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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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seinem Besuch bei Mikimoto und seiner Hoffnung, daß Zuchtperlen den dahinschwindenden Handel mit Perlmutt ersetzen könnten. Er erklärte, Zuchtperlen würden Naturperlen nicht entwerten, sondern ihren Wert sogar steigern. Er schilderte, welche hohen Maßstäbe Mikimoto bei seinen Zuchtperlen anlegte, alle, die diesem Qualitätsstandard nicht entsprachen, wurden vernichtet. Er wies darauf hin, daß die Auster nach dem Einsetzen eines ›Kerns‹ die Zuchtperle auf dieselbe Weise produziere wie eine natürliche Perle. Perlmutt würde in Zukunft von der neuen Plastikindustrie bedroht werden. Wenn sie also einen mittleren Markt für weniger teure Perlen schüfen, könnten sie ihr Überleben als Perlenunternehmer sichern.
    Es war, als hätte ich eine Kanonenkugel abgeschossen, schrieb Tyndall an Olivia . Beim Verband der Perlenunternehmer, aber auch bei den Japanern hat sie voll eingeschlagen – Hilfe! Alle sind total dagegen und beschuldigen mich, die ganze Branche zu ruinieren. Es macht mir nichts aus, wenn mich der eine oder andere in der Logger-Bar attackiert, manche konnte ich schon fast überzeugen. Doch es gibt ein paar Leute, die behandeln mich wie Luft. Ich bin sicher, Du weißt, wer! Toby und Mabel sind die einzigen, die mich unterstützen. Ahmed verhält sich loyal, hat aber seine Zweifel, obwohl ich weiß, daß er immer zu mir halten wird, egal, was ich beschließe. Yoshi ist nach allem, was er von dem japanischen Unternehmen gesehen hat, begeistert. Mich wundert nur der Mangel an Interesse bei den Japanern. Yoshi erzählt mir, daß jede Diskussion darüber bei ihnen geradezu panische Angst auslöst. Und wo stehst Du, meine liebe Partnerin?
    Herzlich, Tyndall
     
    Lieber John,
    ich halte mich nicht für kompetent, Dir, was die Zuchtperlen betrifft, Ratschläge zu erteilen. Zuchtperlen, das klingt interessant, aber ich würde vorher gern ein paar Perlen sehen. Wäre der Aufbau einer solchen Perlenzucht teuer? Es ist alles noch etwas unausgereift, vielleicht steckt die Sache einfach noch in den Kinderschuhen. Setze den ›Kern‹ ein wie bei einer Zuchtperle und laß die Leute eine Weile nachdenken. Mit anderen Worten, warte den natürlichen Lauf der Dinge ab. Du neigst manchmal zu Ungestüm und zu überstürztem Handeln.
    Es tut mir leid, daß ich Dir keine positivere Antwort geben kann, aber ich habe dabei auch die finanzielle Lage unseres Unternehmens im Hinterkopf und werde sehr von dem Mädchenheim hier in Atem gehalten. Die Arbeit ist sehr lohnend. Anscheinend gibt es zur Zeit mehr Mädchen in Not, weil so viele junge Männer in den Krieg ziehen und gebrochene Herzen zurücklassen!
    Ich hoffe, es geht Dir gut. Viele Grüße an Ahmed und die Jungs.
    Olivia
    Tyndall faltete ihren Brief zusammen und legte ihn sorgfältig in die Schublade zu den anderen, die Olivia ihm geschrieben hatte. Zum Teufel aber auch, Olivia, dachte er. Ein höfliches, förmliches Schreiben wie immer, darunter ihre gestochen klare Unterschrift, ohne jeden Ausdruck von Gefühl. Es verletzte ihn auch, daß sie sich nicht so recht für seine Idee erwärmen mochte. Als Leiterin eines Heims für gefallene Mädchen konnte er sich Olivia einfach nicht vorstellen.
     
    Die Debatte über Tyndalls Pläne erhitzte die Gemüter in der Stadt immer heftiger. Der Verband der Perlenunternehmer berief ein Treffen ›für alle Betroffenen‹ ein.
    Der Speisesaal war brechend voll, alle Perlenunternehmer waren mit ihren Gattinnen erschienen, dazu die führenden Geschäftsleute der Stadt, in einer der hinteren Reihen saßen einflußreiche Mitglieder der japanischen Perlenbranche und japanische Geschäftsleute.
    Im Vorstand murrte man wegen der Anwesenheit der Japaner, doch nach einigen Unterredungen mit Mr. Takahashi, der mehrere Geschäfte in der Stadt besaß, einigte man sich auf folgendes: Man würde die Japaner warnen, daß ihnen gegenüber ein paar abschätzige Bemerkungen fallen könnten, und gestattete ihnen nur zu bleiben, falls sie keinen Anstoß daran nähmen.
    Mr. Takahashi verbeugte sich und sagte, er habe verstanden.
    Als sich alle gesetzt hatten, erhob sich der Vorsitzende des Verbands, Mr. Bernard, hinter dem kleinen Tisch, den man vorne im Raum aufgestellt hatte, umriß noch einmal Tyndalls Vorschlag und stellte das Thema zur Diskussion. Gleich sprangen mehrere Männer auf, und einer nach dem anderen verdammte den Plan in Grund und Boden.
    In Tyndall, der neben dem Vorsitzenden saß, staute sich langsam der Zorn, bis er sich nicht

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