Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
etwas nicht stimmte.
»Was ist passiert,
Vater«, fragte Michael alarmiert.
»Amy…«, sagte
Milton mit ernster Miene, »sie ist in eine Trance gefallen.
Michael starrte
ihn an und fühlte wie sein Herzschlag aussetzte. Angstvoll schob
er seinen Vater zur Seite aber dieser hielt ihn am Arm fest.
»Michael. Sei
vorsichtig. Du darfst auf keinen Fall hektisch oder nervös sein.
Du weißt, dass du sie in diesem Zustand auf keinen Fall
ansprechen darfst. Sie muss von alleine wieder aufwachen.«
Er nickte ihm
schweren Herzens zu und ging leise auf sie zu. Amy saß
bewegungslos, in stocksteifer Haltung und mit angewinkelten
Knien auf dem Sofa. Ihre smaragdgrünen Augen waren weit
aufgerissen, ihr Blick war verschleiert. Michael kniete sich vor
sie und nahm vorsichtig ihre Hand in seine. Sie war eiskalt.
Mahu stand auf der anderen Seite und leise flüsternd erklärte
sie: »Kurz nachdem du raus gegangen bist, hat es angefangen.
Vorher hat sie mir noch freudestrahlend von euren Tagen am Lake
Elaine erzählt. Dann ging ganz plötzlich ein Zucken durch ihren
Körper, sie versteifte sich und war nicht mehr ansprechbar. Es
ist, als ob sie etwas sieht. Aber so sehr ich mich auch
anstrenge, ich kann nicht in ihre Visionen eindringen. Sie
bleiben mir verborgen.«
Michael hatte
wortlos zugehört und dabei besorgt Amys Gesicht beobachtet.
Sie schien immer
mehr zu frieren, was das leichte Zittern ihrer Lippen verriet.
Aber so sehr er ihr auch helfen wollte, er wusste das ein Mensch
der in Trance war, von alleine wieder aufwachen musste. Stumm
setzten sich alle hin und warteten angespannt.
Nach etwa zehn
Minuten, die Michael wie eine Ewigkeit vorkamen, ging ein
leichtes Zucken durch Amys Körper und ihre nach innen gekehrten
Pupillen bekamen langsam wieder einen normalen Ausdruck. Kurz
darauf öffnete sie die Augen und hielt sich stöhnend den Kopf.
»Amy, wie geht es
dir?«
Michael nahm
zärtlich ihr Gesicht in seine Hände und musterte sie besorgt.
»Meine Tochter,
was hast du gesehen?«, fragte Mahu sanft. »Kannst du dich daran
erinnern?«
»Ja…« Amy öffnete
die Augen und blickt angstvoll zu Michael.
»Ich habe einen
Ort gesehen, der komplett von Eis bedeckt war. Je näher ich
diesem Ort in meinen Gedanken kam, umso kälter wurde es und ich
bekam entsetzliche Kopfschmerzen.« Bei diesen Worten begann sie
wieder zu zittern. Michael stand daraufhin wortlos auf und zog
sie auf seinen Schoss. Fürsorglich hüllte sie mit seiner Jacke
ein und strich ihr beruhigend übers Haar.
»Ich konnte das
Salz in der Luft riechen«, berichtete Amy leise weiter.
»Kurz danach hörte
ich unzählige Stimmen die alle sehr hohe und schreiende Töne von
sich gaben. Je näher ich kam, desto lauter schrien sie mir zu
und umso schlimmer dröhnte es in meinem Kopf. Ich stand ich
barfuß in dieser Eiswelt…«, sie stockte kurz, »und dann sah ich
eine Gestalt auf mich zukommen. Ein Mann… seine Augen haben mich
hypnotisiert… ich konnte mich nicht mehr bewegen, bis er vor mir
stand und mich ansprach.«
Michael
streichelte beruhigend ihren Arm und fragte so ruhig wie
möglich: »Was hat er zu dir gesagt, kannst du dich
erinnern?«
»Ja«, erwiderte
Amy und ihre Augen nahmen dabei wieder einen glasigen Ausdruck
an.
»Er sagte: In
unserer Welt gilt das Blut eines Menschen als der Sitz der
Seele. Wer das Blut verzerrt, der raubt den ursprünglichen
Besitzer die Seele und ersetzt sie durch Eis. Bald wirst auch du
zu uns gehören. Du und die Seelen aller Menschen. Denn ich bin
der einzige und wahre Gott…“
Amy richtete sich
in Michaels Armen etwas auf, bevor sie weitersprach.
»Ich habe diese
Gestalt noch nie zuvor in meinen Leben gesehen. Aber neben ihn
stand ein anderer Mann und dieser sah genauso aus wie auf dem
Foto, das oben auf Suletus Schreibtisch steht.«
Man konnte eine
Stecknadel auf den Boden fallen hören. Es war totenstill im Raum
und alle Augenpaare starrten entsetzt auf Amy. Michael
hatte sich bei ihren letzten Worten unmerklich versteift und
blickte entsetzt seinen Vater an.
»Ich bin so
unsagbar müde«, murmelt Amy in diesem Moment. »Gut, dann lasst
uns für heute Abend aufhören«, sagte Milton und erhob sich.
»Michael, bring
sie ins Bett und bleibe bei ihr. Die Trance wird ihr sehr
zugesetzt haben. Ich werde mich mit den Dogianern in Verbindung
setzten und berichten,
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