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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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du mich in Melbourne nicht dabeihaben willst, damit ich dir beim Auslaufen zuwinken kann?«
    »Das ist kein großartiger Aufbruch … nicht wie bei dem Konvoi, der Albany verlassen hat. Die
Port
, wie wir sie nennen, wird ohne Fanfarenstöße in Port Phillip Bay einfach aus dem Hafen tuckern. Ich würde dich lieber hier im Gedächtnis behalten, in diesem behaglichen Zimmer, wo es nach Kuchen und Tee duftet. Nicht, wie du irgendwo im Wind auf einem verregneten Kai herumstehst.«
    »Die armen Pferde … ich hoffe, sie werden die Überfahrt überleben«, sagte Olivia abwesend.
    Sie hielten einander innig umarmt. »Jetzt schaue ich noch bei Gilbert und Mollie vorbei und dann mache ich mich auf den Weg. Bleib hier. Ich hab dich lieb, Mammi.«
    Schweigend verließ er das Zimmer, drehte sich noch einmal um und warf ihr eine Kußhand zu, dann schloß er leise die Tür hinter sich.
     
    Tyndall schrieb an Olivia, daß er in Broome bleiben wolle, obwohl viele der Perlenlogger ihre Arbeit eingestellt hatten. Von den Aru-Inseln weiter im Norden kamen etliche Glücksritter nach Broome, die sich um zurückgegebene Lizenzen bewarben, um ihre eigenen Flotten aufzubauen. Diese Männer hatten bisher mit billigen Arbeitskräften vor den Inseln gefischt, die gerade außerhalb der Dreimeilenzone lagen, und waren in Broome nicht gern gesehen. Tyndall wollte nicht ohne weiteres aufgeben, was er sich aufgebaut hatte, doch räumte er in seinem Brief an Olivia ein, daß es schlecht um die Geschäfte stand und es wegen des Kriegs schwierig wäre, die Flotte in Schuß zu halten.
    Der Perlmuttmarkt siechte seinem Untergang entgegen, die Käufer aus Wien und Paris kündigten ihre Verträge auf. Broome war zur Geisterstadt geworden. Manche Perlenfischer hatten Bankrott gemacht, manche waren zu neuen Abenteuern nach Übersee oder in den Süden aufgebrochen und boten ihrer plötzlichen Armut tapfer die Stirn. Andere, die knapp vor dem Ruin standen, verkauften ihre Schiffe, bezahlten, so gut es ging, die Mannschaften aus und saßen schließlich untätig auf der Veranda.
    Wie auch die meisten anderen Perlenunternehmer verfolgte Tyndall beunruhigt, wie die japanischen Mannschaften die Perlenfischerei immer stärker unter ihre Kontrolle brachten. Ein mächtiger Clan japanischer Schiffseigner und Kaufleute übernahm die Rolle von Bankiers für die japanischen Taucher und Mannschaften, die ihr Geld beim Spiel, durch den Verkauf gestohlener Perlen oder andere Betrügereien verdienten. Offiziell durften Japaner keine Perlenlogger besitzen, deshalb suchten sie sich für die von ihnen beherrschten Unternehmen weiße Strohmänner. Dieser Betrug blühte an allen Ecken, und obwohl jeder davon wußte, wurde nichts dagegen unternommen.
    Man war der Meinung, es wäre ›zu schwierig‹, den wachsenden Einfluß der Japaner auf die Perlenfischerei zu unterbinden. Die Japaner bauten ihre Machtstellung noch weiter aus, indem sie sich weigerten, Taucher anderer Rassen auszubilden.
    Tyndall versuchte, die weißen Perlenunternehmer zu einer Kooperative zusammenzuschließen, doch sein Plan fand keinen Anklang. Die Perlenfischerei hatte immer Männer mit starkem Unabhängigkeitsdrang angezogen, die zwar gesellige Naturen waren, sich aber nicht gern in die Karten gucken lassen wollten, wenn's ums Geschäft ging.
    Die einzige Gemeinsamkeit zwischen den Perlenbaronen war im Moment das Entsetzen über die vielen lähmungsbedingten Todesfälle, zu denen es gekommen war, seit motorbetriebene Kompressoren die Handpumpen mehr und mehr verdrängten. Zwar konnten die Taucher damit in größere Tiefen vorstoßen, doch damit erhöhte sich auch ihr Risiko. Die Taucher haßten die Wartezeiten, die sie beim schrittweisen Aufstieg einhalten mußten. So manches Leben wurde durch die stählerne Dekompressionskammer gerettet, die dem Krankenhaus von Broome von Heinke und Co. gestiftet worden war, der neben dem Londoner Unternehmen Seibe Gorman bedeutendsten Herstellerfirma für Taucheranzüge.
    Tyndall beschloß, einen anderen Weg einzuschlagen. Er hockte in seinem Büro und brütete über einem Block, knüllte immer wieder eine Seite zusammen und schleuderte die Papierkugel treffsicher durch das Zimmer in den Papierkorb. Er wünschte, Olivia wäre da, um ihm zu helfen, doch schließlich war er mit seinem Werk zufrieden. In einem offenen Brief unterbreitete er allen Perlenunternehmern von Broome den Vorschlag, die Perlenzucht als weiteren Geschäftszweig einzuführen. Er berichtete von

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