen stellten sich auf und
vor Schreck wäre ihm beinahe die Tasse aus der Hand gefallen.
»Außer dem Anblick meines neuen
Cocktailkleides hast du nichts verpasst, mein Süßer«, hauchte sie verführerisch
in sein Ohr. Ihr Busen drückte sich für seinen Geschmack viel zu dicht an seinen
Rücken.
Mit einem wütenden Gesicht drehte
er sich um und schüttelte energisch ihre Arme ab. »Lass diese Spielchen
gefälligst, Calda.« Unter Jais anzüglichem Grinsen setzte Calda sich schmollend
auf den freien Stuhl neben ihn. Angriffslustig hob sie den Kopf und sah ihn an.
»Trotzdem hast du nichts
verpasst. Amys Idee war zwar gut, aber die Akten waren nicht da.«
»Was -«
»Leider hat Calda recht«, seufzte
Michael enttäuscht. »Uns ist jemand zuvorgekommen. Damit wissen wir jetzt mit
Sicherheit, dass irgendjemand versucht seine Spuren zu verwischen. Und im Moment
leider mit großem Erfolg. Vor wenigen Tagen ist aus bisher noch unerklärlicher
Ursache ein Feuer ausgebrochen. Interessanterweise genau in der Registerkammer
der Insel. Die Flammen haben die gesamten Dokumente aller Geburts- und
Todesakten von Koh Lanta zerstört.«
»Damit stehen wir dann wieder
ganz am Anfang«, murmelte Sébastien enttäuscht. Gleichzeitig schob er seinen
Stuhl näher an Bens Seite, was von Calda mit einem ironischen Lächeln quittiert
wurde.
»Nicht ganz«, schaltete Milton
sich ins Gespräch ein. »Malee hat mir erzählt, dass sich alle Originalurkunden,
sofern überhaupt welche ausgestellt worden sind, im Ministerium der Hauptstadt
Bangkok archiviert sind.«
Nachdenkliches Schweigen
entstand. Jai beugte sich über den Tisch und griff nach der Thermoskanne. Stumm
schob Sébastien ihm seine Tasse rüber. Nachdenklich blickte er durch den
ausströmenden Dampf des Kaffees auf.
»Wenn die Mühlen der Bürokratie
hier tatsächlich so langsam mahlen, wird es lange dauern, um die Behörden
telefonisch zur Kooperation zu überreden«, gab er zu bedenken.
»Da hast du recht, mein Bruder«,
stimmte Michael zu. »Darum habe ich mit Milton eine Entscheidung getroffen, die
die Dinge hoffentlich beschleunigen werden. Amy und ich werden morgen früh nach
Bangkok fliegen. Dort können wir
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