Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
engster Freund. Das Schlimme
ist, das seine Eltern trotz des Desasters versucht haben, meinem
Vater zu helfen. Sie haben ihm Geld geliehen, damit er damit
seine größten Schulden abzahlen kann, um wenigstens sein Haus zu
retten.«
»Wow. Das finde
ich aber sehr nobel, nach allem was mit ihrem Sohn passiert
ist«, murmelte Rachel.
»Hoffentlich weiß
Thomas das zu schätzen.«
Amy sah die
Freundin traurig an.
»Ja er wusste es
zu schätzen - auf seine Art. Statt die Hypothek auf das Haus
abzubezahlen, hat er das Geld ins nächste Spielcasino getragen
und erneut alles verloren.«
Sie sah Amy
entgeistert an.
»Wie kann man nur
so blöd sein«, fragte sie fassungslos.
Sie erinnerte sich
noch sehr gut daran, wie Amy ihr damals voller Stolz ihren Vater
vorgestellt hatte. Ein gestandener, sehr selbstbewusst wirkender
und verdammt gut aussehender Mittfünfziger. Rachel hatte sich in
den 7 Tagen, die er bei ihnen wohnte, fast ein bisschen in ihn
verguckt. Gottseidank war Amy das verborgen geblieben.
»Ich weiß auch
nicht, was ihn so verändert hat und trotzdem habe ich ihn noch
von ganzem Herzen lieb«, erwiderte Amy und zuckte hilflos mit
den Schultern. Rachel betrachtete sie und streichelte dann
tröstend ihre Hand.
»Mach dich nicht
verrückt Amy. Dein Vater ist ein erwachsener Mann und ganz
alleine für sein Handeln verantwortlich. Irgendwann wird er
schon wieder zur Vernunft kommen, da bin ich mir sicher. Sieh
dir nur Rebecca an. Selbst sie hat es geschafft und ist fast
halbwegs normal geworden, seitdem sie andauernd mit diesem Ben
abhängt. Weißt du eigentlich ob sie die Pille nimmt? Oder muss
ich ihr erst noch die Geschichte von den Blumen und den Bienen
erzählen«, fragte sie kichernd.
»Sei nicht so
gehässig«, schalt Amy sie sanft.
»Sie hängen nicht
ab, wie du das so burschikos nennst. Er tröstet sie und gibt ihr
Halt. Sie reden sehr viel miteinander. Dadurch fängt sie jetzt
ganz langsam an, sich zu erholen und das grausame Erlebnis zu
vergessen. Ich glaube nicht, dass sie im Moment an Liebe denken.
Sie tun sich einfach nur gegenseitig gut. Und sollte sich mehr
daraus entwickeln, dann werden sie schon die nötige Vorsorge
treffen, da bin ich mir sicher. Zumal Ben aus einer Arztfamilie
stammt.«
Rachel sah sie
gutmütig an.
»Mann, du siehst
wirklich in allem immer nur das positive.«
»Ja außer bei dir,
da gebe selbst ich mich geschlagen«, lachte sie und fühlte sich
ein kleines bisschen fröhlicher. Es war einfach unmöglich in
Rachels Gegenwart lange traurig zu sein.
»He, hörst du mir
noch zu?«, fragte sie. Aber Rachel hatte sich schon umgedreht um
erneut Blickkontakt mit Paul aufzunehmen, der am Tresen stand.
»Mannstolles
Weib«, murmelte Amy grinsend.
Rachel kicherte
und drehte sich wieder um.
»Stimmt, bin ich.
Und ich glaube er hat angebissen. Macht es dir viel, aus alleine
nach Hause zu fahren? Ich glaube, ich werde heute Nacht nicht in
meinem eigenen Bett schlafen«, flüsterte sie verrucht.
Amy zog die Stirn
in Falten und seufzte ergeben auf.
»Okay, aber dafür
zahlst du die Pizza.«
»Logo, ist
gebongt«, schnurrte Rachel, »ich glaube ich werde die Rechnung
in Natura begleichen.«
Amy rollte mit den
Augen und stand auf.
****
Vor der Tür
knöpfte sie ihre lindgrüne Tweedjacke zu und schob den Kragen
hoch. Der Wind war aufgefrischt und spielte mit den Blättern in
der Luft.
Tief schob sie
ihre Hände in die Jackentaschen, überquerte die beleuchtete
Straße und ging auf den Parkeingang zu. Sie warf einen Blick auf
ihre Armbanduhr: zehn nach neun. Vielleicht hatte Michael auch
schon Dienstschluss und kam sie noch besuchen. Bei dem Gedanken
an ihn lächelte sie versonnen. Immer noch zutiefst überwältigt
wie viel Liebe sie für diesen überirdischen und geheimnisvollen
Mann empfand. Langsam ging sie weiter und atmete tief den Geruch
von frischgemähtem Gras ein.
Als sie auf halber
Höhe des kleinen Abhangs war, wurde der Wind heftiger. Die
Fächerwedel der großen Palmen bewegten sich mit flappenden
Bewegungen auf und ab, als schienen sie den Flügelschlag der
Wildvögel imitieren zu wollen, die jetzt aufgeregt durch die
Luft flogen. Erst jetzt bemerkte Amy, dass die Parkanlage nur
ganz spärlich beleuchtet war. Irgendjemand hatte scheinbar die
halbhohen Laternenlampen im Rasen zertrümmert. Gedankenverloren
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