Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
zusammenbricht und stirbt,
dann sollte der
Reiter absteigen«, grummelte er und sah sie an.
Wie alle Alten liebte auch er es in indianischen
Weisheiten zu
sprechen. »Genau so geht es meinem Bein.
Aber es lässt mich nicht absteigen. Es stirbt langsam
vor sich hin
aber ich bleibe auf ihm sitzen. Was raten sie mir also, kleine
Ärztin ?«
Er guckte sie aus trüben und altersschwachen Augen an.
»Nun alter Häuptling«, sagte Amy lächelnd, »ich rate
ihnen es mit
stoischer Weisheit zu ertragen .« Er
nickte, grummelte
wieder etwas vor sich hin und schlurfte dann winkend und
humpelnd zurück in
seine Hütte.
Dann kamen sie an einem Haus vorbei aus dem beißender
heißer,
hellblauer Qualm aufstieg. »Was um alles in der Welt ist das«,
fragt Rachel
überrascht. Amy lachte. »Kommt mit rein. Ich zeig es euch. Darf
ich vorstellen.
Das ist das Backhaus, in dem das indianische Piki Brot
hergestellt wird .«
Sie betraten den kleinen, weißgetünchten Raum. Eine
Hitzewelle wie in
einer Sauna schlug ihnen entgegen. Es dauerte eine Weile, bis
sie durch die
Rauchschwaden hindurch eine untersetzte und stämmige Indianerin
sahen. Diese
begrüßte die drei Mädchen und unterdrückte ein Lachen. Sie
wusste, dass nur die
wenigsten Menschen es sehr lange hier in ihrem Backhaus
aushielten. Die Hitze
schaffte beinahe jeden.
»Hallo Amy. Wen hast du denn da mitgebracht? Möchtest
du, dass sie uns
beim Backen zusehen ?« Amy nickte. »Ja
gerne. Das sind
meine beiden Freundinnen Rachel und Emily. Mädels, das hier ist
die berühmte
Noemi Nuvangyaoma.
Sie backt das beste Piki Brot auf der ganzen Welt .« Noemi lachte verzückt über Amys Lob auf. Na dann folgt mir mal,
Kinder. Setzt
euch zu mir. Mal sehen, wie lange ihr es hier bei mir drinnen
aushaltet.
Dann begann sie zu erzählen. Piki Brot ist noch zarter
als
Seidenpapier. Es sind hauchdünne Fladen und sie sind die
Hauptnahrungsquelle
für alle Indianer.
Ihr kennt wahrscheinlich nur den gelben Mais, oder? Für
unseren
Brotteig verwenden wir jedoch den blau gezüchteten Mais .« Bei den Worten drehte sie sich um und begann die Zutaten in
einer großen
Schüssel zu vermischen. »Zuerst nehmen wir das blaue Maismehl
und dann fügen
wir die Jupiter Ashes dazu .« Sie
kicherte, als sie die
fragenden Gesichter von Rachel und Emily wahrnahm. Da Amy ihr
schon des Öfteren
beim Backen geholfen hatte, war sie mit dem Rezept schon
vertraut.
»Das ist die Asche von verbrannten Wacholderzweigen.
Das bringt die
unverkennbare Würze in den Teig. All das wird mit Wasser
vermengt, bis der Teig
die gewünschte Konsistenz hat. So wie jetzt.« Zufrieden beugte
sie sich zum
Ofen, um nochmal Holzscheite nachzulegen. »Es ist ganz wichtig,
dass man für
das Heizen nur Cotton Wood, also die Holzscheite der hiesigen
Pappelart nimmt.
Sonst stimmt das Aroma hinterher nicht. So, fertig.
Jetzt prüfen wir
nur noch, ob der Backstein schon heiß genug ist .«
Rachel war sich sicher, dass er mehr als nur heiß sein
musste, denn
ihr quoll schon jetzt der Schweiß aus jeder einzigen Pore ihres
Körpers. Amy
lachte ihr zu, auch ihr standen die Schweißperlen auf der Stirn.
»Wollen wir gehen ?«
»Oh nein, bitte nicht«, rief Emily, »jetzt sind wir
sowieso schon
nassgeschwitzt. Nun können wir doch noch bleiben und das fertige
Brot
probieren, oder ?«
»Gut Kindchen. Dann schau genau zu. Ich fange jetzt an .« Geschickt trug Naomi den Teig auf den
Backstein auf und
strich ihn mit den bloßen Händen glatt.
Nach einigen Minuten Wartens begann sich der Teig vom
Stein zu lösen.
Vorsichtig nahm sie die Enden und begann den Fladen zu einer
hauchdünnen Rolle,
fast wie ein Päckchen gleich, zu formen. Dann brach sie es in
drei Teile durch
und gab es den Mädchen zum probieren. Es sah nicht nur göttlich
aus, es
schmeckte auch so. Amy bedankte sich bei Naomi für die
Vorstellung.
»Da nicht für, Kindchen. Kommt ruhig mal wieder. Danke
für euren
Besuch, Amy .«
Sie verließen das Backhaus und atmeten alle drei tief
durch als sie
ins Freie kamen. »Mann«, sagte Rachel, »ich glaube da drinnen
waren es noch ein
paar Grad wärmer als in der Sauna, oder? Aber das Brot ist
wirklich wahnsinnig
lecker. Jetzt brauche ich nur etwas, um mich wieder abzukühlen .«
Sie fächerte sich mit ihrem T-Shirt Luft zu.
Amy lachte
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