Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)
sich auch bei 40 Grad im Schatten immer bedeckt gehalten.
Alle hatten sich immer gewundert,
aber keiner hatte sich getraut, nach dem Grund zu fragen.
Er ließ ihren Arm wieder fallen
und erzählte den Rest der Geschichte, die er vor ein paar Stunden in seiner
Vision durch Nahla gesehen hatte.
»Da sie die Legende kannte und
sicher war, dass die Vila existierte, hat sie sich auf die Suche begeben.
Solange bis sie diese irgendwann beim Tanz in den Mangrovenwäldern überraschte.
Varunee Tongproh hat sich nur aus einem einzigen Grund mit der Vila verbündet.
Sie wollte durch sie auch unsterblich werden. Einmal im Monat trank sie ihr
Blut. Begann sich so auch langsam zu verändern. Und sie studierte sehr
aufmerksam die Verführungskünste der Vila, um von ihr zu lernen. Und als sie
soweit war, hat sie mit der Vila einen Pakt geschlossen. Denn Varunee wurde von
ihrem eigenen Ehemann am 03.10.2012 geschlagen. Anschließend hat er im
Alkoholrausch ihren frischgeborenen Sohn gegen die Wand geschlagen. Dieser ist
kurz danach gestorben. Doch anstatt die Polizei zu rufen, hat sie beschlossen
Selbstjustiz auszuüben. Voller Hass hat sie den auf der Kommode liegenden
Kris-Dolch ergriffen und so lange auf ihren betrunkenen Ehemann eingestochen,
bis er auch tot war. Nachdem sie die Leichen bei Nacht und Nebel begraben und
das Haus vom Blut gesäubert hatte, ist sie dem Wahnsinn verfallen.«
Als Sébastien schwieg, waren alle
sprachlos. Nur Varunee hatte mit unbewegtem, emotionsloser Miene zugehört. Doch
das nervöse Zucken ihrer Pupillen verriet Milton, dass Sébastien die Wahrheit -
ihre Wahrheit - richtig erkannt hatte.
Schockiert über das, was auf
ihrer geliebten Insel passiert war, schluchzte Malee auf. Tröstend nahm
Sébastien sie in die Arme und wiegte sie sanft an seiner Brust.
»Warum hat sie danach all die
anderen getötet? Ich verstehe es nicht. Genügt es nicht wenn man selber leidet?
Die anderen Familien konnten doch nichts dafür, was ihr Mann ihr angetan hat.«
Weinend klammerte Malee sich an seine Schultern.
Zögernd versuchte Sébastien es
ihr zu erklären.
»Ihr Hass auf alle Männer und
Mütter mit Neugeborenen war immer am sechsten eines Monats am stärksten. Der
Freitag, an
dem ihr eigenes Kind sterben
musste. Dann ist sie losgezogen und hat die Männer bestraft, an Stelle ihres
eigenen Ehemannes. So war es doch, Varunee, oder?«
Ihr hasserfülltes Nicken ließ
alle zusammenzucken.
»Was, um Himmels Willen, haben
Sie mit all den armen Babys gemacht?«, fragte Malee erstickt.
»Ich habe sie der Vila übergeben.
Ich tötete zuerst alle Männer, die es nicht wert waren, Vater zu werden. Im
Gegenzug brachte ich ihr die Babys. Das war unser Pakt.«
Alle Augen starrten auf die Vila,
die sich bis jetzt schweigend verhalten hatte.
»Was haben Sie mit den Babys
gemacht?« Ausdruckslos begegnete sie Malees tränenersticktem Blick. Dann zuckte
sie ungerührt die Schultern und aus ihren silbrigen Augen sprangen Funken.
»Sie haben in den Tiefen des
Meeres nicht überlebt. Soviel ich mich auch anstrengte, sie wollten unter Wasser
einfach nicht atmen. Immer wieder habe ich es versucht. Doch irgendwann wird es
ein Baby schaffen. Dann gehört es mir, für immer – mein Kind, das ich nie in den
Armen halten konnte, weil man mich ermordet hat.«
»Sie sind nicht ermordet worden«,
stieß Jai aufgebracht hinter ihnen vor. »Das einlaufende Schiff hat Sie in dem
dunklen Meer nicht gesehen. Es war ein einfach ein schreckliches Unglück.«
»Oh mein Gott«, flüsterte Malee
erschüttert und auch Calda überkam ein Frösteln. Alle Arten des Bösen waren
immer schwer nachzuvollziehen. Keiner wusste, was in ihren kranken Köpfen
fehlgesteuert war, das sie sich zu den bösen Taten verleiten ließen. Aber wenn
es um Kinder, oder wie in diesem Fall um neugeborene, winzige Babys ging, blieb
man einfach sprachlos und entsetzt zurück.
Milton sah Jai an. »Was machen
wie jetzt mit ihnen?«
»Eine Vila kann man nur für immer
töten und ihren Bann brechen, wenn man sie der Sonne und der Luft aussetzt. Ohne
das für sie lebenswichtige Meerwasser trocknen sie innerhalb eine halben Stunde
aus und verglühen zu Staub. Ich werde das liebend gerne übernehmen«, erwiderte
er mit harter Stimme und ergriff ihren Arm.
Ihre silbernen, leblosen und
toten Augen versuchten ihn zu hypnotisieren und sie versuchte sich mit
bemerkenswerter Kraft aus seinen Armen zu befreien. Jai sah
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