Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
stiegensie in
den Wagen und fuhren den kurzen Weg durch das Reservat zurück
zur Klinik.
Entspannt lagen seine feingliedrigen Hände auf dem
Lenkrad.
»Sie können mit Kindern sehr gut umgehen, sie fassen
sofort Vertrauen
zu ihnen«, sagte er und betrachtete sie dabei von der Seite.
Sein Ton war seit
ihrem Kennenlernen zum ersten Mal fast freundschaftlich
geworden. Amy war jetzt
komplett verwirrt über seine plötzliche Gefühlsschwankung.
»Ja, ich versuche mich in sie hinein zu versetzten.
Kinder besitzen
für mich die reinste und vollkommenste Seele auf der Erde. Sie
sind es wert sie
immer zu beschützen und zu verstehen .«
»Das freut mich, dass sie so denken«, erwiderte er mit
leiser Stimme.
»Das ist also die erste Gemeinsamkeit zwischen uns
beiden .«
Er
lächelte sie leicht an und für den Hauch einer Ewigkeit verlor
sich sein Blick
in ihren smaragdgrünen Augen. Tief durchatmend versuchte er sich
wieder auf die
Straße zu konzentrieren. Im einvernehmlichen Schweigen fuhren
sie weiter, bis
sie am Hope–Center ankamen.
Nachdem sie sich verabschiedet hatten, stieg Amy in ihr
eigenes Auto
und fuhr langsam vom Parkplatz.
Sie verspürte in keinster Weise Lust, jetzt schon nach
Hause zu
fahren. Rachel und Emily hatte Nachtschicht im Medical Center,
also wäre sie
doch nur alleine.
Spontan wendete sie den Wagen und nahm die Abfahrt auf
die alte Route
66.
Nach sechsundzwanzig Meilen bog sie auf die Lake Mary
Road ab und
erreichte kurze Zeit später die Mormon Road Lake West Side. Sie
parkte unter
den schattenspendenden Kronen der Kiefernbäume und ging dann
langsam den
schmalen Weg zum Ufer hinunter.
Schon oft war sie nach Feierabend hier heraus gefahren.
Nur hier, in der vollkommenden Abgeschiedenheit der
Natur, inmitten
des Zwitscherns der Vögel und dem langsamen dahinplätschern des
Sees konnte sie
die Angestrengtheit eines langen Arbeitstages vergessen.
Hier fand ihre Seele wieder Luft zu atmen. Schon
häufiger hatte Emily
sie gefragt wo sie abends immer war. Aber Amy behielt ihr
Geheimnis für sich.
Auf einen ihrer Ausflüge hatte sie diese grandiose und
einmalige
Landschaft entdeckt. Zum Glück war sie damals alleine unterwegs
gewesen.
Der Mormon Lake lag nur wenige Kilometer von ihrem Haus
entfernt. Er
war mit seiner fast rundlichen Form einer der größten
natürlichen Seen in
Arizona. Wenn er nicht gerade ausgetrocknet war, erreichte er
einen Wasserstand
von drei Metern und die sich darin tummelnden Bullhead Catfische
waren ein
beliebtes Ziel von Anglern. Heute aber hatte sie Glück und war
ganz alleine
hier. Der See war umgeben von den riesigen, mammutartigen
Ponderosa Pinien.
Nichts störte diese Idylle. Es war wundersam und fast magisch
still an diesem
Ort. Doch plötzlich stutzte Amy denn sie fühlte sich beobachtet.
Als sie sich langsam umdrehte musste sie lauthals
auflachen. Eine
Herde von etwa zehn Elchen blickten sie mit ihren großen,
braunen und kugelrunden
Augen äußerst vorwurfvoll an, denn Amy hatte sie beim Grasen
gestört.
Nach einiger Zeit beschlossen sie, dass von ihr wohl
doch keine
drohende Gefahr ausging und beugten sich wieder einträchtig zu
dem grünen,
saftigen Gras runter. Sie begann still an ihnen vorbei zu gehen
und musste
immer noch lachen.
Zu dieser Jahreszeit waren die großen Herden von Elchen
die sich am
Seeufer ansammelten, überhaupt kein Problem für den Menschen.
Nur im September, wenn die Brunstzeit begann, musste
man ihnen aus dem
Weg gehen und sehr vorsichtig sein.
Langsam schlenderte sie am Seeufer entlang und setzte
sich auf einen
Felsen, auf dem noch immer die letzten Sonnenstrahlen tanzten.
Verträumt blickte sie dem fließenden Lauf des Wassers
nach.
Wie oft hatte sie hier schon gesessen und sich über
Michaels schroffes
Verhalten geärgert. So oft war sie voller Groll und Zorn auf ihn
und verstand
es nicht, warum er sie überwiegend so abweisend behandelte. Aber
heute hatten
sie zum ersten Mal fast freundschaftlich Hand in Hand zusammen
gearbeitet.
Ohne eine Zankerei oder ein nervenaufreibendes
Wortgefecht.
Gedankenverloren strich sie sich die langen
Haarsträhnen aus dem
Gesicht. Sie konnte ihre Gefühle für ihn immer noch nicht
richtig einschätzen.
Teilweise fühlte sie sich mit einer unendlichen Macht in ihren
Visionen aber
auch in ihrer gemeinsamen
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