Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
eng mit Mahu zusammen, die
sie immer mehr
in die traditionellen, schamanischen Rezepte der indianischen
Medizin
einführte. Die nicht müde wurde ihr zu erklären, welche Öle,
Rinden, Blätter
oder Kräuter zu welcher Linderung beitrugen.
Die Nachmittage verbrachte sie in der ambulanten
Station um den
kranken Menschen zu helfen,die
aus dem Reservat
kamen. Viele hatten kein Geld für die Bezahlung und brachten
stattdessen Essen
oder kleine, handgearbeitete Geschenken mit.
Viele von ihnen hatte Amy jetzt schon des Öfteren
geholfen und wenn
diese Patienten sie nach ihrer Behandlung dankbar anlächelten,
dann war das für
Amy das schönste Dankeschön. Denn gerade bei dem Anblick der
alten Menschen
fühlte Amy eine tiefe Demut und Ehrfurcht.
So viele Jahre harten Lebens lagen hinter den meisten.
Ohne richtigen
Beruf und manchmal nicht einmal genug Geld fürs Essen. Aber
niemals kam ein
Laut der Klage über ihre Lippen. Stolz und aufrecht wie die
riesigen
Mammutbäume des Landes hatten sie sich ihre Ehre bewahrt.
Mit jedem Tag schenkten sie Amy ein bisschen mehr
Vertrauen und
erzählten ihr von den alten, zum Teil geheimen Legenden der
verschiedenen
Indianer Stämme. Die alten Frauen nahmen sie nach der Behandlung
zur Seite und
weihten sie langsam in die Traditionen ihrer Urahnen ein. Sie
machten sie auch
an jeden Tag auf neue mit ihren indianischen Weisheiten und
Sprichwörtern
bekannt. Die alle immer einen reinen und klaren Sinn hatten.
Eine alte
indianische Weisheit besagte:
„Du musst die Dinge mit den Augen in deinem Herzen
ansehen, nicht mit
den Augen in deinen Kopf“.
Arm im Leben aber reich im Herzen, leise und zufrieden
seufzte sie
auf. Liebevoll blickte sie in den Garten in dem die ambulanten
Patienten schon
auf die Nachmittagssprechstunde warteten. Lachend und schwatzten
saßen sie
unter den Bäumen, auf den Bänken und Stühlen und warteten
geduldig bis sie an
der Reihe waren. Bei diesem friedlichen Anblick durchströmte Amy
eine tiefe
Dankbarkeit.
Ja, sie hatte ihre Berufung gefunden. Sie lag hier in
diesem Reservat,
im Hope–Center und bei diesen besonderen Menschen. Mahu erschien
auf der
Veranda.
»Amy, heute Nachmittag übernehme ich mit Kiara die
Nachmittagsvisite
im Krankenhaus. Am letzten Freitag im Monat geht Michael immer
Hausbesuche im
Reservat machen. Viele haben einfach nicht die Zeit oder die
Kraft, um zu uns
ins Center zu kommen.
Ich finde es eine gute Idee wenn du ihn begleitest. So
kannst du ihm
assistieren und lernst gleichzeitig die Menschen und das Dorf
noch näher kennen .«
In diesem Moment kam Michael um die Ecke.
Er hatte seine Arzttasche dabei und sein Stethoskop um
den Hals.
Ansonsten ließ nichts darauf schließen, dass er ein
seriöser Arzt war.
Er hatte seinen weißen Kittel abgelegt und trug nun eine
verwaschene Jeans, mit
einem karierten weißblauen Hemd, das er wie immer locker über
der Hose trug und
beigen Cowboystiefel. Amy zuckte leicht mit den Schultern und
blickte ihn
schräg von der Seite an. Sie bezweifelte stark, dass Michael es
gut finden
würde wenn sie ihn begleitete.
»Wenn sie mitfahren möchten«, schlug er ihr belustigt
vor, »dann wäre
es schön wenn sie die Krankenakten von der Rezeption mitnehmen
können .«
Überrascht warf sie ihm einen Blick zu, doch er hatte
sich schon
umgedreht und begab sich ohne ein weiteres Wort zum Parkplatz.
Dann stiegen sie gemeinsam in seinen Jeep und Michael
lenkte den Wagen
auf die kleine Hauptstraße.
Langsam fuhren sie auf dem schmalen Weg der zum
Reservat führte.
Manche erkannten sie und winkten ihnen erfreut zu. Amy schaute
aus dem Fenster
und betrachtete die teilweise alten und renovierungsbedürftigen
Häuser.
Kleine Kinder spielten auf den wackeligen Holzterrassen
vor den
Hütten.
Sie warfen runde, kleine Kieselsteine auf die staubige
Erde, Geld für
Glasmurmeln oder anderes Spielzeug besaßen ihre Eltern nicht.
Auf wackeligen
Holzgerüsten standen große, verrostete Wassertanks.
Im Vorbeifahren sah sie aus den Augenwinkeln das
spärliche Mobiliar in
den Hütten. Viele besaßen nicht einmal ein Bett. Sie schliefen
auf dünnen
Matratzen auf dem Boden. Trotzdem wirkten gerade die Kinder hier
glücklich und
zufrieden. Für sie war dieses Leben das einzige Leben welches
sie kannten und
hatten. Amy war tief
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